Die Besonderheit von Peter Keetmans Serie "Volkswagenwerk 1953", die er vor siebzig Jahren in Wolfsburg fotografierte, blieb in ihrer eigenmächtigen Bildsprache über viele Jahre unerkannt. Als sie schließlich mehr als dreißig Jahre später in Buchform erschien, hieß es in der Auto, Motor, Sport über die Bildstrecke, sie habe vorweggenommen, "was damals noch gar nicht gebraucht wurde: ein Denkmal für den Käfer" (1986). Noch zu Beginn der 1980er Jahre, als in der Ausgabe Nr. 41 des Kunstforums International erstmals sechs Fotografien der Serie gezeigt wurden, entsprach die Auswahl noch weitestgehend dem klassischen Bild der Industriefotografie: Auf vier der sechs Fotografien war der Käfer als Endprodukt schon eindeutig zu erkennen – es waren gerade nicht jene Aufnahmen, für die Keetmans Serie heute bekannt ist. Wenn dieser, wie Oskar Piegsa 2016 anlässlich einer Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen in der Zeit schrieb, in den 1950er Jahren "die Bildsprache des Wirtschaftswunders prägt[e]", so eben – anders als heute – noch nicht mit den Fotografien aus dem Volkswagenwerk, die für ihn typisch so sehr auf die Form und Oberflächen fokussierten, beispielsweise allein vorgeformte Kotflügel, verchromte Stoßstangen oder Nockenwellenräder zeigten. Wie hat es Rolf Sachsse im gleichen Jahr so prägnant auf den Punkt gebracht: "Die berühmtesten Bilder von Peter Keetman beinhalten eine größere oder kleinere Menge von ähnlichen, aber deutlich unterscheidbaren Einzelformen, die sich auf der Bildfläche relativ gleichmäßig verteilen."

In dieser Ausgabe, die die Ausstellung "Peter Keetman. Siebzig Jahre Volkswagenwerk 1953" flankiert, die vom 30. März bis zum 25. Juni 2023 im Kunstmuseum Wolfsburg gezeigt wird, führen Beiträge von Rolf Sachsse, Dirk Schlinkert und Holger Broeker in die Entstehungsgeschichte der Serie und ihrer späten Wiederentdeckung ein. Bernd Rodrian und Kristin Torka wiederum setzen Keetmans Fotografien mit solchen Heinrich Heidersbergers und des damaligen Werksfotografen Willi Luther in Beziehung.