Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 61 (2013), 4

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 61 (2013), 4
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2013: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 69,80€, Stud.abo: 39,80€ Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 54,80€, Online-Zugang: 66€, Print+Online-Abo 69,80€

 

Kontakt

Institution
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München, vfz@ifz-muenchen.de
Von
Hoppe, Florian

Heft 61.4 der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist erschienen! Wir wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

Aufsätze

Wilfried Loth,
Helmut Kohl und die Währungsunion

Die Schaffung der europäischen Währungsunion war einer der wichtigsten Erfolge von Helmut Kohls Kanzlerschaft. Der Artikel zeigt, wie der Bundeskanzler den Verhandlungsprozess der Währungsunion zwischen französischem Druck und deutscher Zurückhaltung managte. Die Franzosen hatten verschiedene Gründe, auf eine solche Union zu drängen: erstens sahen sie darin ein notwendiges Element einer europäischen Wachstumspolitik; zweitens suchten sie Unabhängigkeit von den erratischen Kursschwankungen des Dollars und der amerikanischen Zinspolitik zu erreichen; drittens wollten sie die hegemoniale Stellung der deutschen Bundesbank brechen. Der deutsche Widerstand ergab sich aus der langfristigen Angst vor einer „Inflationsunion“ und aus dem institutionellen Eigeninteresse der Bundesbank, deren Direktoren keinen Grund sahen, ihre bequeme Position aufzugeben. Als sich das Ende der DDR abzeichnete, interpretierte Mitterand diese Zurückhaltung als das Ende des deutschen Engagements im europäischen Projekt. Es war genau dieses Missverständnis, welches Kohl dazu veranlasste, nachzugeben und feste Termine für die Realisierung der Währungsunion zu akzeptieren, ohne dass alle Bedingungen, die die Bundesbank gefordert hatte, bereits erfüllt waren. Auf diese Weise rettete er den europäischen Einigungsprozess vor Gefährdungen durch die deutsche Einheit und ließ ihn fortschreiten.

Wilfried Loth,
Helmut Kohl and Monetary Union

The creation of the European Monetary Union was one of the major achievements of the chancellorship of Helmut Kohl. The article shows how Chancellor Kohl managed the process of establishing the monetary union between French pressure and German reluctance. The French had several reasons to urge to such a union: first, they saw it as a necessary element of a policy of economic growth on the European level; second, they strove for independence from the erratic movements of the dollar and the U.S. policy of interest; third, they aimed at destroying the hegemonic position of the German Bundesbank. German resistance resulted from the long-term fear of an “inflation union” and the institutional self-interest of the Bundesbank whose directors saw no reason to abandon their comfortable position. When the end of the GDR came into sight, Mitterrand interpreted this reluctance as the end of the German engagement in the European project. It was exactly this misunderstanding which conduced Kohl to give in and to accept fixed dates for the realization of the monetary union without prior agreement on all conditions the Bundesbank had asked for. In this way, he succeeded in saving the European unification process from endangerment by German unification and advancing that process further.
S. 455–480

Lothar Machtan,
Autobiografie als geschichtspolitische Waffe. Die Memoiren des letzten kaiserlichen Kanzlers Max von Badens

Die kurze Kanzlerschaft Max von Badens im Herbst 1918 sollte sich nicht allein dadurch als geschichtsmächtig erweisen, dass sie das deutsche Kaiserreich abwickelte und zur Beendigung des Ersten Weltkriegs führte. Der letzte Kanzler des Kaisers geriet auch ohne Amt auf das Schlachtfeld des ideologischen Bürgerkriegs, der die Weimarer Republik nicht zuletzt auf dem Felde der Geschichtspolitik erschütterte. Mit seinen 1927 publizierten Memoiren versuchte er, in den Erinnerungskampf selbst steuernd einzugreifen und eine dritte Lesart seiner umstrittenen Regierungspolitik der letzten Tage des Kaiserreichs in die Öffentlichkeit zu lancieren. Sie können als prototypisch für den konjekturalen Charakter von Politiker-Memoiren angesprochen werden, analytisch sind sie als Versuche der Rezeptionssteuerung von Politik zu deuten. Durch die 1968 von Golo Mann im Auftrag von Max‘ spin doctor und Ghostwriter Kurt Hahn besorgte Neuedition geschah dies sogar über die Epochenzäsuren hinweg ein zweites Mal in der Bonner Republik. Die Geschichte dieser Neuedition zeigt jedoch auch die Grenzen einer derartigen Selbstmythografie – und, dass sie durch kritische Geschichtswissenschaft gezogen werden können.

Lothar Machtan,
The Autobiography as a Historical-Political Weapon. The Memoirs of the Last German Imperial Chancellor Max von Baden

The short chancellorship of Max von Baden in autumn 1918 would not only prove historic in its contribution to the end of the German Empire and the First World War: The last Chancellor of the Kaiser also ended up on the battlefield of the ideological civil war which shook the Weimar Republic not least regarding the politics of history. With the publication of his memoirs in 1927, he himself tried to steer the battle over memory and introduce a third reading of his disputed government policy during the last days of the Empire to the public. They can be seen as prototypical for the conjectural character of politicans’ memoirs; analytically they are to be interpreted as attempts to guide remembrance. Through the new edition in 1968, undertaken by Golo Mann by order of Max’ spin doctor and ghost-writer Kurt Hahn, this even happened for a second time during the Bonn Republic, reaching over the epochal caesuras. The history of this new edition however reveals the limits of such a form of self-mythography – and, that these limits can be declineated by critical historiography.
S. 481–512

Georg J. Dufner,
Chile als Partner, Exempel und Prüfstein. Deutsch-deutsche Außenpolitik und Systemkonkurrenz in Lateinamerika

Der Putsch in Chile am 11. September 1973 steht bis heute sinnbildlich für das Grauen südamerikanischer Militärdiktaturen. Die starke mediale Präsenz von Verfolgung, Exil und Menschenrechtsverbrechen zwang beide deutschen Staaten zur öffentlichen Positionsnahme, sowohl gegenüber der internationalen Öffentlichkeit als auch gegenüber der eigenen Bevölkerung. Der unterschiedliche Umgang mit dem brisanten Prüfstein der Pinochet-Diktatur verdeckt jedoch häufig die langen und intensiven Nachkriegsbeziehungen, die Bundesrepublik und DDR zu dem südamerikanischen Staat bereits während der 1960er Jahre pflegten. Der Andenstaat als Entwicklungshoffnung und politischer Partner spielte für Bonn wie Ost-Berlin eine auf dem Subkontinent herausragende Rolle und wurde daher zum umkämpften Schauplatz des deutsch-deutschen Systemkonflikts. Die hochgradig dynamische politische Zeitgeschichte Chiles und seine internationale Emanzipation erforderte dabei die ständige Anpassung der Ziele und Mittel in Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik, was uns tiefe Einblicke in die zeitgenössische gegenseitige Wahrnehmung ermöglicht. In diesem Artikel wird versucht zu beleuchten, welche Bedeutung diese Beziehungen für die drei beteiligten Staaten einnahmen, welches ihre Folgen waren und wie diese zu bewerten sind.

Georg J. Dufner,
Chile as Partner, Example and Touchstone. West and East German Foreign Policy and Ideological Competition in Latin America

Today the coup in Chile on 11 September 1973 is considered a symbol for the horror of South American military dictatorships. The strong presence in the media of persecution, exile and crimes against humanity forced both German states to publicly position themselves, both to the international community as well as to their own population. The dissimilar treatment of the explosive touchstone of the Pinochet dictatorship however often covers up the long and intensive post-war relations, which both West and East Germany enjoyed with the South American state during the 1960s. The Andean country played a leading role on the subcontinent for both Bonn and East Berlin as a promising developing country and political partner, thus becoming a disputed stage for the ideological intra-German conflict. In this process, the highly dynamic political contemporary history of Chile and its international emancipation demanded continuous adaptation of the means and goals of foreign, economic and developmental policy, which provides us with deep insights into the mutual perceptions at the time. The present article will attempt to illuminate which importance these relations had for the three involved states, what the results were and how these have to be assessed.
S. 513–550

Diskussion

Hans Woller und Jürgen Zarusky,
Der „Fall Theodor Eschenburg“ und das Institut für Zeitgeschichte. Offene Fragen und neue Perspektiven

Die Verteidigung Theodor Eschenburgs gegen seine Kritiker, die Udo Wengst im Juli-Heft der VfZ veröffentlicht hat, überzeugt Hans Woller und Jürgen Zarusky nicht. Allzu oft blendet sie Fragwürdiges einfach aus. Die Befunde über Eschenburgs Liebäugeln mit der radikalen Rechten in der Weimarer Republik, seine Rolle im „Arisierungs“-Fall Fischbein, seine zum Teil reichlich apologetischen „Rückblicke auf das Dritte Reich“ und seinen leichtfertigen Umgang mit dem Diktaturbegriff sind zu gewichtig, als dass man es bei der „wohlwollenden Petrifizierung“ des alten Eschenburg-Bildes belassen könnte. Für die Vierteljahrshefte, deren langjähriger Gründungsherausgeber Eschenburg zusammen mit Hans Rothfels gewesen war, geht es dabei ebenso wie für das Institut für Zeitgeschichte insgesamt auch um bedeutsame Fragen der eigenen Geschichte. Für eine aktive und kritische Auseinandersetzung mit dieser ist es höchste Zeit – so das Plädoyer der Autoren.

Hans Woller/Jürgen Zarusky,
The “Theodor Eschenburg Case” and the Institute of Contemporary History. Open Questions and New Perspectives

The defence of Theodor Eschenburg against his critics published by Udo Wengst in the July issue of the VfZ does not convince Hans Woller and Jürgen Zarusky. Too often it simply leaves out questionable matters. The findings on Eschenburg's flirt with the radical right during the Weimar Republic, his role in the Fischbein “Aryanisation” case, his sometimes extremely apologetic looking back at the Third Reich and his careless use of the term dictatorship are too grave to leave it at a “well-meaning petrification” of the old assessment of Eschenburg. For the Vierteljahrshefte, of which Eschenburg served as the founding editor for many years together with Hans Rothfels, as well as for the Institute of Contemporary History as a whole, this is about significant questions of their own histories. The authors contend that it is high time to engage in an active and critical debate.
S. 551–566

Notiz

Albert A. Feiber
Nützliche Nähe zu Hitler. Das Ehepaar Max und Maria Wutz im Netzwerk „Alter Kämpfer“ – Ein Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte.
S. 567–582

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