Kaum eine Kunstrichtung scheint aufgrund ihrer gewaltverherrlichenden Rhetorik und den zahlreichen Männerzirkeln so stark männlich dominiert zu sein wie der Expressionismus. Dennoch treten gerade in der Zeit des Expressionismus nicht wenige Frauen hervor, denen nun erstmals der Weg einer offiziellen Karriere als Künstlerin offensteht und deren Beitrag zur Strömung eigens diskutiert werden muss. Das vierte Heft von Expressionismus fragt deshalb einerseits nach der Existenz eines spezifisch weiblichen Expressionismus und dessen Verhältnis zum ‚klassisch‘ männlich definierten Expressionismus-Begriff. Andererseits beleuchtet es exemplarisch die konkreten Chancen und Grenzen künstlerischen Wirkens von Frauen im frühen 20. Jahrhundert in Literatur, Film, Bildender Kunst und Architektur. Die übergreifenden Beiträge thematisieren die Selbstporträts expressionistischer Künstlerinnen sowie die Rolle von Frauen im Krieg; sie stellen dem Vater/Sohn-Konflikt die Frage nach dem Verhältnis zwischen Mutter und Tochter an die Seite. Gesonderte Studien sind dem Wirken südafrikanischer Künstlerinnen in Berlin sowie Käthe Kollwitz, Lotte Reiniger, Tina Haim-Wentscher und Margaret Staal-Kropholler gewidmet. Mit Beiträgen von Martina Dlugaiczyk, Matthias C. Hänselmann, Ricarda Hirte, Rixt Hoekstra, Lisa Hörstmann, Frank Krause, Marina Linares, Rolf Löchel und Jens-Henning Ullner.
Inhalt
Editorial
Weibliche Perspektiven auf ‚männliche‘ Themen
Frank Krause ‚Weib‘ und ‚Geist‘ im Großen Krieg: Pazifismus und Geschlecht im Expressionismus
Rolf Löchel Fatal ist die Liebe der Mutter, letal die Sehnsucht der Tochter. Mütter und der Generationenkonflikt in literarischer Prosa von Expressionistinnen
Weiblicher Expressionismus im Film
Ricarda Hirte Der Golem wie er in die Welt kam von Paul Wegener und die Verkörperung des Weiblichen in der Figur Miriams, interpretiert von Lyda Salmonova
Matthias C. Hänselmann „Ich bin nicht modern“ – Lotte Reiniger und der expressionistische Film
Expressionistinnen in der bildenden Kunst
Jens-Henning Ullner
„Die letzte Woche habe ich gelebt wie im Rausche“. Selbstporträts expressionistischer Künstlerinnen
Lisa Hörstmann Südafrikanische Expressionistinnen in Berlin: Irma Stern (1894–1966) und Maggie Laubser (1886–1973)
Martina Dlugaiczyk Von non-finito Skulpturen bis Dioramen. Der Mensch und seine Existenz im Werk von Tina Haim-Wentscher
Marina Linares Käthe Kollwitz. Eine Ästhetik im Spannungsfeld zwischen privatem (Er-)Leben und politischer Agitation
Weibliche Wirkungsmöglichkeiten in der Architektur
Rixt Hoekstra Margaret Staal-Kropholler, eine weibliche Ausnahmeerscheinung in der niederländischen expressionistischen Architektur
RezensionenAbbildungsverzeichnisCall for Papers: Wahnsinn