Zeitschrift für Weltgeschichte 23 (2024), 2

Titel der Ausgabe 
Zeitschrift für Weltgeschichte 23 (2024), 2
Weiterer Titel 
Die ungleiche Entwicklung der Regionen im vormodernen Ostmitteleuropa und Westasien

Erschienen
München 2024: Martin Meidenbauer
Erscheint 
halbjährlich
Preis
Jahrespreis € 49,90 ; Einzelpreis € 29,90

 

Kontakt

Institution
Zeitschrift für Weltgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Hans-Heinrich Nolte Bullerbachstr.12 D-30890 Barsinghausen Tel +49 5105 64 332
Von
Michael Bertram, Redaktion Zeitschrift für Weltgeschichte (ZWG)

Die ungleiche Entwicklung von Regionen stellt schon lange ein wesentliches Thema weltge-schichtlicher Forschung dar. Häufig wird sie jedoch nur verspäteter oder nachholender Ent-wicklung in Bezug auf Industrialisierung und Modernisierung diskutier, wodurch ein eindeuti-ger Zusammenhang postuliert wird, der vor allem auf einer Engführung beruht. Die jüngere Forschung hat inzwischen deutlich machen können, dass die Ungleichheit zwischen Regionen tiefergehende, strukturelle Ursachen hat, die bereits in der Vormoderne zu beobachten sind und sehr langfristige Auswirkungen hervorbringen können. in diese Forschungsdebatte reiht sich die Tagung „Die ungleiche Entwicklung der Regionen in der Vormoderne. Das `jüngere Europa` im trans- und interkontinentalen Netzwerk“ ein, die Dariusz Adamczyk und Zdeněk Nebřenský am 4. und 5. November 2021 in Prag veranstaltet haben. Einen wesentlichen Teil der Tagungsbeiträge kann die Zeitschrift für Weltgeschichte nun in dieser Ausgabe präsentie-ren. Am Beispiel des „jüngeren Europas“, das im Wesentlichen Südostmittteleuropa umfasst, aber immer wieder auch darüber hinausgriff, beleuchten sieben Beiträge sowohl die Verflech-tungen dieses Raums in Mittelalter und früher Neuzeit als auch die Diskrepanzen zwischen seinen Zentren und (inneren) Peripherien. Damit liefert der aktuelle Themenschwerpunkt einen facettenreichen Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte eines Raums, der viel über jahr-hundertelange ungleiche Entwicklungen zu erzählen vermag.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und seine Vorgeschichte beschäftigen in jüngster Zeit Historiker:innen intensiv, gleichzeitig nehmen seine Protagonist:innen immer wieder Bezug auf die Historie und nutzen sie für Erklärungsmuster und ideologische Legitimierungen — nicht selten auf höchst fragwürdige Art und Weise. Zu den Ereignissen, die in diesem Zusammen-hang diskutiert werden und denen in der politischen Arena öffentlichkeitswirksam gedacht wird, gehört das Massaker von Babij Jar, dem im Jahr 1941 über 33.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder zum Opfer gefallen waren. Ein besonders heikler Punkt in der Debatte ist die um-strittene Rolle rechts-nationalistischer ukrainischer Kräfte unter Stepan Bandera. In seinem Beitrag vertritt der Historiker, Geograph und Literat Pavel Polian eine andere, weil selten vertre-tene und dezidiert jüdische Sicht auf den Umgang mit Babij Jar und Bandera. Das mag nicht ganz ohne Polemik gehen, doch hilft vielleicht gerade diese, das Bild entgegen jüngeren Ten-denzen der Heldenverehrung wieder auszudifferenzieren. Dazu soll auch der flankierende Auf-satz von Jens Binner beitragen, der die „westliche“ Forschungssicht auf die Problematik vor-stellt und die Beschäftigung mit der Thematik auf eine noch breitere Grundlage stellt.

Die große Weltgeschichte findet nicht selten ihren Niederschlag auch in kleinen Fundsachen. Einer solchen widmet sich der Turkologe und Historiker Sebastian Cwiklinski in einer Miszelle, die den Blick abermals von Europa aus weit in den Osten lenkt. Am Beispiel des Turkvolks der Baschkiren macht er deutlich, wie in der Frühen Neuzeit das zumeist nur rudimentäre Wissen über außereuropäische Völker zusammengetragen und aufbereitet wurde, um schließlich sei-nen Weg in ein so epochales Werk wie das Lexikon von Johann Heinrich Zedler zu finden. Auch wenn dort nur ganze sieben Zeilen über die Baschkiren zu finden sind, erlaubt die Nachverfol-gung der zugrundeliegenden Quellen lohnende Einblicke in die wisenshistorischen Zusammen-hänge einer frühen Globalisierung.

Schließlich runden dieses Mal wieder einige Rezensionen von Publikationen, die für den The-menbereich der ZWG von einigem Interesse sein dürften, die vorliegende Ausgabe ab. Wie immer wünsche ich allseits eine interessante und anregende Lektüre.

Jürgen G. Nagel

Inhaltsverzeichnis

Jürgen G. Nagel:
Editorial

Thema: Die ungleiche Entwicklung der Regionen im vormodernen Ostmitteleuropa und Westasien

Dariusz Adamczyk/Zdeněk Nebřenský:
Die ungleiche Entwicklung der Regionen im vormodernen Ost(mittel)europa. Forschungsper-spektiven, Indikatoren, Kontexte

Thomas Wünsch:
Das „Jüngere Europa: Wo ist es, und wenn ja, wie lange?

Monika Saczyńska-Vercamer:
Das „jüngere Europa“ und der Papst — universelles Recht und Region. Das Beispiel der Supp-liken an die Apostolische Pönitentiare aus der Kirchenprovinz Gnesen im 15. Jahrhundert

Vytautas Volungevičius:
Die Landgemeinde im östlichen Ostseeraum des 13.-15. Jahrhunderts zwischen inneren und äußeren Spannungen

Andreas Rüther:
Maßstab und Vergleich. Preußen in den Aufzeichnungen des Danziger Kaufmannssohns Martin Gruneweg OP (1562-1615)

Shahin Mustafayev:
Der Steuersatz des städtischen Zentrums und der umliegenden ländlichen Peripherie: Der Be-zirk Täbris nach dem osmanischen Steuerregister von 1728

Hans-Heinrich Nolte:
Ungleiche Entwicklungen. Innere Peripherien und Welthandelsweg: Das russische Pomore 16. zum 18. Jahrhundert

Beiträge

Pavel Polian:
Babij Jar und Bandera

Jens Binner:
Die Ukraine und Stepan Bandera

Miszelle

Sebastian Cwiklinski:
„gewisse Völker in der großen Tartaray“: Baschkiren in der ersten großen deutschsprachigen Enzyklopädie (erste Hälfte des 18. Jahrhunderts)

Laudatio zur Verleihung des Preises der Zeitschrift für Weltgeschichte 2022

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