Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 72 (2024), 1

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 72 (2024), 1

Erschienen
München 2024: De Gruyter Oldenbourg
Preis
Jahresabo: € 59,80; Stud.abo: € 34,80; Mitgl.abo. hist. u. pol. Fachverbände: € 49,80; Online-Zugang: € 49,00; Print+Online-Abo: € 72,00

 

Kontakt

Institution
Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Abteilung
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
PLZ
80636
Ort
München
Straße
Leonrodstraße 46 B
Von
Florian Hoppe, Geisteswissenschaften, De Gruyter Oldenbourg

Das neue Heft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist erschienen, wir wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Thorsten Loch, Zwischen Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Kasernennamen in der Bundesrepublik Deutschland
Ausgehend von der Entwicklung im 19. Jahrhundert wendet sich der Autor dem Phänomen der Benennung von Kasernen zu. Erst im ideologischen Zeitalter des 20. Jahrhunderts erhielten sie die Namen von Personen, Orten oder Gemarkungen. In der Bundesrepublik Deutschland war die Benennung von Kasernen immer auch eine Auseinandersetzung um die Erinnerungskultur in der Bundeswehr. Kritiker störten sich vor allem an den nach Wehrmachtsoffizieren benannten Kasernen, schienen sie doch für innenpolitisch motivierte Kontinuität und vordemokratische Gesinnung zu stehen. Vor dem Hintergrund dieser in der Öffentlichkeit wie in der Zeitgeschichtsschreibung bis heute virulenten Debatte spannt der Aufsatz einen Bogen vom 19. Jahrhundert bis in das Jahr 1995 und zeigt erstmals, dass Kasernenbenennungen auch im Zusammenhang mit staatspolitischen Zielsetzungen der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen sind.

Thorsten Loch, Between the Culture of Memory and Politics of History. Naming Military Barracks in the Federal Republic of Germany
Starting from developments during the 19th century, the author turns to the phenomenon of naming military barracks. It was only during the ideological age of the 20th century that they received the names of persons, places or regions. In the Federal Republic of Germany, the naming of barracks was always connected to debates about the culture of memory in the Bundeswehr. Critics mostly disagreed with military bases named after Wehrmacht officers, as these seem to stand for continuities motivated by domestic policy concerns and a pre-democratic ethos. Against the background of this still virulent debate in the general public as well as in contemporary historiography, the article covers the period from the 19th century to 1995 and shows for the first time that the naming of barracks also needs to be seen within the context of the state politics of the Federal Republic of Germany.

Federico Goddi, Die italienische Besatzungsherrschaft in Montenegro 1941 bis 1943
Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Beziehungen zwischen dem italienischen Besatzungssystem und der montenegrinischen Gesellschaft während des Zweiten Weltkriegs zu rekonstruieren. Der italienische Faschismus priorisierte praxisorientierte Maßnahmen, die vor allem darauf abzielten, eine Neue Ordnung im Mittelmeerraum zu errichten. Exemplarische Einblicke in dieses repressive System liefert die Geschichte der italienischen Divisionen „Venezia“ und „Pusteria“. Die von diesen Großverbänden angewandten Strategien illustrieren den allgegenwärtigen Konflikt im italienischen Machtapparat. Daher untersucht Federico Goddi verschiedene Aspekte des Alltagslebens während der Besatzung und beleuchtet diese auch im Kontext der militärischen Repression und der ökonomischen Ausbeutung.

Federico Goddi, The Italian Occupation in Montenegro, 1941 to 1943
The aim of this article is to reconstruct the relationship between the Italian occupation system and Montenegrin society during the Second World War. Italian Fascism prioritized practical measures aimed above all else at establishing a new Mediterranean order. The military units that can best help to gain insight into the repressive system are the Italian “Venezia” and “Pusteria” divisions. The strategies employed by these large military units illustrate the pervasive nature of conflict within the Italian power structure. Consequently, Federico Goddi delves into various aspects of everyday life during the occupation, examining them also in the context of military repression and economic exploitation.

Sabine Mecking, Lernende Polizei? Protest Policing und Anti-Atomkraftbewegung in der Bundesrepublik Deutschland
Die Anti-Atomkraftbewegung gehörte zu den wichtigsten Protestbewegungen in der Bundesrepublik, sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus polizeilicher Sicht. Obgleich die Neuen Sozialen Bewegungen im 20. Jahrhundert bereits intensiv erörtert wurden, sind dennoch Fragen zu den Interaktionen zwischen Protestierenden und Polizei sowie überhaupt zu den polizeilichen Reaktionen auf das gesellschaftliche Aufbegehren und den zum Teil damit einhergehenden Ausschreitungen offen. Die jüngere Gewaltsoziologie geht davon aus, dass der konkreten Situation eine hohe Relevanz zukommt. Entsprechend lenkt Sabine Mecking den Blick auf den spezifischen Protestraum und die Akteurinnen und Akteure vor Ort an den Bauplätzen der nuklearen Anlagen. Die vergleichende Analyse des polizeilichen Protestmanagements bei den Großdemonstrationen der Anti-Atomkraftbewegung in den 1970er und 1980er Jahren ist ein Beitrag zur Protest-, Gewalt- und Demokratiegeschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Sabine Mecking, A Learning Police Force? Protest Policing and the Anti-Nuclear Movement in the Federal Republic of Germany
The anti-nuclear movement was one of the most important protest movements in West Germany, both from a social as well as a policing point of view. Even though the New Social Movements of the 20th century have already been discussed intensively, there are still open questions, especially regarding the interactions between protesters and the police as well as police reactions to social upheaval and the sometimes accompanying riots. Recent studies in the sociology of violence proceed from the assumption that concrete situations have a high degree of relevancy. Thus Sabine Mecking takes a closer look at the specific protest space and the actors present at the construction sites of nuclear facilities. This comparative analysis of police protest management at the large-scale demonstrations of the anti-nuclear movement during the 1970s and 1980s is a contribution to the histories of protest, violence and democracy of the Federal Republic of Germany.

Eva Oberloskamp, Schadet Umweltpolitik der Wirtschaft? Die Umweltklausur auf Schloss Gymnich 1975 und frühe Ideen einer ökologischen Modernisierung in der Bundesrepublik Deutschland
1975 versammelte Bundeskanzler Helmut Schmidt Vertreter der Wirtschaft, der Bundesregierung und der Ministerialbürokratie zu einer Umweltklausur auf Schloss Gymnich. Fünf Jahre nach dem Start eines ambitionierten umweltpolitischen Reformprogramms sollte auf dem Höhepunkt der Ölpreiskrise diskutiert werden, inwieweit die Umweltpolitik der Wirtschaft schade. Der Aufsatz deutet das Treffen als Kristallisationspunkt der umweltpolitischen Debatte in der Bundesrepublik. Die Vorstellung eines positiven Zusammenhangs von Umweltschutz und Konjunktur wurde hier prominent formuliert und in den politischen Diskurs eingebracht. Auf dieser Grundlage konnte sich in der Folge das wirkungsmächtige Konzept einer ökologischen Modernisierung etablieren.

Eva Oberloskamp, Does Environmental Policy Damage the Economy? The Environmental Retreat at Castle Gymnich in 1975 and Early Ideas of Ecological Modernization in the Federal Republic of Germany
In 1975 Federal Chancellor Helmut Schmidt assembled representatives of the economy, the Federal Government and the ministerial bureaucracy for an environmental retreat at Castle Gymnich. Five years after the start of an ambitious environmental reform program, at the climax of the 1970s Energy Crisis, the aim was to discuss whether environmental policy was damaging to the economy. The article interprets the meeting as a focal point of debates on environmental policy in the Federal Republic. The concept of a positive correlation between protecting the environment and economic growth was prominently formulated here and subsequently introduced into the political discourse. On this basis, a highly influential concept of ecological modernization was established.

Dokumentation

Moritz Fischer/Thomas Schlemmer, Wider das Establishment. Die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt zwischen Apologie und Wissenschaft – aus den Akten des Instituts für Zeitgeschichte und des Bundesarchivs
Die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) ist weitgehend vergessen, auch wenn ihr nach wie vor die Rolle einer wichtigen Stichwortgeberin auf dem Feld des apologetischen Geschichtsrevisionismus zukommt. 1981 unter Federführung von Alfred Schickel und Hellmut Diwald gegründet, verstand sich die ZFI als Gegenentwurf zum Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ), das als Bastion einer angeblich politisch motivierten Historiografie einer von den Schatten der NS-Vergangenheit unbelasteten deutschen Identität im Weg stand. Moritz Fischer und Thomas Schlemmer geben auf der Basis neu erschlossener Quellen Einblick in das Innenleben der ZFI, sie zeichnen ihre Konflikte mit etablierten Institutionen wie dem IfZ oder dem Bundesarchiv nach, und sie erklären, warum die ZFI in den 1980er Jahren zu einem auch öffentlich beachteten Eckpfeiler im „Brückenspektrum zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus“ (Armin Pfahl-Traughber) avancieren konnte.

Moritz Fischer/Thomas Schlemmer, Against the Establishment. The Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt between Apologia and Research – from the Files of the Leibniz Institute for Contemporary History and the Federal Archives
The Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (Contemporary History Research Center Ingolstadt, ZFI) is mostly forgotten, even though it continues to serve as an important trendsetter in the field of apologetic historical revisionism. Founded in 1981 under the lead of Alfred Schickel and Hellmut Diwald, the ZFI understood itself as the counter-project to the Institute for Contemporary History Munich (IfZ), which as a bastion of supposedly politically motivated historiography stood in the way of a German identity unencumbered by the shadows of the Nazi past. On the basis of sources analyzed for the first time, Moritz Fischer and Thomas Schlemmer provide insights into the inner workings of the ZFI, trace its conflicts with established institutions like the IfZ or the Bundesarchiv (Federal Archives) and explain why the ZFI could even become a cornerstone of the “spectrum bridging conservatism and right-wing extremism” (Armin Pfahl-Traughber) during the 1980s.

Notiz
18. Aldersbacher Schreib-Praxis
Ein anwendungsorientiertes Seminar des Instituts für Zeitgeschichte und des Verlags De Gruyter Oldenbourg (22. bis 26. Juli 2024)

VfZ-Online
Neu: Ein weiteres Interview in der Rubrik „VfZ Hören und Sehen“ und ein Nachtrag zur Überlieferungsgeschichte der Aufzeichnungen von Viktor Lutze in der April-Ausgabe 2023

Rezensionen online

Abstracts

Autorinnen und Autoren

Hinweise

Weitere Hefte ⇓
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger