Filmblatt 12 (2007), 35

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Filmblatt 12 (2007), 35
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Deutsche Filmgeschichte

Erschienen
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
ISSN 1433-2051
Anzahl Seiten
141 S.
Preis
8 €

 

Kontakt

Institution
Filmblatt
Land
Deutschland
c/o
CineGraph Babelsberg e.V., c/o Philipp Stiasny, Frankfurter Allee 22, 10247 Berlin
Von
Günter Agde

Propaganda, Werbung, Aufklärung. Diese Begriffe bilden den gemeinsamen Nenner der verschiedenen Beiträge des neuen Filmblatts. Im einleitenden Essay wendet sich Jeanpaul Goergen den Filmaufführungen an Bord deutscher Schiffe seit den frühen 20er Jahren zu. Kulturpropaganda war dabei ebenso wichtig wie die Unterhaltung. Von Anfang an erschien das Bordkino als geradezu perfekter Ort, um einem internationalen Publikum ein positives Deutschlandbild zu vermitteln. Zudem eigneten sich Bordkinos hervorragend, um gleichermaßen für deutsche Film- und Kinotechnik wie für deutsche Filmkunst zu werben.-
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Hermann Hesses viel zitierte Gedichtzeile beschreibt auch jene Anfangsjahre der DEFA kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Filmbetrieb im östlichen Teil Deutschlands noch nicht vollständig der Parteilinie folgen musste. In dieser Zeit des Aufbruchs entstanden Filme, die sich durch die Haltung des „Nie wieder“ auszeichneten und diese durch eine Perspektive „von unten“ ausdrückten. Diese Filme wollten nah an den Menschen und ihren Alltagsproblemen sein. Günter Agde und André Eckardt haben die Arbeit der von 1946 bis 1953 betriebenen Filiale der DEFA in Dresden untersucht. Sie verfügte über eine beachtliche technische Ausstattung – zwei Aufnahmeateliers, eine eigene Abteilung Tontechnik, Schneideräume, einen großen Lampenpark sowie eine eigene Kopieranstalt – und bildete ein wichtiges Standbein der DEFA. Für die DEFA-Wochenschau DER AUGENZEUGE lieferte das sächsische Studio laufend Sujets aus dem mitteldeutschen Raum. Außerdem stellte es zahlreiche Kurzfilme für das Kino-Beiprogramm sowie Produkt-Werbefilme als auch solche mit einem klaren politischen Auftrag her. Die Überlieferung und Kopienlage vieler Filme bleibt noch zu erforschen. So konnten wir in unserem FilmDokument von dem 1946 bei der DEFA-Sachsen entstandenen Film DER TOTENWALD VON ZEITHAIN (Regie vermutlich Richard Groschopp) nur ein Fragment zeigen – das Bundesarchiv-Filmarchiv sichert derzeit das in weitaus größerem Umfang überlieferte Schnittmaterial.
Im Zuge ihrer Recherchen stießen Günter Agde und André Eckardt auf das Protokoll einer programmatischen Kurzfilmtagung der DEFA. Diese Tagung vom 26. Oktober 1949 – knapp drei Wochen nach Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 – führte zwar zu keinem greifbaren Ergebnis, das Protokoll ist aber ungemein aufschlussreich, weil hier eine grundlegende Bestimmung seinerzeitiger dokumentarischer Filmarbeit versucht wurde. Wir drucken dieses Fundstück deshalb in voller Länge ab, eingeführt und annotiert von Günter Agde.
Mit Anfängen beschäftigt sich auch ein weiterer Text von Günter Agde über die populärwissenschaftlichen Filme, die Heiner Carow zu Beginn seiner Laufbahn zwischen 1952 und 1957 für die DEFA realisiert hat. Hier beleuchtet Agde besonders das Verhältnis zwischen der Biografie des Regisseurs und den politischen Vorgaben an dokumentarische Auftragsarbeiten.
Einen frühen Fall der DDR-Auslandsfilmpropaganda analysiert Thomas Heimann. Seit 1963 stellte eine eigene Arbeitsgruppe im DEFA-Dokumentarfilmstudio her, die das Ansehen des durch den Bau der Berliner Mauer diskreditierten Staates im Ausland aufbessern sollten. Eines der ersten Projekte dieser Gruppe war der Film DEUTSCHLAND – ENDSTATION OST von 1964 unter der Regie des belgischen Dokumentaristen Frans Buyens. Im Kontext einer gewissen Liberalisierung ließ das Regime zwar die Produktion dieses kritischen, wenngleich verständnisvollen Films zu, verhinderte aber seinen Einsatz in der DDR. Buyens beklagte später, sein Film sei sogar europaweit verboten worden. Jeanpaul Goergen kann in einer gesonderten Untersuchung nachweisen, dass DEUTSCHLAND – ENDSTATION OST ganz im Gegenteil in der Bundesrepublik eine recht breite Auswertung erfuhr. -
1947 – ein weiterer Anfang – gab Erwin Geschonneck in DER BIBERPELZ (R: Erich Engel) sein Debüt bei der DEFA. Wir zeigten diesen Film zum 100. Geburtstag des Schauspielers.-
Propaganda Werbung, Aufklärung: Diese Zweckorientierung von Filmen wird in Filmblatt 35 überwiegend am dokumentarischen Genre analysiert. Daran knüpft auch ein längerer Beitrag von Jeanpaul Goergen über neue DVD-Editionen mit dokumentarischen Filmen an. Zwar gibt es immer mehr gut gemachte Begleithefte und viele DVDs glänzen mit sinnvollem Bonus-Material – die bisher erarbeiteten Kriterien für wissenschaftliche DVD-Editionen finden aber noch keinen Eingang in die Praxis. Diesem Mangel durch Bestätigung, Kritik und Anregung abzuhelfen, ist unser Anliegen.
Berlin, den 15. Oktober 2007

Inhaltsverzeichnis

Filmblatt, 12. Jg., Nr. 35, Herbst 2007
ISSN 1433-2051 / www.filmblatt.de

Editorial [3]

Jeanpaul Goergen: Friedliches Zwischenreich? „Gesunde nationaler Propaganda“ und Unterhaltung in deutschen Bordkinos, 1913-1939 [5]

Günter Agde / André Eckardt: Sachsen im Aufbau. Filme der DEFA-Produktion Sachsen, Dresden 1946-1953 [19]

Günter Agde (Einleitung und Annotierung): „Der Begriff ‚dokumentarisch‘ darf nicht bürokratisch aufgefasst werden...“. Protokoll einer programmatischen Kurzfilmtagung der DEFA am 26. Oktober 1949 [38]

Günter Agde: Lernen in der Grauzone. Die populärwissenschaftlichen Filme von Heiner Carow (1952-1957) [57]

Thomas Heimann: Arbeit am Image. Wie ein belgischer Regisseur das Bild der DDR nach dem Mauerbau aufbessern wollte [DEUTSCHLAND – ENDSTATION OST (DDR 1964, Regie: Frans Buyens)] [65]

Jeanpaul Goergen: Endstation Filmarchiv. Was die überlieferten Kopien zu DEUTSCHLAND – ENDSTATION OST (DDR 1964) aussagen [77]

Günter Agde: Spätes Debüt als Beginn einer furiosen DDR-Film-Karriere. Zum 100. Geburtstag von Erwin Geschonneck [83]

Service [89]

Review Essays:

Jeanpaul Goergen: Stiefkinder der Filmgeschichte. DVD-Editionen dokumentarischer Filme (2) [95]

Tobias Ebbrecht: Wahrnehmung Denken: Der Film und seine Formen. Neue Literatur zur Aktualität und Geschichte filmtheoretischer Ansätze und Methoden. Zum Verhältnis von Philosophie und Film [109]

Rezensionen:

Kristin Thompson: Herr Lubitsch goes to Hollywood. German and American Film after World War I / Ernst Lubitsch Collection. 6 DVD / DIE EHE IM KREISE (The Marriage Circle, USA 1924, Regie: Ernst Lubitsch) DVD (rezensiert von Philipp Stiasny) [121]

Michael Hanisch: Ernst Lubitsch. Von der Berliner Schönhauser Allee nach Hollywood / Ralf Dose: Magnus Hirschfeld. Deutscher – Jude – Weltbürger / Michael Hanisch: Billy Wilder. Von Galizien nach Beverly Hills / Daniela Gauding: Siegmund Sische Breitbart. Eisenkönig – Stärkster Mann der Welt (rezensiert von Jürgen Kasten) [125]

Arbeitsmaterialien zum nationalsozialistischen Propagandafilm. 5 CD-ROM (rezensiert von Kurt Schilde) [127]

Antonia Lant, Ingrid Periz (Hg.): Red Velvet Seat. Women’s Writing on the First Fifty Years of Cinema (rezensiert von Andrea Haller) [129]

Joachim Polzer (Hg.): Zur Geschichte des Filmkopierwerks. A Short History of Cinema Film Post-Production (rezensiert von Ralf Forster) [131]

Walter Murch: Ein Lidschlag, Ein Schnitt. Die Kunst der Filmmontage (rezensiert von Kerstin Stutterheim) [134]

DIE ELF TEUFEL (D 1927, Regie: Zoltan Korda) und DER KÖNIG DER MITTELSTÜRMER (D 1927, Regie: Fritz Freisler). 2 DVD (rezensiert von Philipp Stiasny) [137]

Alexander Horwath, Michael Omasta (Hg.): Josef von Sternberg. The case of Lena Smith (rezensiert von Kerstin Stutterheim) [138]

Joshua Feinstein: The Triumph of the Ordinary. Depictions of Daily Life in the East German Cinema, 1949-1989 (rezensiert von Michael Wedel) [139]

Tobias Kaufhold: Camera Obscura. Museum zur Vorgeschichte des Films (rezensiert von Ralf Forster) [139]

Mitarbeiter dieser Ausgabe [141]

Impressum [143]

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