Zeitschrift für Weltgeschichte 17 (2016), 2

Titel der Ausgabe 
Zeitschrift für Weltgeschichte 17 (2016), 2
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2016: Martin Meidenbauer
Erscheint 
zweimal jährlich
ISBN
1615-2581
Anzahl Seiten
232 S.
Preis
Jahrespreis € 49,90 ; Einzelpreis € 29,90

 

Kontakt

Institution
Zeitschrift für Weltgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Hans-Heinrich Nolte Bullerbachstr.12 D-30890 Barsinghausen Tel +49 5105 64 332
Von
Bertram, Michael

In Heft 17.2 werden verschiedene Diskussionen der letzten Jahre weitergeführt und zwei neue hoffentlich begonnen: über die Rolle der klassischen Antike für die Weltgeschichte überhaupt, aber auch für das verbreitete Weltverständnis im 21. Jahrhundert, und über die Bedeutung der Ökologie.

Christopher Chase-Dunn, Hiroko Inoue, Teresa Neal und Evan Heimlich arbeiten am Californian Institute of World-System-Studies an der Universität Riverside. Sie setzen die Debatte um das Konzept „Weltsystem“ fort, das in der ZWG vom ersten Heft an von Autoren wie Immanuel Wallerstein, Andre Gunder Frank und Hartmut Elsenhans geführt worden ist, wobei selbstverständlich auch andere Aufsätze wie die von Samuel Eisenstadt oder Bruce Mazlish publiziert und in Forschungen erprobt wurden. Die Kalifornier beschreiben den Globalisierungsprozess in Wellen, die durch mehrere Weltsysteme periodisiert worden sind, bis mit dem modernen das erste wirklich global entstanden ist. Die Autoren skizzieren Varianten im Konzept wie Beziehungen zwischen Zentrum und Peripherie, Semiperipherie und Hierarchie. Wichtig ist ihr Plädoyer dafür, die jetzige Struktur des Weltsystems nicht zurück zu projizieren. Es ergeben sich wichtige Einordnungen der Weltgeschichte; regional spannend sind die Hinweise auf die Geschichte indianischer Systeme vor der Ankunft der Europäer.

Andrea Komlosy (Universität Wien) analysiert Andre Gunder Franks große Rolle in der Geschichte der Forschungen über den Nord-Süd-Zusammenhang von der „Entwicklung der Unterentwicklung“ bis zu „ReOrient“, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Frank hat an der ZWG intensiv mitgearbeitet, sein Aufsatz „Geschichtswissenschaft und Sozialtheorie<Re-Orientieren>!, wurde in der ZWG zuerst veröffentlicht, er schrieb zwei Rezensionen und wurde zweimal vorgestellt, nicht zuletzt von der langjährigen Mitarbeiterin Ellen Baumann, an welche die Redaktion dankbar zurückdenkt. Komlosy stellt die Arbeiten Franks in den Kontext der akademischen Konjunkturen des letzten halben Jahrhunderts und arbeitet den Beitrag Franks heraus.

Sabine Müller (Universität Marburg) geht von Oliver Stones Alexanderfilm aus, in dem Hephaistion, der beste Freund Alexanders, als wesentlicher Sympathieträger erscheint, der trotz der Siege, des Ruhms und des Luxus bescheiden und gradlinig bleibt, während Alexander sich von den Verlockungen des Orients verführen lässt. Sie analysiert das Bild aufgrund der eigentlich recht Umfangreichen Quellenlage und kommt zu dem klaren Ergebnis, dass Stones Konzept auf „traditionale, tendenziösen Formeln einer Kontrastierung Ost und West [beruht] und mit dem historischen Hephaistion und seiner Rolle im makedonischen Reich nichts zu tun hat.“ (S. 107).

Michael Toussaint (Universität St. Augustine, Trinidad) stellt im Rahmen der von Christian Cwik und Michael Zeuske herausgegebenen Arbeiten zu den globalen Wirkungen des Wiener Kongresses die Politik der Großmächte im karibischen Raum in das Zentrum ihrer jeweiligen imperialen Agenden. Er geht dabei besonders auf die Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und England ein.

Jason W. Moore (Universität Binghamton, New York) skizziert ein theoretisches Gefüge, in dem Natur zur Matrix von Handeln wird. Er stellt die Frage, ob das Klima in der gleichen Weise wirkt, in der Klasse oder Imperien Geschichte machen, und plädiert in Kritik des cartesianischen Dualismus für das Konzept des oikos zur Bündelung von menschlicher und nicht menschlicher Natur. Arnold Heitzig bietet einen gutlesbaren Überblick zu den BRICS-Ländern, in dem wichtige Daten zur Verfügung gestellt werden und die Entwicklung der Staatengruppe ab 2000 skizziert wird. Er kommt übrigens zu einem angesichts der Stagnation in China und den Krisen in Brasilien und Russland recht positiven Bild.

In seiner wissenschaftlichen Intervention betont Igor Smirnov (Moskau, Lomonosov-Universität) die endogenen Stränge der russischen Diskussion um Kulturtypen und plädiert für Beibehaltung des Konzepts „Kultur“ im Verhältnis zu „Weltregionen“. Carl-Hans-Hauptmeyer setzt sich in einem längeren Review mit Carsten Kavens Überlegungen zu einem „grünen Kapitalismus“ auseinander und Hans-Heinrich Nolte stellt die Konzepte von Deutschland als neuer „Mitte“ (Herfried Münkler) bzw. „Zentralmacht“ (Michael Gehler) vor.

Rezensiert werden das von Hermann Hiery herausgegebene Lexikon der Überseegeschichte, der von Christof Dejung und Martin Lengwiler Band über Ränder der Moderne, Manfred Hildermeiers Geschichte Russlands und Frank Wolffs Geschichte des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes, die Edition zur Himalaya-Expedition der Brüder Schlagintweit durch Moritz v. Brescius und andere, Philipp Altmanns Darstellung der Indigenenbewegung in Ecuador, Zenonas Norkus‘ Vergleich von Slowenien und Litauen sowie der von John McNeil und Corinna Unger herausgegebene Sammelband zur Umweltgeschichte im Kalten Krieg.

Dokumentiert wird die Verleihung des Preises der ZWG an Ruben Quaas.

Hans-Heinrich Nolte

Inhaltsverzeichnis

INHALT

Christopher Chase-Dunn, Hiroko Inoue, Teresa Neal, Evan Heimlich
Globalgeschichte und Weltsysteme

Andrea Komlosy
Andre Gunder Frank und die Reorientierung der Weltgeschichte

Sabine Müller
Hephaistion. Orient versus Okzident und der Untergang der argeadischen Sonne in Oliver Stones Alexander

Michael Toussaint
Manifesting Destiny oder Agenda Continuity. Kontextualisierung britischer imperialer Politik in der südlichen Karibik vor und nach Wien

James W. Moore
Vom Objekt zum Oikos. Die Schaffung der Umwelt in der kapitalistischen Welt-Ökologie

Arnold Heitzig
Die BRICS – Zukunfts- oder Auslaufmodelle der Weltwirtschaft?

Igor P. Smirnov
Russland und Deutschland. Einwände zu Noltes Konzept der Weltregionen

Carl-Hans Hauptmeyer
Review: Transformation des Kapitalismus?

Hans-Heinrich-Nolte
Review: Deutschland als neue Zentralmacht

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