SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 8 (2008), 3

Titel der Ausgabe 
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 8 (2008), 3
Weiterer Titel 
Sportartgeschichte

Erschienen
Göttingen 2008: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Preis
Abonnement € 27,60; Studierende € 19,95; Einzelheft € 9,70 jeweils zzgl. Versandkosten

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Die geschichtliche Betrachtung des Sports und seiner Ausdifferenzierung in spezifische Bewegungsformen sowie seine Etablierung und Reglementierung durch die sich gründenden Sportfachverbände kann in der deutschen Sporthistoriographie auf eine lange Tradition zurückblicken. Das wohl ehrgeizigste und voluminöseste Unternehmen in den 20er Jahren des 20. Jahr-hunderts ist sicherlich der Sammelband von G. A. E. Bogeng „Geschichte des Sports aller Völker und Zeiten“ aus dem Jahre 1926 mit seinen knapp 800 Seiten im Großformat und zahlreichen Abbildungen. Daneben nehmen sich u.a. das von C. Diem, H. Sippel und F. Breithaupt herausgegebene „Stadion. Das Buch von Sport und Turnen, Gymnastik und Spiele“ (Berlin 1928) und „Spemanns Goldenes Buch des Sports. Eine Hauskunde für Jedermann“ (Berlin/Stuttgart 1910) nahezu bescheiden aus. Die Liste der Anfang des 20. Jahrhunderts erschienen Handbücher zum Sports ließe sich um zahlreiche weitere Werke fortsetzen. Allen gemeinsam ist, dass sie die Ausdifferenzierung des Sports in Sportarten und ihre Organisation in Verbänden zum Thema haben.

In jüngerer Zeit wurden z. B. die 100jährigen Jubiläen der nationalen Sportfachverbände zum Anlass genommen, die Geschichte der jeweiligen Verbände und ihrer Sportarten in einer historischen Rückschau in den Blick zu nehmen. Nicht zu vergessen sind die Ende der 70er Jahre in der DDR erschienenen historischen Rückblicke auf die Sportarten Leichtathletik, Schwimmen, Gerätturnen und Fußball.

In der Einleitung seines Beitrages „Sportartgeschichte: Entstehung, Ausbreitung und Perspektiven moderner Sportartkultur in Deutschland“ weist Andreas Luh (Bochum) darauf hin, dass eine „übergreifende, verbandsorientierte Organisationsgeschichte sportartspezifischer Bewegungskultur in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert und eine theoriegeleitete Überblicksdarstellung von den modernen Leibesübungen über die moderne Sportartkultur hin zur Vielfalt Bewegungsformen im Sinne der historischen Verhaltensforschung“ (8) fehlt. „SportZeiten“ möchte mit diesem Schwerpunktheft dem von Luh aufgezeigten Desiderat Rechnung tragen.

Ohne die englischen Wurzeln des modernen Sports aus dem Auge zu verlieren, untersucht Luh die Formierung des modernen Sports und seine Ausbreitung in den unterschiedlichen Sportarten in Deutschland. Vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung nimmt er die Entwicklung im Kaiserreich, der Zeit der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und in den beiden deutschen Staaten nach 1945 in den Blick. Dabei geht es im nicht nur um das Aufzeigen struktureller Veränderungen, er richtet sein Augenmerk am Beispiel der Leichtathletik, des Ruderns sowie des Fußballspiels auf quantitative und qualitative Wandlungsprozesse unter Einbezug des Werte- und Normenwandels im Sport.

In die Frühgeschichte des modernen Fußballs führt der Beitrag „’Great Inconvenience’. Zum traditionellen britischen Volksfußball und dessen Varianten“ von Fabian Brändle (Zürich). Nachweisen lassen sich die ersten Formen des Volksfußball in England seit dem beginnenden 14. Jahrhundert. Auf der Grundlage zeitgenössischer Berichte sowie der modernen britischen Fachliteratur rekonstruiert Brändle die Ursprünge des heute weltweit bekannten und beliebten Fußballspiels. Der erste quellenmäßige Beleg für die Existenz des Fußballspiels in England ist das Verbot des „football“ durch König Eduard II aus dem Jahre 1314. Brändle geht im Folgenden den Fragen nach, wie und wo gespielt wurde, warum der Volksfußball regelmäßig ins Visier der Obrigkeit geriet sowie, nach den Gründen für den Niedergang des traditionellen „footballs“.

Die Weiterentwicklung der hölzernen Laufmaschine von Carl Drais zu einem Tretkurbelvelociped in den 1860er Jahren fand in adligen und bürgerlichen Kreise zahlreiche Anhänger, die sich auch in Clubs zusammenfanden. Das ‚Radreiten’, wie es in der damaligen Zeit genannt wurde, blieb zunächst ein Privileg der aristokratischen und bürgerlichen Gesellschaft; die ihre Clubs als „Elitevereine“ empfanden und pflegten. Erst die industriellen Fertigung der Niederräder machten das Fahrrad zu einem volkstümlichen Fortbewegungsmittel. „Zur Geschichte des bürgerlichen Radsports im Deutschen Kaiserreich“ ist der Beitrag von Oliver Leibbrand (Hamburg) überschrieben, in dem er die Geschichte des Altonaer Bicycle-Clubs von 1869/80, dem ältesten Bicycle-Club der Welt untersucht. Leibbrand widmet sich der Geschichte des Clubs vor dem Hintergrund der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen im Deutschen Kaiserreich unter der Fragestellung, fungierten der „Radsport als ein verbindendes Element“, Stärkte er „gesellschaftliche Figurationen“ oder führte er „zu Konflikten mit und Spaltungen von gesellschaftlichen Gruppen“ (80)?

Im Juli 2088 jährte sich der 50. Todestag von Rudolf von Laban. Claudia Fleischle-Braun (Stuttgart) nimmt dieses Datum zum Anlass, an die Tanz- und Bewegungstheorie Labans und „seine Vision zur Etablierung einer Tanzwissenschaft“ zu erinnern.

In dem umfangreichen Besprechungsteil stehen zwei Neuerscheinungen zur Geschichte des Fußballs im nationalsozialistischen Deutschland – die beiden Sammelbände herausgegeben von L. Peiffer und D. Schulze-Marmeling sowie von M. Herzog – und zum Thema Fußball und Migration am Beispiel des österreichischen Fußballs nach 1945 im Vordergrund. Friedrich Ludwig Jahn hat im Laufe der Geschichte sehr unterschiedliche Interpretationen erfahren. „Bruder Jahn“ ist ein Essay von H.-J. Schulke betitelt, das H. Braun vorstellt.

‚Berichte’ über Ausstellungen, ein Schülerprojekte, die Gründung der Friedrich-Ludwig-Jahn-Gesellschaft sowie sportwissenschaftliche Qualifikationsarbeiten mit historischem Bezug, ‚Mitteilungen’, die Vorstellung sporthistorischer Veröffentlichungen in anderen Periodica und Sammelbänden unter ‚Für Sie gelesen’ sowie die Zusammenstellung von ‚Neuerscheinungen’ beschließen diese Ausgabe von ‚SportZeiten’.

Die Herausgeber freuen sich, im Kreise des Wissenschaftlichen Beirates den Kollegen Pd. Dr. Matthias Marschik (Wien) begrüßen zu können.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Luh, A.:
Sportartgeschichte: Entstehung, Ausbreitung und Perspektiven moderner Sportartkultur in Deutschland
7

Brändle, F.:
„Great Inconvenience“. Zum traditionellen britischen Volksfußball und dessen Varianten
57

Leibbrand, O.:
Zur Geschichte des bürgerlichen Radsports im Deutschen Kaiserreich
79

Fleischle-Braun, C.:
Rudolf von Laban: „Bewegung ist die Grundbedingung aller Existenz“
107

Berichte

Oswald, R.:
Schlappeschneider – Schlappekicker. Ein Schülerprojekt in Frankfurt widmet sich der Geschichte der Hausschuhfabrik J. & C.A. Schneider – einem frühen Sponsor der Frankfurter Eintracht
115

Ulfkotte, J.:
Friedrich-Ludwig-Jahn-Gesellschaft e.V. gegründet
117

Kuhlmann, D.
Heinrich von der Becke – „Der Picasso mit der Kamera“. Berliner Sportmuseum stellt Werke des Sportfotografen aus
118

Gilden, N.:
Ausstellungen zur Fußballgeschichte in Österreich. Eine Ergänzung zum gleichnamigen Bericht von Henry Wahlig (in „SportZeiten“ 8 (2008) 2, 88-89)
119

Kuhlmann, D.:
Ein Streifzug durch thematische Zugänge in Qualifikationsarbeiten. Dissertationen und Habilitationen auf dem Gebiet des Sports
120

Besprechungen

Marschik, M.:
LIEGL, B./SPITALER, G.: Legionäre am Ball. Migration im österreichischen Fußball nach 1945. Wien 2008 (Braumüller). 248 S. 24.90 €.
124

Oswald, R.:
Herzog, M. (Hg.): Fußball zur Zeit des Nationalsozialismus. Alltag – Medien – Künste – Stars (= Irseer Dialoge, Bd. 13). Verlag W. Kohlhammer: Stuttgart 2008. 334 S., 19,80 €.
126

Becker, C.:
PEIFFER, L./ SCHULZE-MARMELING, D. (Hrsg.): Hakenkreuz und rundes Leder. Fußball im Nationalsozialismus, Göttingen: Verlag Die Werkstatt, 608 S., 39,90 €.
129

Braun, H.:
SCHULKE, H.-J.: Bruder Jahn - Ein Essay zur Brüderlichkeit in Deutschland. Fr.-L.-Jahn-Gesellschaft Freyburg (Hrsg.), Jahn-Report Sonderausgabe, August 2008.
132

Mitteilungen
135

Für Sie gelesen
137

Neuerscheinungen
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