Internationale Politik 62 (2007), 6

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Internationale Politik 62 (2007), 6
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Wettlauf um Wohlstand

Erschienen
Frankfurt am Main 2007: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
419672150995606
Anzahl Seiten
160 Seiten
Preis
€ 9,95

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
INTERNATIONALE POLITIK

Wettlauf um Wohlstand
Rund um die jährlichen G-8-Gipfel stehen die ganz großen Menschheitsfragen im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Allen voran immer wieder die eine: Wie rotten wir Hunger und Armut aus? Wie ermöglichen wir jedem Menschen, nicht nur den vom Glück ihrer Geburt begünstigten Bewohnern der reichen Industrieländer, ein Leben in Würde, mit Arbeit, ohne Not? Hinzugekommen ist eine neue Frage: Wie bewältigen wir das – durch die Globalisierung angetriebene – rasante weltweite Anwachsen der Mittelschichten, ohne dabei das Klima unseres Planeten nachhaltig zu ruinieren? Die Erwartungen an die G-8, den informellen Club der mächtigsten Staaten, sind dabei regelmäßig hoch, die Gipfelbeschlüsse vielversprechend. Die Umsetzung lässt dann allerdings oft zu wünschen übrig. Mit der „Energiesicherheit“, Wladimir Putins zentralem Gipfelthema im vergangenen Jahr in St. Petersburg, ist es nicht weit her. Und die üppigen Hilfszusagen an Afrika im schottischen Gleneagles 2005 harren weiterhin ihrer Erfüllung: Die Rockmusiker Bono, Bob Geldof und Herbert Grönemeyer haben gerade darauf hingewiesen, dass von den dort versprochenen 25 Milliarden Dollar (bis 2010) bisher nur magere 2,8 Milliarden ausgezahlt worden sind. Auch Deutschland hinkt hinterher. Aber ist mehr Geld für Afrika die Lösung? Und ist die böse Globalisierung schuld daran, dass die Kluft zwischen Arm und Reich weltweit immer größer wird? Müssen wir uns auf künftige „Weltkriege um Wohlstand“ einstellen, weil die asiatische Konkurrenz uns unsere Arbeitsplätze raubt? Die Autorinnen und Autoren dieser IP zeichnen ein differenzierteres Bild. Paul Collier etwa, Ökonom aus Oxford, schlägt der G-8 ein klares Programm für Afrika vor: Neben Entwicklungshilfe sind eine aktive Handelspolitik, internationale Standards und externe Sicherheitsgewährleistung vonnöten, um die ärmste Milliarde der Menschheit zu retten. Deren Problem, so Collier, ist eben nicht die Globalisierung – sondern im Gegenteil gerade die zunehmende Abkopplung von ihr. Auch die Deutschen haben sich mit der Globalisierung inzwischen angefreundet: Laut IP-Umfrage sieht die Mehrheit (55 Prozent) darin heute eher eine Chance als eine Bedrohung.
SABINE ROSENBLADT | CHEFREDAKTEURIN

Inhaltsverzeichnis

Wettlauf um Wohlstand
8 Rainer Hank
Konkurrenz belebt
das Geschäft
Der Westen braucht offene,
nicht geschlossene Märkte
Die These liegt im Trend: Im Wettlauf um Wohlstand werden
Amerika und Europa von Asien abgehängt, bedrohen Freihandel und Globalisierung
die Arbeitsplätze der Mittelschicht. Doch wer mit dem Appell an
transatlantischen Protektionismus Alarm schlägt, verkennt: Der Westen
liegt weiter im Rennen – und braucht offene, nicht geschlossene Märkte.

18 Horst Siebert
Kein Weltkrieg um Wohlstand
... sondern das Gegenteil:
Vom Freihandel profitieren alle
Angesichts des rasanten Aufstiegs von Ländern wie China und
Indien wird gern von einem drohenden „Weltwirtschaftskrieg“ gesprochen.
Doch Außenhandel ist kein Nullsummenspiel. Vielmehr kann die internationale
Arbeitsteilung mit den für sie entwickelten institutionellen Regeln
dazu beitragen, dass Kriege unwahrscheinlicher werden.

26 Bettina Weiguny
Gewinner aus Galizien
Wie sich Zara weltweit behauptet und dennoch Jobs in der Heimat schafft
Die Produktion nach Asien auszulagern ist nicht der einzige
Weg, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das gilt sogar für die schon totgesagte
europäische Textilindustrie. Der spanische Modekonzern Zara macht es
vor: Statt in chinesischen Sweat Shops lässt der Konzern in Spanien, Portugal
und der Türkei schneidern – und überholt damit die Konkurrenz.

34 Thomas Straubhaar
Die zweite Welle rollt
Wer die Chancen der Globalisierung nicht erkennt, hat schon verloren
Die positiven Folgen der Globalisierung sind nicht wegzudiskutieren.
Noch nie hatten so viele Menschen so gute Lebensbedingungen
wie heute. Nach dem Wachstum geht es jetzt an das Aufbrechen von
verkrusteten nationalen Strukturen. Auch dies birgt Chancen, die jedoch
– vor allem von den Deutschen – erkannt und genutzt werden müssen.

44 Klaus Deutsch
Kühle Bäder in Heiligendamm
Klima, Energie, Finanzmärkte:
Die heiklen Themen des G-8-Gipfels
Die Weltwirtschaft boomt zwar, aber dennoch knirscht es
vernehmlich im Gebälk: Viele Hausaufgaben der globalen Wirtschafts-,
Währungs- und Finanzpolitik sind seit zu langer Zeit ungelöst. Wenn die
Anpassung der herrschenden Ungleichgewichte nicht bald gelingt, könnten
internationale Finanzakteure sie erzwingen – zum Schaden Europas.

50 Henrik Enderlein
Wer regiert die internationalen Finanzbeziehungen?
Eine Korrektur der Ungleichgewichte
in den Weltfinanzmärkten ist überfällig
Eine Korrektur der Ungleichgewichte in den Weltfinanzmärkten
ist überfällig. Das Doppeldefizit der USA, die künstlich unterbewerteten
Währungen in Asien, der steigende Euro – schon seit Jahren
schwelt ein Konflikt in den internationalen Finanzbeziehungen, der letztlich
die Weltkonjunktur bedrohen könnte. Die G-7/G-8 sehen machtlos zu.

58 Fredrik Erixon & Andreas Freytag
Freihandel für Fortgeschrittene
Warum Deutschland es bislang versäumt hat, die Doha-Runde voranzubringen
Totgesagte leben länger: Das galt bislang
für die Doha-Runde der WTO zur Liberalisierung des Welthandels. Doch
ausgerechnet im Jahr des deutschen G-8-Vorsitzes ist Doha auf dem besten
Weg, komplett zu scheitern. Deutschland hat es versäumt, seine Präsidentschaft
zum Vorwärtskommen der Runde zu nutzen.

66 Katharina Gnath
Mehr Einbeziehung: Ja, Erweiterung: Nein
Die G-8 und der Dialog
mit den Schwellenländern
Eine entscheidende Herausforderung der G-8 sieht die Bundesregierung
in dem richtigen Umgang mit den großen Schwellenländern.
Hierbei setzt sie auf eine Intensivierung des Dialogs im Rahmen des „Outreach“.
Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch über Heiligendamm
hinaus müssen langfristige Kooperationsstrukturen geschaffen werden.

70 Jeffrey D. Sachs
Wie die Welt zu retten wäre
Klimawandel, Armut und Krankheit ließen sich mit geringen Mitteln bewältigen
Ganz Afrika mit Hilfe von Moskitonetzen von Malaria zu
befreien, würde 1,5 Milliarden Dollar für fünf Jahre kosten; das Pentagon
allein gibt für Rüstung am Tag 1,8 Milliarden Dollar aus. Mit solchen Zahlen
versucht Jeffrey D. Sachs, bis 2006 Direktor des UN-Millennium-Projektes,
die reichen Geberländer aufzurütteln. Hier seine G-8-Gipfelagenda.

78 Paul Collier
Die G-8 und die „Bottom Billion“
Die Ärmsten der Erde brauchen Anschluss an die Globalisierung
Es ist nicht die Globalisierung, sondern gerade die Abkoppelung
von ihr, die der ärmsten Milliarde Menschen ein Leben in Elend beschert.
Diese Kluft wird stetig tiefer. Sie ist mit Entwicklungshilfe allein nicht zu
schließen. Gebraucht werden 1. eine aktive Handelspolitik, 2. internationale
Standards und Regeln sowie 3. externe Sicherheitsgewährleistung.

84 Michael Friedrich
Aufstand der Ratlosen
Den Globalisierungskritikern fehlt die Idee, wie eine „andere Welt“ aussehen soll
Erst kam die Botschaft abhanden, dann verloren sich die
Anhänger: Nur wenige Jahre nach ihrer Hochzeit fehlt den Globalisierungskritikern
die Idee, wie „eine andere Welt“ aussehen soll. Längst reden
auch die Erzfeinde von G-8 und WTO über soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz
– die Realität hat die einstigen Gipfelstürmer überholt.

Internationale Politik
94 Russland I | Angela Stent
Selektive Partnerschaft
Russland und die USA müssen lernen,
zu wetteifern und zu kooperieren
Enttäuschte Erwartungen auf beiden Seiten nach dem Honeymoon
der neunziger Jahre, aber auch Russlands Aufstieg zur Energiemacht
und Amerikas Schwierigkeiten im Irak belasten das Verhältnis von Moskau
und Washington. Was fehlt, ist ein institutionalisierter bilateraler Dialog.
Beide Länder müssen lernen, zu wetteifern und zu kooperieren.

100 Russland II | Alyson Bailes
Putins Poker
Die derzeitige Beziehungskrise ist eher eine NATO-interne als eine west-östliche
Russlands Frustration über amerikanische Raketenabwehrund
Truppenstationierungspläne ist groß. Aber die derzeitige Krise ist bei
genauerer Betrachtung eher eine NATO-interne als eine west-östliche:
Offenbar fühlen sich die neuen NATO-Mitglieder durch die Allianz nicht
wirklich abgesichert. Deshalb streben sie Separatverträge mit den USA an.

106 Energie | Alan Riley & Frank Umbach
Russisches Roulette
Gazprom und die Gaslücke – eine Gefahr
für Deutschland und Europa
Investitionsstau, Intransparenz, Versorgungsunsicherheit:
Russlands Stellung als Energielieferant Europas steht durch
einen bedrohlichen Engpass auf dem Spiel, der Deutschland am härtesten
treffen könnte. Die EU muss reagieren – durch konsequente Verhandlungsmacht
gegenüber Moskau und rasche Diversifizierung ihrer Energieträger.

114 Kosovo | Jörn Sack
Jenseits des Amselfelds
Die Schwachstellen des
Ahtisaari-Plans für das Kosovo
Der Plan des UN-Sonderbeauftragten Martti Ahtisaari für das
Kosovo – Unabhängigkeit, aber eingeschränkte Souveränität – hat von fast
allen Seiten Beifall erhalten. Bei näherer Betrachtung des Planes zeigen
sich allerdings gravierende Schwächen. Die vernünftigere Lösung im Vergleich
zur Unabhängigkeit wäre die Autonomie.

122 Europäische Union | Jürgen Trittin
Europa postnational denken
Nicht Selbstbestimmung, Handlungsfähigkeit ist das Gebot der Stunde
Muss Europa sich von den USA emanzipieren? Braucht es
endlich „Selbstbestimmung“, um seine Rolle als „fünfter Pol“ in der multipolaren
Welt zu spielen? Der grüne Politiker Jürgen Trittin meldet Bedenken
an gegen Egon Bahrs Thesen: „Euronationalismus“ sei nicht das richtige
Rezept für die Bewältigung der heutigen globalen Herausforderungen.

129 Türkei | Zeyno Baran
Die Macht der Generäle
Das türkische Militär schützt den säkularen Staat. Das muss der Westen begreifen
Seit 80 Jahren ist das Militär – als Erbe Kemal Atatürks – der
Hüter der säkularen Republik Türkei. Auch in den Augen vieler Türken
schützt es den Staat vor der Re-Islamisierung. Daher geht vom Generalstab
auch weniger Gefahr für die Demokratie aus als von den Besonderheiten
des türkischen Wahlsystems: Das muss vor allem Europa verstehen.

134 Israel | Matthias Künzel
Warum Israel so nicht kritisiert werden kann
Eine Erwiderung auf Alfred Grosser
Israels Regierung muss wie jede andere demokratisch gewählte
Regierung dieser Welt kritisiert werden. Doch derzeit wird das Land
in einer Zangenbewegung attackiert: Hier die eliminatorischen Antisemiten
à la Achmadinedschad, dort die „fellow travellers“ des Antisemitismus, die
den Versuch, Israel zu delegitimieren, mit gedämpftem Echo weitertragen.

142 Russlandbilder | Stefan Scholl
Denkmalschänder und Hintermänner
Russen und Esten ringen
um ihre Vergangenheit
146 Buchkritik | Alexandra Kemmerer, Thomas Speckmann, Erich Weede, Sven Gareis
Wege zum Wirtschaftswunder
Wie man den Dialog mit China führt,
die Entwicklung ankurbelt
und die Globalisierung meistert

Kolumnen
92 Ökonomie | Norbert Walter
Gesucht: Der „Geist von Rambouillet“
Was wir brauchen, ist eine Politik zur Förderung unternehmerischen Verhaltens
104 Werkstatt Deutschland | Christoph Keese
Erfolgreiches Notbündnis
Der Aufschwung der Wirtschaft ist auch
ein Aufschwung der Großen Koalition
120 Kultur | Mathias Greffrath
Verscherbelte Öffentlichkeit
Hamburg verkauft seine Website an Springer – eine verpasste Chance
140 Technologie | Tom Schimmeck
Bewegte Geschöpfe
Die Entwicklung der Roboter schreitet voran. Nun sollen sie auch Gefühle zeigen
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