Die August-Folge 2002 der Internationalen Politik untersucht das Schlagwort der "Good Governance" und ihr Gegenstück, "Bad Governance". Wie tragfähig sind diese Kategorien? Sind sie operativ in der internationalen Politik einsetzbar?
August 2002 -- Nr. 8 -- 57. Jahr EUR 10,00 -- H 2728
GOOD GOVERNANCE Erfolg und Versagen
Emma C. Murphy "Good Governance"
Peter Thiery "Bad Governance"
Jörg Faust Staatsversagen in Lateinamerika
Hanns W. Maull Zombiestaat Nordkorea
Uschi Eid Erwartungen an "Johannesburg"
Analysen / Essays / Standpunkte
Good Governance. Ein universal anwendbares Konzept? 1 von Emma C. Murphy "Good governance", also "verantwortliche Regierungsführung", hat besonders im Rahmen der Strategien und Programme von Weltbank und Internationalem Währungsfonds Bedeutung erlangt, da es den Rahmen für Strukturanpassungsmodelle liefert. Emma Murphy, Dozentin an der Universität Durham, ordnet den Begriff in die weltweiten Bemühungen ein, die Auswirkungen der Globalisierung auf allen Ebenen der sozioökonomischen Organisation zu erfassen. Sie kommt zu dem Schluss, dass dieses Konzept noch zu eindimensional ist und die Breite vorhandener Wertesysteme allzu schnell ausblendet.
"Zombiestaat" Nordkorea. Zum Umgang mit schlecht regierten Staaten 10 von Hanns W. Maull Als ein Fallbeispiel für "bad governance" bietet sich Nordkorea an. Der Trierer Politikwissenschaftler stellt die Frage, wie die internationale Staatengemeinschaft mit einem Land mit pervertierter Form von Staatlichkeit (institutionelle Verkrustung, Korruption und eine tyrannische Staatsführung) umgehen kann, und identifiziert mehrere Modelle, mit denen ein "Zombiestaat mit Massenvernichtungswaffen" eingebunden bzw. geködert werden kann.
Staatsversagen in Lateinamerika. Der "verweigerte Leviathan" 17 von Jörg Faust Mittelmäßige bis schlechte Regierungsführung wird den lateinamerikanischen Staaten vorgeworfen; Ausnahmen bilden nur Costa Rica, Chile und Uruguay. Zwar sei die Demokratie gefestigt und Militärherrschaft keine Alternative mehr, so der Autor, doch schreiben fehlende Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft ohne wettbewerbsfreundliche Regulierung die ungleiche Verteilung politischer Rechte und die ökonomische Privilegierung von Sonderinteressen fort.
Saddams langer Schatten 25 von Gernot Erler Die Aufrüstungspolitik Saddam Husseins birgt für die gesamte Region ein immenses Sicherheitsrisiko. Deshalb, so der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, müsse das Rüstungsembargo in Kraft bleiben. Das Exportverbot für irakische Nichtölprodukte solle die internationale Gemeinschaft allerdings aufheben.
Korrupte Regime. Strategien zur Bekämpfung von "bad governance" 27 von Peter Thiery Angesichts des zunehmenden Staatsversagens in der Dritten Welt wird es in einer interdependenten Welt immer drängender, korrupte Regime zur Rechenschaft zu ziehen. Nur eine Kombination aus Anreizen, Auflagen und Sanktionen verspricht Erfolge hinsichtlich der Durchsetzung von Reformen; allerdings ergänzt durch zunehmende Marktöffnung der Industrieländer.
Herrschaft des Rechts oder Recht des Stärkeren? Kontroverse um den Internationalen Strafgerichtshof 33 von Anja Papenfuß Die Europäer befürworten eine Verrechtlichung der internationalen Beziehungen, wozu der Internationale Strafgerichtshof ein wichtiger Baustein ist. Die USA befürchten, durch eine politisierte und von diktatorischen Regimen missbrauchte Rechtsprechung gefesselt zu werden, und wenden sich daher mit allen Mitteln gegen eine Jurisdiktion des Strafgerichtshofs über ihre Staatsbürger, die an Friedensmissionen der Vereinten Nationen teilnehmen.
Erwartungen an den Gipfel von Johannesburg 39 von Uschi Eid Internationale Umweltschutzabkommen und -institutionen sind das Grundgerüst für eine "global environmental governance". Uschi Eid, Staatssekretärin im deutschen BMZ, geht ihrer Entwicklung seit der Rio-Konferenz 1992 nach, analysiert die bestehenden Mängel und erläutert die deutsche Position.
Die EU muss ihre Nahost-Politik ändern! 45 von Armin Laschet Der Europa-Parlamentarier kritisiert das blinde Vertrauen der EU in die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und Yasser Arafat; sie ignoriere in diesem Fall ihre ansonsten weltweit angewandten Bedingungen für Partnerschaften. Dies sei angesichts der hohen Wirtschafts-, Finanz- und auch Haushaltsdirekthilfen für die PA so nicht länger akzeptabel.
Buchkritik
"Good Governance". Erste Schritte zu einer konstruktiven Weltinnenpolitik 47 von Helmut Volger Mit den zu Beginn der neunziger Jahre abgehaltenen Weltkonferenzen der Vereinten Nationen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte, zur Bevölkerungspolitik und Armutsbekämpfung waren große Hoffnungen verknüpft. Helmut Volger stellt ein Buch vor, das eine Antwort auf die Frage sucht, ob diese Weltkonferenzen und ihre Ergebnisse zur Förderung jener staatenübergreifenden Regelungs- und Gestaltungsfähigkeit der Weltgemeinschaft beigetragen haben, die unter dem Begriff "global governance" zusammengefasst wird.
Neue Bücher zur internationalen Politik 50
Carlsnaes/Risse/Simmons (Hrsg.), Handbook of International Relations; Fairlie/Sergounin, Are Borders Barriers? EU Enlargement and the Russian Region of Kaliningrad; Hubel (Hrsg.), EUEnlargement and Beyond. The Baltic States and Russia; Bilik u.a. (Hrsg.), Role of the Carpathian Euroregion in Confronting its Minority Agenda; Heinemann-Grüder (Hrsg.), Federalism Doomed? European Federalism between Integration and Separation.
Dokumentation
Dokumente zu Reform und Erweiterung der Europäischen Union 55 Der Termin für die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Länder rückt in greifbare Nähe. Bis zum Ratstreffen der Staats- und Regierungschefs im Dezember 2002 in Kopenhagen müssen die Verhandlungen mit diesen Kandidatenländern abgeschlossen sein. Damit wächst der Druck auf die EU und die nationalen Regierungen, die dafür notwendigen Reformen bald auf den Weg zu bringen. Vor allem die Agrarpolitik, die Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und den Regierungen sowie die Aufgabenverteilung zwischen Ministerrat und Kommission müssen neu geordnet werden, will die Union mit 25 Mitgliedern handlungsfähig bleiben. Die Debatte über diese Fragen ist zwar schon seit längerem im Gange, einen neuen, kräftigen Impuls hat sie jedoch wieder durch die Einsetzung des Konvents zur Zukunft Europas im Februar 2002 bekommen. Seitdem präsentieren u.a. die Kommission und europäische Spitzenpolitiker ihre Reformvorschläge. Auf dem Ratstreffen im Juni 2002 in Sevilla unter spanischem Vorsitz wurden schon einige dieser Vorschläge aufgegriffen, besonders im Hinblick auf die Arbeitsweise der Räte.
Rede des britischen Außenministers, Jack Straw, "Europa reformieren: Neue Ära, neue Fragen" am 21. Februar 2002 im Parlament in Den Haag (gekürzt) 58
Brief des deutschen Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, und des britischen Premierministers, Tony Blair, an den Ratsvorsitzenden der EU, José Maria Aznar, zur Notwendigkeit einer Reform des Europäischen Rates vom 25. Februar 2002 62
Eröffnungsrede des Vorsitzenden, Valéry Giscard d'Estaing, vor dem Konvent zur Zukunft Europas am 26. Februar 2002 in Brüssel (gekürzt) 64
Position der deutschen Bundesregierung zur Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 27. Februar 2002 68
Vorschläge der Europäischen Kommission zur Reform der Europäischen Union, vorgestellt am 22. Mai 2002 in Brüssel (Auszüge) 72
Rede des Mitglieds der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, zum Stand der Erweiterungsverhandlungen vor dem Europäischen Parlament am 12. Juni 2002 in Straßburg (gekürzt) 84
Beitrag der Mitglieder des Konvents zur Zukunft Europas, Peter Glotz, Peter Hain, Danuta Hübner, Ray MacSharry und Pierre Moscovici, zur Kompetenzverteilung vom 14. Juni 2002 in Brüssel 88
"Die Erweiterung muss bezahlbar sein". Namensartikel des deutschen Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom 16. Juni 2002 90
Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla (Auszüge) 92
Regeln für die Organisation der Beratungen des Europäischen Rates, Anlage I der Schluss-folgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla 97
Maßnahmen betreffend die Struktur und die Arbeitsweise des Rates, Anlage II der Schluss-folgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla 99
Nationale Erklärung Irlands, Anlage III der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla 102
Erklärung des Europäischen Rates zu Irland, Anlage IV der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla 103
Entwurf einer Erklärung des Europäischen Rates über den Beitrag der GASP, einschließlich der ESVP, zur Bekämpfung des Terrorismus, Anlage V der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla 103
Programm des dänischen Vorsitzes der Europäischen Union, vorgestellt am 28. Juni 2002 in Brüssel (Auszüge) 105
Vorstellung der Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik durch das Mitglied der Europäischen Kommission zuständig für Landwirtschaft, Franz Fischler, vor dem Agrarausschuss des Europäischen Parlaments am 10. Juli 2002 in Brüssel 116