Editorial 12 (2018), 23
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde von Medaon,
die Herbstausgabe 2018 stellt Beiträge zum deutungsbeladenen Datum des ‚9. November‘ und seinen vielfältigen realen und symbolischen Verknüpfungen mit der Geschichte von Jüdinnen und Juden im Rahmen des Schwerpunktes „Der ‚9. November‘ und die Juden“ vor. Wir bitten Sie darum, das verspätete Erscheinen der Ausgabe zu entschuldigen. Neue Forschungen und Publikationen anlässlich des 80. Jahrestages der Novemberpogrome von 1938 haben dazu geführt, sie haben aber zur inhaltlichen Bereicherung der Ausgabe beigetragen. So fragt Karolin Kosuch in ihrem Beitrag nach der Bedeutung radikal sozialistischer Ideen von Jüdinnen und Juden in der Revolution von 1918/19. Roman Töppel und Wolfgang Reinicke widmen sich verschiedenen Aspekten des 9. November 1923, dem Tag des gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsches. Im Mittelpunkt der Beiträge von Daniel Ristau und Christoph Kreutzmüller stehen die Novemberpogromen von 1938 und bislang wenig beachtete Quellen. Darüber hinaus wendet sich Alexander Friedman der Biografie Eduard Goldstückers zu. Er setzt sich speziell mit den antizionistischen und antisemiti¬schen Angriffen gegen Goldstücker im Zusammenhang mit dessen vehementen Unterstüt¬zung des Prager Frühlings vor 50 Jahren auseinander.
Nachdem die Digitalisierung im Fach Geschichte und speziell der jüdischen Geschichte in den letzten Ausgaben immer wieder Thema war – insbesondere sei hier auf die Schwerpunktausgabe Zwischen Versprechungen und Herausforderungen. Perspektiven auf das Verhältnis von Digitalisierung und jüdischer Geschichte (17/2015) verwiesen, hat sich die Redaktion von Medaon entschieden, die Reflexion über dieses relevante Thema zu verstetigen und dafür die Fachredaktion „Digitales“ gegründet. Wir begrüßen ganz herzlich die Redakteurinnen Anna Menny und Nina Zellerhoff und freuen uns sehr über ihr Engagement. Ziel ist es, Herausforderungen und Perspektiven der jüdischen Geschichte und Kultur in den Digital Humanities kritisch zu beleuchten und zugleich exemplarische Einblicke in neue Projekte und Forschungen zu geben. Beginnen möchten wir in dieser Ausgabe mit einem einführenden Text von Gerben Zaagsma über die Frage, inwiefern es überhaupt ergiebig ist, die Besonderheiten der Jüdischen Studien in den Digital Humanities zu diskutieren. Ein konkretes Beispiel für die Chancen, die sich aus digitalen Methoden ergeben können, ist das Footprints-Projekt, das in einem weiteren Beitrag vorgestellt wird. Für diese und alle weiteren Beiträge wünschen wir Ihnen eine anregende Lektüre.
Editorial
Artikel
Einleitung zum Schwerpunkt „Der ,9. November‘ und die Juden“ Daniel Ristau
Deutsche Juden in der Novemberrevolution von 1918/19: Der Traum von der Zeitenwende Carolin Kosuch
9. November 1923: Der Hitlerputsch, Mein Kampf und die Verschärfung von Hitlers Judenhass Roman Töppel
„Denn wenn es einmal zu spät ist …“ Der Hitler-Ludendorff-Putsch vom 8./9. November 1923 aus jüdische-bayerischer Perspektive Wolfgang Reinicke
Der 9. November 1938: Die Novemberpogrome in Sachsen im Spannungsfeld zwischen Geschichtsforschung, Gedenkkultur und persönlicher Erinnerung Daniel Ristau
Quellen
Bilder der Bedrohung. Fotos der Verfolgung von Juden Christoph Kreutzmüller
Rezension
Kurt Schilde: Frühe Novemberpogrome 1938 und das erste Opfer Robert Weinstein. (Gegen Verdrängen und Vergessen 12) Daniel Ristau
#DHJewish – Jewish Studies in the digital age Gerben Zaagsma
,Prager Frühling‘ (1968) als ,zionistische Verschwörung‘. Der Fall Eduard Goldstücker (1913–2000) Alexander Friedman
Bildung
„ReMembering – Jüdische Lebenserinnerungen“ – Ein partizipatives Projekt zur Stadtgeschichte Leipzigs Jane Wegewitz
#zusammendenken - ein Angebot des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment Romina Wiegemann und Jana Scheuring
Miszellen
Re-Lektüre – Kautsky, Light and Shadow: Reading Benedikt Kautsky in 2018 Noah Benninga
Footprint: Tracking Individual Copies of Printed books Using Digital Methods Michelle Chesner, Marjorie Lehman, Adam Shear, Joshua Teplitzky
Rezensionen
Jane Wegewitz/Tom Pürschel: Broder, Cerf & Löbl – Nachbarn auf Zeit. Neighbours for Some Time Eva Balz
Ethan B. Katz, Lisa Moses Leff, Maud S. Mandel (eds.): Colonialism and the Jews Noëmie Duhaut
Susanne Cohen-Weisz: Jewish Life in Austria and Germany since 1945 Melanie Eulitz
Julie Kalman: Orientalizing the Jew. Religion, Culture and Imperialism in Nineteenth Century Daniel Gerson
Tim Grady: A deadly Legacy. The German Jews and the Great War Christoph Jahr
Ruth Zeifert: Nicht ganz koscher. Vaterjuden in Deutschland Darja Klingenberg
Hannah Maischein: Augenzeugenschaft, Visualität, Politik. Polnische Erinnerungen an die deutsche Judenvernichtung Florian Peters
Sarah Imhoff: Masculinity and the Making of American Judais Markus Pyka
Madeleine Dreyfus: „Ein ziemlich jüdisches Leben“. Säkulare Identitäten im Spannungsfeld interreligiöser Beziehungen. Noëmi Sibold
Frank Schlöffel: Heinrich Loewe. Zionistische Netzwerke und Räume Albrecht Spranger
Bernd Fischer: Ein anderer Blick. Saul Aschers politische Schriften Werner Treß
Johann Nicolai: „Seid mutig und aufrecht!“. Das Ende des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens 1933–1938 Nancy Walther