1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 12 (1997), 4

Titel der Ausgabe 
1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 12 (1997), 4
Weiterer Titel 

Erschienen
Köln 1997: Peter Lang/Bern
Erscheint 
erscheint viermal jaehrlich
Preis
kann im Abonnent zum Preis von DM 15,00 pro Heft (Einzelheft DM 18,00) bezogen werden

 

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Institution
1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts
Land
Deutschland
c/o
Sozial.Geschichte Online / Social History Online Stiftung für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts Fritz-Gansberg-Str. 14 28213 Bremen Germany Tel.: (0421) 218-91 25 Fax: (0421) 218-94 96
Von
Mulot, Tobias

Inhaltsverzeichnis

INHALT

KOMMENTAR
Marcel van der Linden: Eine Internationale der Labour Historians 7

FORSCHUNG
Marianne Bechhaus-Gerst: Afrikaner in Deutschland 1933-1945 10 Dirk Schubert: Stadtsanierung zwischen Modernisierung und Disziplinierung in Hamburg 32 •Thomas Schiller: Lagerzeitungen fuer Fremdarbeiter. NS-Propaganda fuer den "Arbeitseinsatz" 1939-1945 58

ARCHIVBERICHT
Patricia Kennedy Grimsted: The Odyssey of the Smolensk Archive. Plundered Communist Records, Part I 71

BUCHBESPRECHUNG
Bernd Stoever (Hg.): Berichte ueber die Lage in Deutschland. Die Lagemeldungen der Gruppe Neu Beginnen aus dem Dritten Reich 1933-1936, besprochen von Rainer Behring 98 Thomas Fuchs: Macht Euch die Stadt zum Bilde! Ueber die Modernisierung des laendlichen Raumes, besprochen von Bernd Huettner 100 Dierk Hoffmann Sozialpolitische Neuordnung in der SBZ/DDR. Der Umbau der Sozialversicherung 1945-1956, besprochen von Joerg Roesler 102 Bernd Weisbrod (Hg.): Rechtsradikalismus in der politischen Kultur der Nachkriegszeit. Die verzoegerte Normalisierung in Niedersachsen, besprochen von Jost Duelffer 104 Hermann Joseph Hiery: Das Deutsche Reich in der Suedsee (1900-1921). Eine Annaeherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen, besprochen von Andreas Eckert 105 Hans-Christian Harten: De-Kulturation und Germanisierung. Die nationalsozialistische Rassen- und Erziehungspolitik in Polen 1939-1945, besprochen von Werner Roehr 107 Rainer Karlsch/Harm Schroeter (Hg.): "Strahlende Vergangenheit" - Studien zur Geschichte des Uranbergbaus der Wismut, besprochen von Joerg Roesler 109 Marco d'Eramo: Das Schwein und der Wolkenkratzer - Chicago: Eine Geschichte unserer Zukunft, besprochen von Heinrich Senfft 111 Susanne Heim/Ulrike Schaz: Berechnung und Verschwoerung. Ueberbevoelkerung - Kritik einer Debatte, besprochen von Eberhard Jungfer 114 Peter Weingart: Doppelleben. Ludwig Ferdinand Clauss zwischen Rassenforschung und Widerstand, besprochen von Benno Mueller-Hill 118 Richard J. Evans :Rituals of Retribution. Capital Punishment in Germany, 1600-1987, besprochen von Juergen Martschukat 121

ENTGEGNUNG
Richard J. Evans: Reply to Juergen Martschukat 124

NOTIZEN AUS DER WISSENSCHAFTSPOLITIK
Vergabe des ersten Rene-Kuczynski-Preises an den Goettinger Historiker Hans Medick 131 Eine Internationale der Labour Historians 132

WERKSTATT
Bernd Huettner: Das "Archiv der sozialen Bewegungen", Hamburg 133

GRATULATION
Heinrich Senfft Hans Deichmann zum 90. Geburtstag 134

SUMMARIES

Marianne Bechhaus-Gerst: Afrikaner in Deutschland 1933-1945

Waehrend der Nazi-Zeit wurde keine einheitliche Politik gegenueber Menschen afrikanischer Abstammung formuliert. Zwar wurden zahlreiche Afrikaner aus den englischen und franzoesischen Kolonien unmittelbar nach der Machtuebernahme ausgewiesen, doch war die offizielle Haltung gegenueber Afrikanern aus den ehemaligen deutschen Kolonien mit ihren Familien bis zu Beginn der vierziger Jahre durch ein Abwaegen rassenpolitischer Grundsaetze und kolonialpolitischer Interessen gepraegt. Auf der einen Seite war man bemueht, die Afrikaner und ihre Angehoerigen aus dem oeffentlichen Leben zu entfernen, auf der anderen Seite sah man sich gezwungen, diesen Menschen eine Moeglichkeit zum Lebensunterhalt zu bieten, da man ansonsten negative Auswirkungen auf die wiederzugewinnenden Kolonien befuerchtete. Fuer die Betroffenen bedeutete dies, dass sie sich in einem rechtlichen Vakuum bewegen mussten, in dem es keine Garantien fuer ihr Ueberleben gab.

During the Nazi period no consistent policy towards people of African descent was formulated. Although numerous Africans from the English and French colonies were expelled immediately after the National Socialist seizure of power, the official attitude to Africans from the former German colonies and their families was characterized, until the early 1940s, by a balance of basic principles of racial policy and colonial political interests. On the one hand efforts were made to remove the Africans and their dependents from public life and to control their movements as far as possible; on the other hand it was felt necessary to offer them some opportunity to earn a living since it was feared that a failure to do so might have negative effects on the state's drive to regain its former colonies. Those directly affected by this policy found themselves living in a legal vacuum in which there was no guarantee of survival.

Dirk Schubert: Stadtsanierung zwischen Modernisierung und Disziplinierung in Hamburg

Progressive wie konservative Reformer haben immer widerspruechliche Mischungen aus emanzipatorischen, reaktionaeren, grossstadtfeindlichen und disziplinierenden Ideen mit der Wohnungspolitik verbunden. In dem Artikel werden am Beispiel der Stadterneuerung Brueche und Kontinuitaeten der Leitideen, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Sanierungspolitik praegten, nachgezeichnet. Bei diesen Vorhaben ging es um die jeweilige Reorganisation staedtischer Teilraeume und um die Modernisierung von Stadtstrukturen und Lebensverhaeltnissen. Sozialpolitische Urteile und Vorurteile dienten dabei haeufig zur Legitimation. Am Beispiel Hamburgs - das in Deutschland fuer die Stadterneuerung eine Vorreiterrolle einnimmt - werden Anlaesse, Ziele, Verfahren und Ergebnisse der Sanierung und ihre Folgen fuer die Bevoelkerung skizziert.

Both progressive and conservative reformers have always associated housing policy with a contradictory mish-mash of emancipatory, reactionary, anti-urban and disciplinary ideas. This article utilizes examples drawn from urban renewal to illustrate the breaks and continuities in the guiding principles which have influenced redevelopment policies since the mid-nineteenth century. It deals with the reorganization of districts of urban areas and the modernization of urban patterns and living conditions. Socio-political judgements and prejudices were accentuated to varying degrees to give legitimation to these undertakings. On the example of Hamburg, which assumed a pioneering role in urban renewal in Germany, the grounds, goals, procedures and results of the urben renewal programmes and their impact on the inhabitants are examined.

Thomas Schiller: Lagerzeitungen fuer Fremdarbeiter. Die NS-Propaganda fuer den "Arbeitseinsatz" 1939-1945

Selbst die Millionen von Fremdarbeitern, die im Zweiten Weltkrieg zur Arbeit in der deutschen Kriegswirtschaft gezwungen wurden, waren eine Zielgruppe fuer die nationalsozialistische Propaganda. Bis zum Kriegsende wurden zwei Dutzend fremdsprachige Zeitungstitel herausgegeben, die meist woechentlich erschienen und eine Gesamtauflage von mehreren Millionen erreichten. Produziert wurden diese sogenannten Lagerzeitungen von einer Tarnfirma des Reichsministeriums fuer Volksaufklaerung und Propaganda mit Hilfe auslaendischer Kollaborateure. Diese Form von Propaganda wurde fuer den NS-Apparat zum Kriegsende hin immer wichtiger, weil mit Zwang allein aus den Auslaendern die in der Ruestungsindustrie benoetigte Arbeitskraft nicht herauszupressen war. Der Erfolg dieses mit grossem Aufwand betriebenen Projektes ist jedoch fraglich: Wichtiger als alle Ideologie waren fuer die im taeglichen Ueberlebenkampf stehenden Arbeiter die Frontberichte ueber die Niederlagen der Wehrmacht und die Hoffnung auf Heimkehr.

Even the millions of foreign labourers who were forced to work for the German war economy during the Second World War were a target group for National Socialist propaganda. Up to the end of the war more than two dozen foreign language newspapers were published, most of them weeklies and with circulation figures in the millions. These so called Lagerzeitungen (camp newspapers) were produced by a "front"-firm of the Reichsministerium fuer Volksaufklaerung und Propaganda with the help of foreign collaborators. Towards the end of the war this form of propaganda became increasingly important to the National Socialist machinery because by force alone it was not possible to wring the work-effort needed by the armaments industry out of the foreign workers. The success of this extravagant project is, however, questionable: for the workers, in the daily struggle for survival, the reports from the front of Wehrmacht defeats and the hope of being able to return home were far important than ideology.

Patricia Kennedy Grimsted: The Odyssey of the Smolensk Archive, Part I

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Pluenderung des Smolensker Parteiarchivs der KP Russlands bzw. KPdSU durch deutsche Sonderkommandos sind zentrale Teile des Bestandes noch immer nicht an ihren Ursprungsort zurueckgebracht worden. Auf Grundlage der nach dem Ende des Kalten Kriegs zugaenglich gewordenen Informationen ist es der Autorin gelungen, die Odyssee der Akten exakt nachzuzeichnen und den hohen Quellenwert herauszuarbeiten, den die erbeuteten Archivalien fuer die jeweils ueber sie verfuegenden Stellen hatten.

Nach dem deutschen UEberfall gelang es den sowjetischen Behoerden lediglich, Teile des Archivs in Sicherheit zu bringen. Deutsche Archivare aus dem Einsatzstab Rosenberg erkannten schnell den Wert, den eine Auswertung dieses einzigen fast komplett erbeuteten lokalen Parteiarchivs propagandistisch haben konnte. Bereits Anfang 1942 begann unter Leitung von Wolfgang Mommsen die Ueberfuehrung des Archivs nach Vilnius und spaeter in die Gengend um Ratibor, wo Anfang 1945 der groesste Teil der Akten von sowjetischen Truppen sichergestellt werden konnte. In Vilnius war zuvor die Sichtung und Ordnung der Akten weitgehend durchgefuehrt worden. Zur geplanten politischen Nutzung der Auswertung kam es nicht mehr, zentrale Bestandteile des Archivs wurden allerdings noch ins Reichsgebiet gebracht, wo sie von US-amerikanischen Truppen aufgefunden wurden.

More than half a century after the sack of the Smolensk Archive of the Communist Party of Russia/the Communist Party of the Soviet Union by German special units, there are still central parts of the archives which have still not been returned to their place of origin. On the basis of information which became available as a result of the end of the Cold War, the author has been able to trace precisely the odyssey of the documents and to demonstrate the consistently high value which was placed on the looted archives by the bodies which at any particular time had them at their disposition.

After the German raid the Soviet authorities managed to take only parts of the archives to safety. German archivists from the Rosenberg operations group quickly recognized the propaganda benefits that were to be gained from an evaluation of this local party archive, which had been seized almost in its entirety. In early 1942 they began, under the direction of Wolfgang Mommsen, to transport the archive to Vilnius and then later to the area around Ratibor, where at the beginning of 1945 the majority of the documents were then regained by Soviet troops. Most of the archive had already been inspected and put into order in Vilnius. The planned political utilisation of the archive did not take place but central elements of the archive were taken into German territory, where they were then found by US troops.

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