Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 61 (2013), 2

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 61 (2013), 2
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2013: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 69,80€, Stud.abo: 39,80€ Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 54,80€, Online-Zugang: 66€, Print+Online-Abo 69,80€

 

Kontakt

Institution
Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Abteilung
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
PLZ
80636
Ort
München
Straße
Leonrodstraße 46 B
Von
Hoppe, Florian

Soeben ist die neue Ausgabe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte erschienen. Wie wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

Aufsätze

Paul Maddrell,
Im Fadenkreuz der Stasi: Westliche Spionage in der DDR. Die Akten der Hauptabteilung IX

Die Linie IX der Staatssicherheit der DDR hatte die Aufgabe, durch Verhöre verhafteter Spione Strafprozesse vorzubereiten. Durch ihre Hauptabteilung in Ostberlin berichtete sie von Oktober 1955 bis Oktober 1989 monatlich dem Minister für Staatssicherheit und zugleich dem KGB über die Ergebnisse dieser Verhöre. In diesem Aufsatz werden die im Lauf von 34 Jahren entstandenen Berichte analysiert. Der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass die darin enthaltenen Informationen zum größten Teil zuverlässig sind und dass die Linie IX sich große Mühe gegeben hat, den Nachweis für die Schuld der verhafteten Personen zu erbringen. Die Wahrnehmung dieser Spionagefälle wurde durch den Marxismus-Leninismus nicht verzerrt, weil Spionage keine politische Handlung ist; sie ist vielmehr nur eine Art von Diebstahl. Darüber hinaus sind für Spionagetätigkeit Kommunikationsmittel und andere Gerätschaften unentbehrlich. Die Linie IX war sich dessen bewusst und unternahm große Anstrengungen, in den Besitz von physischen Beweisen für Spionage zu kommen. Aufgrund ihrer Berichte ist es daher möglich, den Charakter westlicher Spionage in diesem Zeitraum zu analysieren und die Zahl der Spione einzuschätzen. Obwohl alle führenden westlichen Geheimdienste während des Kalten Krieges (und vor allem während dessen Frühphase) wichtige Spione in der DDR angeworben haben, waren die erfolgreichsten doch die der Vereinigten Staaten von Amerika. Spione lieferten politische, wirtschaftliche, naturwissenschaftliche und vor allem militärische Nachrichten. In dem ersten Jahren des Kalten Krieges gab es auch wichtige Quellen in hohen wirtschaftlichen Positionen der DDR. Die Berichte verlieren ab 1965 an Wert, weil der Linie IX ein geringerer Stellenwert bei der Spionageabwehr der Stasi zugemessen wurde.

Paul Maddrell,
In the Crosshairs of the Stasi: Western Espionage in the GDR. The Files of Department IX

Line IX of the East German Stasi had the job of interrogating arrested spies and preparing their trials. It reported via its central office to the Minister of State Security and the KGB on these interrogations every month from October 1955 to October 1989. This article analyses these thirty-four years’ worth of reports. It concludes that the reports are largely reliable and that Line IX took care to prove that an arrested person was guilty of spying. It argues that the Line’s understanding of these cases of spying was not distorted by Marxism-Leninism because spying is not a political activity; it is just a form of theft. Moreover, communications and other equipment are essential to spying; the Line realized this and made great efforts to obtain physical evidence of espionage. Using these records, it is possible to analyse the character of Western espionage throughout this period and to estimate the number of spies. Although all the main Western intelligence services recruited important spies in the GDR during the Cold War (and particularly the early part of it), the most successful were those of the United States. Spies provided political, economic, scientific and, above all, military intelligence. In the early Cold War, there were important sources in the GDR’s economic bureaucracy. The records become less valuable as of 1965, when Line IX assumed a less prominent role in the Stasi’s counter-intelligence operations.

Jürgen Kilian,
Wehrmacht, Partisanenkrieg und Rückzugsverbrechen an der nördlichen Ostfront im Herbst und Winter 1943

Über den Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten ist viel geschrieben worden, doch hat sich die Forschung dabei vor allem auf seine frühe Phase konzentriert. Weniger bekannt sind die Vorgehensweisen der Eroberer nach der Kriegswende von 1943. Welche Rolle spielten fortan die Grundsatzbefehle der obersten Führung? Wie gestalteten sich die Einflussmöglichkeiten der Ortskommandanten, die den Besatzungsapparat auf lokaler Ebene repräsentierten? Diese Fragen werden exemplarisch anhand des rückwärtigen Gebietes der 18. Armee untersucht. Zwar kam es dort zu keiner gezielten Dezimierung der Einwohnerschaft, trotzdem wird offenbar, dass deren Belangen stets nur ein geringer Stellenwert eingeräumt wurde. Die im Zuge der Vorbereitungen für den Rückzug der Heeresgruppe Nord durchgeführten Massendeportationen, Rekrutierungen zur Zwangsarbeit und exzessiven Raubzüge waren schließlich der Auslöser für eine beispiellose Eskalation des Krieges gegen die Partisanen. Die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes erreichte jetzt im Zuge der von Hitler verordneten „Strategie der verbrannten Erde“ ihren quantitativen Höhepunkt. Die Rote Armee fand daher ein verwüstetes und weitgehend entvölkertes Land vor.

Jürgen Kilian,
The Wehrmacht, Partisan Warfare and Crimes During the Retreat on the Northern Eastern Front in Autumn and Winter 1943

A lot has been written about the Wehrmacht’s war of annihilation in the east, however research has concentrated mostly on the early phase. Less known are the courses of action of the conquerors after the turnaround of the war in 1943. What role did the general orders of the supreme command play? How did the leeway of the local commanders, who represented the operational apparatus at the local level, shape things? These questions are examined via the example of the rear area of the 18th Army. Although no specific decimation of the inhabitants occurred there, nevertheless it becomes obvious that their needs were always only afforded a minor significance. In the course of the preparations for the retreat of Army Group North, mass deportations, recruitments to compulsory labour and excessive raids were finally the catalyst for the unprecedented escalation of the war against the partisans. The economic exploitation of the land now reached its quantitative culmination in the course of the “scorched earth” strategy prescribed by Hitler. The Red Army thus entered a devastated and mostly depopulated land.

Schemmert Christian/Daniel Siemens,
Journalist Training in Leipzig During the Ulbricht Era.

Immediately after its foundation, the University of Leipzig Faculty for Journalism developed into the central academic training centre for journalists in the GDR. However many aspects of its history have hardly been researched so far. To date, the faculty has mostly been described as a propaganda institute which trained by drill, with a squad of Stalinist hard-liners at its pinnacle who drummed the communist classics into the cadre of students. The present article, which concentrates on the early history of Leipzig journalism till the end of the 1960s, takes a different route: The authors advocate a double contextualisation which takes into account both the different degrees of leeway available to functionaries, lecturers and students within the walls of the faculty as well as considering their interdependency with other relevant institutions such as the Stasi and the Agitation and Propaganda departments of the Central Committee of the SED. In this way, the article analyses the genesis of the cognitive control system which contributed to the formation of the thought patterns and behaviour routines required in later daily editorial work. In accordance with the wishes of the SED to bring all communication in society under unified control, the primary goal of this form of education was the disciplining of the consciousness of future journalists.

Schemmert Christian/Daniel Siemens,
Die Leipziger Journalistenausbildung in der Ära Ulbricht.

Die Fakultät für Journalistik an der Universität Leipzig entwickelte sich unmittelbar nach ihrer Gründung zu dem zentralen akademischen Ausbildungszentrum für Journalisten in der DDR. Dennoch sind viele Aspekte ihrer Geschichte noch kaum erforscht. Die Fakultät wird bislang meist als kasernierte Ausbildungs- und Propagandaanstalt beschrieben, an deren Spitze eine Riege stalinistischer „Betonköpfe“ stand, die den „Kaderzöglingen“ die kommunistischen Klassiker eintrichterten. Der vorliegende Aufsatz, der sich auf die Frühgeschichte der Leipziger Journalistik bis Ende der 1960er Jahre konzentriert, geht einen anderen Weg: Die Autoren plädieren für eine doppelte Kontextualisierung, die sowohl die unterschiedlichen Handlungsspielräume von Funktionären, Dozenten und Studierenden innerhalb der Fakultätsmauern auslotet, als auch deren Wechselwirkung mit relevanten andere Institutionen wie der Staatssicherheit und der Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED berücksichtigt. Der Beitrag analysiert damit die Genese des kognitiven Regelsystems, das zur Formierung der im späteren Redaktionsalltag erforderlichen Denkschemata und Verhaltensroutinen beitrug. Entsprechend dem Willen der SED, die gesamte Kommunikation in der Gesellschaft auf eine Linie zu bringen, war die Disziplinierung des Bewusstseins der künftigen Journalisten das primäre Ausbildungsziel.

Markus Eikel,
Keine „Atempause“. Das Krisenmanagement der Bundesregierung und die Flugzeugentführung von Entebbe 1976.

Das Geiseldrama im ugandischen Entebbe im Juni/Juli 1976 ist vor allem durch die israelische Befreiungsaktion, die Operation Thunderbolt, in Erinnerung geblieben. Bemerkenswert ist indes aber auch, dass es sich bei diesem Entführungsfall um ein gemeinsames Kommandounternehmen westdeutscher und palästinensischer Terroristen handelte, mit dem Gefangene in Israel und der Bundesrepublik freigepresst werden sollten. Die Beteiligung von zwei Mitgliedern der „Revolutionären Zellen“ und die Forderung nach Freilassung von deutschen Terroristen der „Roten Armee Fraktion“ und der „Bewegung 2. Juni“ stellte die Bundesregierung vor eine weitere Herausforderung in ihrer Auseinandersetzung mit dem militanten deutschen Linksterrorismus. Auf Basis einer umfassenden Analyse von bundesdeutschen Regierungsdokumenten beschreibt Markus Eikel Handeln und Handlungsmöglichkeiten der Bundesregierung während des Entebbe-Geiseldramas. Insbesondere im Auswärtigen Amt wurde im Verlauf der Krise erwogen, die Position der Unnachgiebigkeit gegenüber terroristischen Forderungen zugunsten einer einheitlichen Haltung mit den Bündnispartnern Israel und Frankreich aufzugeben. Die israelische Befreiungsaktion bewahrte die Bundesregierung letztendlich davor, eine Entscheidung zwischen diesen Prinzipien treffen zu müssen.

Markus Eikel,
No Reprieve. The Crisis Management of the Federal Government and the 1976 Entebbe Hi-jacking.

The hostage drama in Entebbe/Uganda in June/July 1976 has mostly been remembered due to the Israeli rescue mission, Operation Thunderbolt. It is also notable, however, that this hi-jacking was a joint West German/Palestinian terrorist commando operation to force the release of prisoners in Israel and the Federal Republic. The participation of two members of the “Revolutionary Cells” and the demand for the release of German terrorists of the “Red Army Faction” and the “Movement 2 June” confronted the Federal Government with a further challenge in their conflict with militant German leftist terrorists. On the basis of a comprehensive analysis of Federal German governmental documents, Markus Eikel describes the actions of and alternatives available to the Federal Government during the Entebbe hostage drama. During the course of the crisis, especially in the German Foreign Office, it was taken into consideration to give up the generally intransigent stance towards the terrorists’ demands in order to achieve a unitary position with the Israeli and French alliance partners. The Israeli rescue operation saved the Federal Government from having to choose between these principles.

Notiz

Siebte Aldersbacher Schreib-Praxis. Ein anwendungsorientiertes Schreibseminar des Instituts für Zeitgeschichte und des Oldenbourg-Verlags (9. bis 13. September 2013)

The Seventh Aldersbach Practical Writing Seminar Organised by the Institute of Contemporary History and Oldenbourg Publishers (9 to 13 September 2013)

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