„Siehe, Ein Volk ist es und Eine Sprache haben Alle, und das ist der Anfang ihres Tuns, und nun möchte ihnen nichts unzugänglich sein, von allem was sie gesonnen sind zu tun. Wohlan, lasset uns hinabsteigen, und dort verwirren ihre Sprache, daß sie nicht verstehen Einer die Sprache des Andern.“ (Gen 11,6–7)
In Gen 11,1–9 wird erzählt, dass sich die Menschen der Gegend zusammenfanden, um einen Turm zu errichten, der bis zum Himmel reichen sollte. Damals hatte die ganze Erde „Eine Sprache und einerlei Worte“ (Gen 11,1). Als Gott das sah, verwirrte er ihre Sprache und brachte das Projekt des Turmbaus zu Babel damit zum Erliegen. Eine Interpretation der Erzählung könnte lauten, dass die einheitliche Sprache, von der in der Thora die Rede ist, die Fähigkeit der Menschen meint, kollektiv zu handeln. Die sprichwörtliche babylonische Sprachverwirrung beschriebe demnach den Verlust der Fähigkeit, die Differenz der Menschen zu verstehen und für ein gemeinsames gesellschaftliches Projekt einzusetzen.
Die siebte Ausgabe von Jalta versammelt Perspektiven auf Übersetzbarkeit als zentrale Frage einer radikal vielfältigen Gesellschaft. Was braucht es, um Sprachen zu übersetzen? Wo finden noch Übersetzungsprozesse statt? Auf welche Weise kann Übersetzung ein Akt der Aneignung sein, der die Besonderheit der Differenz nivelliert und ihr eine Funktion zuweist? Was bedeutet Unübersetzbarkeit? Wie können Störungen in Übersetzungsprozessen produktiv gemacht werden? Welche Potentiale haben neue kollektive Sprachschöpfungen?
1 / א (NACH) JALTA
Sich verteidigen. Über Elsa Dorlins Buch Se défendre Barbara Schäuble
Vom Ursprung der Welt. Zum Übersetzungsprozess von Liv Strömquists Comic Kunskapens Frukt in den Ursprung der Welt Katharina Erben
2 / ב ÜBERSETZBARKEIT
Sergüzeşt. Das, was jemandem passiert. Meltem Kulaçatan
gedicht gedicht gedicht ist mein körper Natalie Neumaier
Dritte Orte. Warum Jüdische Museen umstritten und relevanter denn je sind Mirjam Wenzel
Drei Gedichte Mati Shemoelof
Vom Misrachipoet zum juden dichtar. Mati Shemoelof setzt über Jan Kühne
Auch in Berlin sind wir nicht allein Yossi Bartal
Zur Gegenwärtigkeit, Übersetzbarkeit und Literarizität des Überlebens im Werk von Aharon Appelfeld
Doreen Röseler Besser spät als nie. Die Mühlen der staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachung seit 1949
Nicholas Courtman On Stops and Continuants
Majla Zeneli „Man muss miteinander reden, auch wenn die Sätze verletzen können“. Interview mit Sawsan Chebli geführt von Marina Chernivsky
3 / ג JUDEN UND ...
Die Alibi-Juden der AfD Gideon Botsch
ד / 4 VERGESSEN, ÜBERSEHEN, VERDRÄNGT, AUFGEFALLEN
Die „antisemitische Welle“ im Winter 1959/1960 Michael Becker
5 / ה STREITBARES
„Wir müssen innerhalb unserer jüdischen Strukturen Bedingungen schaffen, die es überhaupt erst möglich machen, über Missbrauchsfälle zu berichten.“ Interview mit Daniel Kempin geführt von Hannah Peaceman
Jüdisch-Muslimische Kulturtage Heidelberg – oder die Frage, wie wir Gesellschaft zusammen gestalten wollen Susanne Mohn / Nasrin Farkhari / Yasemin Soylu / Caroline Thiemann / Danijel Cubelic
Opfer Erinnerungskultur Johannes Spohr
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