Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 12 (2012), 3

Titel der Ausgabe 
Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 12 (2012), 3
Weiterer Titel 
Fußballgeschichte, Doping, Badekultur

Erschienen
Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Anzahl Seiten
112 S.
Preis
€ 9,70

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Im Zusammenhang mit der Teilnahme der deutschen Fußball-Nationalmannschaft an der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine sind auch die Fußball-Länderspiele zwischen Deutschland und Polen in den dreißiger Jahren in den Blick der historischen Forschung gekommen. Fünf Länderspiele sind in der Zeit von 1933 bis 1938 zwischen diesen beiden Ländern ausgetragen worden. Obwohl sie in allen Statistiken aufgeführt werden, blieben sie in der historischen Forschung bislang weitgehend unbeachtet. In seinem Beitrag „Sport und Politik in den deutsch-polnischen Beziehungen von 1933 bis 1938“ nimmt Dieter Hertz-Eichenrode/Berlin diese fünf Fußballspiele in den Blick und stellt sie in den Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Außenpolitik der 1930er Jahre. Um seine militärische Aufrüstungspolitik zu kaschieren, war Hitler daran interessiert, durch eine demonstrative Friedenspolitik vor allem die unmittelbaren Nachbarstaaten zu besänftigen. Im Rahmen dieser Friedenspolitik fiel dem Sport eine besondere Rolle zu. Das erste Spiel fand bereits am 3. Dezember 1933 in Berlin statt, dem weitere Spiele in Warschau, Danzig und Chemnitz folgen sollten. „Was 1933 verheißungsvoll begonnen hatte, endet 1939“ mit dem militärischen Überfall auf Polen „verhängnisvoll“.

In seinem Beitrag „Das kickende Proletariat. Arbeiter und Fußball im Wien der Zwischenkriegszeit“ gibt Matthias Marschik/Wien einen Überblick über die Entwicklung des Arbeiterfußballs in der österreichischen Hauptstadt und geht dabei insbesondere auf die Widersprüche zwischen ideologischer Aufladung des Fußballsport in der Arbeiterbewegung und der sportlichen Praxis ein. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich die „Geschichte des Wiener Arbeiterfußballs als Erkundung eines Mittelwegs zwischen Realpolitik und Vergnügen, zwischen populärer Kultur und gesellschaftspolitischer Verantwortung, zwischen Sportspektakel und Verantwortung für den eigenen wie den sozialen Körper, zwischen Lust- und Realitätsprinzip lesen“ lässt.

Nicht zuletzt durch die Präsentation der ersten Ergebnisse des durch den DOSB initiierten Forschungsprojekts zur Geschichte des Dopings in Deutschland ist die Dopingproblematik, die Frage nach Ursachen, gesellschaftlichen Zusammenhängen und Verantwortlichkeiten, Chancen und Möglichkeiten ihrer Bekämpfung wieder in den Mittelpunkt der sportpolitischen Diskussion gerückt. In ihrem Beitrag „Doping im Sport. Eine Historie der Zuschreibung zwischen Legitimität, Verbot und sozialem Problem“ verknüpft Antje Dresen/Mainz historische Erkenntnisse mit „konstruktivistischen Deutungen der Soziologie“. Bei der Suche nach der Antwort auf die Frage, was unter Doping im Sport überhaupt zu verstehen ist, ist nach Dresen eine entscheidende Perspektive bislang vernachlässigt worden: die der „historischen Soziologie“. Vor diesem Hintergrund geht sie in ihrem Beitrag der These nach, „dass Doping als eine Geschichte der Zuschreibung begriffen werden kann“.

Die Geschichte der Badekultur steckt - so Fabian Brändle - noch in den Anfängen. In die wissenschaftliche Forschung haben autobiografische Zeugnisse, „Selbstaussagen Badender“, bislang nur selten Eingang gefunden. In seinem Beitrag „Es war fast paradiesisch, in den weiten See hinaus zu schwimmen. Badeplausch in der Schweiz, 1880-1950“ möchte Fabian Brändle/Zürich einen Einblick geben, „wie einfache Menschen die Lebenswelt Fluss, Badeanstalt erlebt und erfahren haben“. Anhand von fünf Selbstzeugnissen „einfacher“ Schweizerinnen und Schweizer rekonstruiert er die „Lebenswelten Fluss und See“ in der Schweiz in dem Zeitraum von 1880 bis 1950.

Anfang November 2012 fand in Hamburg das 4. Sportpolitik-Symposium statt, auf dem zahlreiche Referentinnen und Referenten der Frage nachgingen, welche Ziele Interessenorganisationen im Sport verfolgen und welche Besonderheiten es im Sport gibt. Michael Groll/Köln stellt die einzelnen Beiträge vor. Detlef Kuhlmann/Hannover berichtet über zwei Sportausstellungen in Berlin. Im Alliierten Museum in Berlin-Dahlem ist noch bis zum 8. April 2012 die Ausstellung „Fair Play - Die Alliierten und der Sport“ zu sehen, im Gropiusbau stellt die Fotografin Regina Schmecken ihre Fotos der deutschen Fußball-Nationalmannschaft aus.

Im Dezember 2010 fanden zwei Tagungen statt, die sich mit der Erinnerungskultur im Sport befassten. Im Mittelpunkt beider Tagungen stand jeweils Carl Diem. Während die Beiträge der vom Zentrum für Antisemitismus unter der Leitung von Wolfgang Benz bereits im März 2011 in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ veröffentlicht wurden, haben die Initiatoren der Kölner Tagung ihre Ergebnisse in den letzten Monaten in einem Tagungsband vorgelegt. Frank Becker/Essen, der in den letzten Jahren eine vierbändige Diem-Biografie vorgelegt hat und als der Diem-Spezialist gelten kann, bespricht diesen Tagungsband. Mit seiner „Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis zur Gegenwart“ hat der Spezialist für die Frühe Neuzeit, Wolfgang Behringer, sich an eine anspruchsvolle Aufgabe gewagt, die Florian Lueke/Lemgo einer kritischen Betrachtung unterzieht.

Im Februar 2013 findet im Kloster Irsee eine sporthistorische Tagung mit der Thematik „Die Gleichschaltung des Fußballsports im nationalsozialistischen und staatssozialistischen Deutschland“ statt, auf deren Programm wir hinweisen.

Unter „Für Sie gelesen“ stellen wir einige sporthistorisch interessante Bei-träge aus Sammelbänden und Zeitschriften vor. Die Übersicht über „Neuerscheinungen“ und die Vorstellung der „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ des Heftes beschließen diese Ausgabe.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Hertz-Eichenrode, D.
Sport und Politik in den deutsch-polnischen Beziehungen von 1933 bis 1939
7

Marschik, M.
Das kickende Proletariat. Arbeiter und Fußball im Wien der Zwischenkriegszeit
37

Dresen, A.
Doping im Sport. Eine Historie der Zuschreibung zwischen Legitimität, Verbot und sozialem Problem
53

Brändle, F.
„Es war fast paradiesisch, in den weiten See hinaus zu schwimmen“. Badeplausch in der Schweiz 1880–1950
73

Berichte

Groll, M.
4. Sportpolitik-Symposium vom 2.-3.11.2012 in Hamburg
89

Kuhlmann, D.
„Fair Play – Die Alliierten und der Sport“ – Ausstellung in Berlin
91

Kuhlmann, D.
Schwarz auf Weiß: Das Spiel der Männer mit dem Ball
93

Besprechungen

Becker, F.
KRÜGER, M. (Hrsg.): Erinnerungskultur im Sport. Vom kritischen Umgang mit Carl Diem, Sepp Herberger und anderen Größen des deutschen Sports. LIT Verlag: Berlin u. a. 2012.
95

Lueke, F.
BEHRINGER, W.: Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 2012. 494 S., 24,95€ bzw. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2012.
98

Mitteilungen
101

Für Sie gelesen
104

Neuerscheinungen
110

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
112

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