MEDAON 5 (2011), 9

Titel der Ausgabe 
MEDAON 5 (2011), 9
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Erschienen
Erscheint 
zweimal jährlich
Preis
open access, Online-Zeitschrift

 

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Institution
MEDAON - Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung
Land
Deutschland
c/o
Redaktion MEDAON, HATiKVA e. V., Pulsnitzer Str. 10, 01099 Dresden, Tel. 0351/8020489,
Von
Ulbricht, Gunda

Editorial

In der aktuellen Ausgabe von MEDAON erweitert Anna Augustin (Potsdam) die hiesige wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Themenkomplex Nazi Looted Art um eine fallorientierte Analyse des Umgangs israelischer Museen mit entwendeten Kulturgütern. Alexandra Klei (Berlin) untersucht in ihrem Beitrag die Erinnerung an die jüdischen Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte. In den Fokus stellt sie die Beschreibung und Analyse der Denkmale, Inschriften, Fotografien und Texte als materiellen Trägern von Informationen. Ines Sonder (Potsdam) zeichnet die Rezeption von visionären Ansätzen, Schriften und Werken Bruno Tauts, eine der zentralen Persönlichkeiten der Architektur um 1920, durch Vertreter der ersten Generation zionistisch gesinnter Architekten nach. Diese, aktiv beteiligt am Aufbau einer neuen jüdischen Gesellschaft, berücksichtigten dabei in ganz unterschiedlicher Art und Weise die Tautsche Idee der „Stadtkrone“. Malte Gebert (Berlin) zeigt anhand der Rezeptionsgeschichte der Protokolle der Weisen von Zion, dem Schlüsseltext des modernen Antisemitismus, den Eingang eines Textes christlich-europäischer Provenienz in ein in der ägyptischen Gesellschaft vorab existierendes Narrativ über die Juden. Dabei weist Gebert den Glauben an eine jüdisch-zionistische Weltverschwörung als ein bis heute zentrales Moment des arabischen Antisemitismus aus. Susanne Beer (Berlin/Essen) und Marten Düring (Essen) suchen aus dem Kontext des sozialen Umfeldes heraus die Motive der Berliner Journalistin Ruth Andreas-Friedrich auszuleuchten, die in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische Freundinnen und Freunde unterstützte. Sie plädieren abschließend für weitere und vergleichende Studien sowie eine daran anknüpfende theoretische Fassung von Hilfeleistung in politisch repressiven Kontexten.

Oliver Geisler (Dresden) verweist auf die Komposition „Psalm“ – ein Versuch des Schweizers Heinz Holliger, nach dem Tode Paul Celans dessen Gedicht und Suche nach einer Sprache für die Shoah ins Musikalische zu transformieren. Das Werk wird im November 2011 im Rahmen eines Gedenkkonzertes in der Dresdner Neuen Synagoge erklingen. In der Reihe „Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt“ erinnert Jana Mikota (Siegen) an die in Auschwitz ermordete Lyrikerin Gertrud Kolmar. Waltraud Schmidt (Rößnitz) stellt die jüdische Arztfamilie Friedländer vor und schildert deren sich an die Novemberpogrome von 1938 anschließende Vertreibung aus Brambach im sächsischen Vogtland.

Das Interesse von Joachim Albrecht (Kamenz) gilt dem Kontext einer im Sächsischen Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, aufbewahrten und hier dokumentierten Bittschrift Prager Juden aus dem Jahre 1744, welche nach antijüdischen Pogromen vergeblich um Aufnahme in Sachsen baten. Miriam Y. Arani (Frankfurt/Main) stellt einen Fotobestand der Wiener Library, London, vor und wirft ein quellenkritisches Schlaglicht auf dessen Entstehungs- wie Überlieferungsgeschichte. Die Zeugnisse aus dem Getto Litzmannstadt, die wir an dieser Stelle dokumentieren, wurden von Mendel Grosmann und wahrscheinlich Lajb Maliniak aufgenommen.

Noa Mkayton (Jerusalem) plädiert für eine altersfrühe Begegnung mit dem Thema Holocaust im Kontext des Grund- und Unterstufenunterrichts und reflektiert spezifische Herausforderungen.

Wie gewohnt vermisst eine Reihe von Rezensionen wissenschaftliche Publikationen und Online-Angebote. Wir verweisen an dieser Stelle besonders auf die Doppelbesprechungen von Janina Wurbs (Berlin), Edna Herlinger (Nahariyya, Israel) und Kobi Kabalek (Beer Sheva).

Die aktuelle Ausgabe von MEDAON wäre ohne die Unterstützung von Wendy Anne Kopisch, Peter Carrier, Phillip Roth, Irina Suttner und Stefan Schwarz sowie allen Gutachterinnen und Gutachtern nicht zustande gekommen. Die Korrektur besorgten Cathleen Bürgelt sowie Gunther Gebhard und Steffen Schröter von text plus form – die Redaktion dankt ihnen allen herzlich.

Die Redaktion von MEDAON im Oktober 2011

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

Artikel

Alexandra Klei – Einen Ort erinnern. Die Darstellung der jüdischen KZ-Gefangenen auf dem heutigen Gelände der Gedenkstätte Buchenwald

Anna-Carolin Augustin – Nazi Looted Art in Israel: Kulturguttransfer nach 1945 und Restitution heute

Ines Sonder – Stadtkronen für das Neue Zion. Zur Bruno-Taut-Rezeption unter zionistischen Architekten

Malte Gebert – Die Rezeption der Protokolle der Weisen von Zion in Ägypten – ein Plädoyer für die Beachtung raumspezifischer Besonderheiten in der Antisemitismusforschung

Susanne Beer und Marten Düring – Hilfe für jüdische Verfolgte im Nationalsozialismus. Biographische und sozialstrukturelle Zugänge am Beispiel der Berliner Helferin Ruth Andreas-Friedrich

Bildung

Noa Mkayton – Holocaustunterricht mit Kindern – Überlegungen zu einer frühen Erstbegegnung mit dem Thema Holocaust im Grundschul- und Unterstufenunterricht

Miszellen

Jana Mikota – Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt: „Ich bin eine Dichterin, ja, das weiß ich“: Die Lyrikerin Gertrud Kolmar (1894-1943)

Oliver Geisler – Lobgesang mit durchschnittener Kehle. Heinz Holligers „Psalm“ und die musikalische Deutung der Shoah

Waltraud Schmidt – Familie Friedländer – Eine jüdische Arztfamilie unter der Naziherrschaft in Bad Brambach

Quellen

Joachim Albrecht – Die Abweisung Prager Juden an der böhmisch-sächsischen Grenze im Dezember 1744

Miriam Y. Arani – Primärquellen zur Urheberschaftsbestimmung von Fotografien aus dem Getto Litzmannstadt (1940-1944) in der Wiener Library, London

Rezensionen

Albrecht Dümling: Die verschwundenen Musiker. Jüdische Flüchtlinge in Australien (Sven Fritz)

Andrea Heuser: Vom Anderen zum Gegenüber. „Jüdischkeit“ in der deutschen Gegenwartsliteratur (Ulrike Schneider)

Liliana Ruth Feierstein: Von Schwelle zu Schwelle: Einblicke in den didaktisch-historischen Umgang mit dem Anderen aus der Perspektive jüdischen Denkens (Susanne Beer)

Michael Korey, Thomas Ketelsen (Hg.): Fragmente der Erinnerung. Der Tempel Salomonis im Dresdner Zwinger. Facetten und Spiegelungen eines barocken Architekturmodells und eines frühen Jüdischen Museums (Jens Hoppe)

Sammelrezension: Alternative Deutungen – Antisemitismus, Holocausterinnerung und Hörspiel in der DDR (Kobi Kabalek)

Sammelrezension: Aschkenasische Lebenswelten online. Das virtuelle Nachschlagewerk des YIVO und Centropas Lebensgeschichten in Familienphotos (Janina Wurbs)

Sammelrezension: Religiosität zwischen Tradition und Transformation. Historisch-ethnografische Perspektiven auf jüdische Lebensformen in Berlin (Edna Herlinger)

Verena Dohrn, Gertrud Pickhan (Hg.): Transit und Transformation. Osteuropäisch-jüdische Migranten in Berlin 1918–1939 (Lina-Mareike Dedert)

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