INTERNATIONALE POLITIK 61 (2006), 7

Titel der Ausgabe 
INTERNATIONALE POLITIK 61 (2006), 7
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Russlands Renaissance

Erschienen
Frankfurt am Main 2006: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
4196721509956
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
€ 9,95

 

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Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

Russlands Renaissance
3000 Pressevertreter sind akkreditiert. Der barocke Konstantin-Palast Zar Peters des Großen im St. Petersburger Vorort Strelna ist für 3,5 Millionen Euro renoviert worden, in der Nachbarschaft warten 20 brandneue Luxusvillen mit je 2000 Quadratmetern Wohnfläche samt Sauna, Swimmingpool und Fitnessraum auf die Großen dieser Welt. Am 15. Juli wird Wladimir Putin den ersten G-8-Gipfel unter russischem Vorsitz eröffnen. Russland, erst seit 2002 Vollmitglied im informellen Club der führenden Industriemächte, heißt dann die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA willkommen. Auch George W. Bush hat die Einladung angenommen. Das große Gipfelthema wird – auf Vorschlag Putins – Energiesicherheit sein. Die prunkvolle Kulisse für Russlands angestrebte „Rückkehr auf die Weltbühne“ steht also. Aber die Gäste sind wenig geneigt, der selbst ernannten neuen Energie-Supermacht zu huldigen. Die „romantische Epoche“ der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen in den neunziger Jahren, nach dem Ende des Kalten Krieges, ist vorüber. Man misstraut sich wieder. Man pflegt – wie der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney jüngst in Vilnius oder der russische Präsident Putin in mehreren Reden – einen bisweilen rüden Umgangston. Man sieht sich zwar nicht als Gegner an, aber als Partner, gar als „strategischen Partner“ auf gleicher Augenhöhe, doch auch nicht wirklich. Russland, schreibt Alexander Rahr in dieser IP, „hat seinen Platz in der europäischen Architektur noch nicht gefunden. Seine Identitätssuche nach 74 Jahren Kommunismus ist nicht abgeschlossen. Heute erinnert es an einen Heranwachsenden in einer pubertären Phase, der seinen Zieheltern – den westlichen Demokratien – Respekt abverlangen möchte.“ Wie damit umgehen? Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe machen dazu Vorschläge. Und sie schildern ein Land der „beispiellose(n) Wertlosigkeit von Menschenleben“ (Sonja Margolina), in dem dennoch gerade eine kämpferische, mutige, vielköpfige Zivilgesellschaft entsteht. Dieses Russland teilt unsere Werte. Russlands Renaissance.
Sabine Rosenbladt, Chefredakteurin

Inhaltsverzeichnis

Russlands Renaissance

Seite 1
Editorial
Sabine Rosenbladt

Seite 6
Hannes Adomeit
Rückkehr auf die Weltbühne
Moskau tritt international selbstbewusst auf. Doch Ruppigkeit ist nicht dasselbe wie Stärke

Auf internationalem Parkett tritt Russlands Präsident, beflügelt durch hohe Energiepreise, wieder mit großem Selbstbewusstsein auf. Aber die russischen Supermacht-Allüren stehen auf tönernen Füßen: Seine bisweilen ruppige Interessenpolitik schmälert den Einfluss des Landes als globaler Akteur – Russland, so die Diagnose, mangelt es an Soft Power.

Seite 14
Alexander Rahr
Geopolitischer Infantilismus
Es ist nicht in Europas Interesse, dass ein brüskiertes Russland sich nach Asien orientiert

Die Zeit russischer Charmeoffensiven Richtung Europa ist vorbei. Man zeigt sich die kalte Schulter; selbstbewusst distanziert sich die „Energie-Supermacht“ von der früher angestrebten Wertegemeinschaft mit dem Westen und hält nach neuen Partnerschaften Ausschau. Die EU sollte jedoch vermeiden, Russland allzu aktiv in die Arme Chinas zu treiben.

Seite 22
Nikolas K. Gvosdev
Weder Partner noch Gegner

Die USA verlieren ihre Bedeutung für Russland. Dieses wird ein „postamerikanisches Land“

Seite 24
Roland Götz
Russlands Wirtschaftsentwicklung
Das Wachstum ist ölpreisabhängig. Und Europas Nachfrage ist dabei ein wichtiger Faktor

Die russische Wirtschaft befindet sich seit 1999 in einem ununterbroche-nen Aufschwung. Dieser ist allerdings stark vom Ölpreis gesteuert und damit instabil. Die längerfristigen Wachstumsaussichten werden von der demographischen Entwicklung, der Verbesserung der Infrastruktur sowie davon beeinflusst werden, ob die in einigen Branchen zu beobachtende Renationalisierung wirtschaftlichen Erfolg haben wird. Russland kann seine Position als Energie-Großmacht nur begrenzt gegen Europa ausspielen, da es auch in Zukunft vor allem auf den europäischen Absatzmarkt angewiesen sein wird.

Seite 32
Alexej Miller
Energie für die Welt
Wie der Staatskonzern Gazprom globale Energiesicherheit gewährleisten will

Die russische Firma Gazprom ist einer der größten Energiekonzerne der Welt. Von ihren verlässlichen Gaslieferungen hängt Europas Energie-sicherheit ebenso ab wie das stabile Wachstum der Weltwirtschaft. Denn neue Abnehmer in Asien und Nordamerika konkurrieren inzwischen um das russische Gas. Kann Gazprom regionale und globale Energiesicherheit gewährleisten? Nutzt der Staatskonzern die russischen Ressourcen effizient? Antworten vom Vorstandsvorsitzenden Alexej Miller.

Seite 36
Anatolij K. Orel
Ukrainische Wünsche an die G-8

Und wo bleiben die Rechte der Transitländer? Plädoyer für eine globale Energie-Charta

Seite 38
Lilia Schewzowa
Putins Vermächtnis
Der „bürokratische Kapitalismus“ des heutigen Russland hemmt die Modernisierung des Landes

Das politische System des heutigen Russlands am Ende der Ära Wladimir Putin lässt sich als „bürokratischer Kapitalismus“ bezeichnen, der mit Demokratie und Liberalität wenig zu tun hat; er dient einzig den Interessen einer Klasse von Technokraten. Der Westen steht den russischen Entwicklungen mehr oder weniger hilflos gegenüber.

Seite 47
Barbara von Ow-Freytag
Zwischen neuer Macht und alten Mythen
Die russische Bürgerrechtsbewegung hat es nach wie vor nicht leicht. Auch, weil die Unterstützung aus dem Westen zu wünschen übrig lässt

Für die meisten Russen war die „Demokratie“-Erfahrung der neunziger Jahre ein Schockerlebnis. Umso schwieriger ist es heute für die entstehende Bürger- und Menschenrechtsbewegung, sich gegen die autoritären Tendenzen und verquasten Ideologien der herrschenden Elite durchzusetzen. Doch sie verdient die Unterstützung des Westens.

Seite 56
Michael Mertes
Im Visier des Kremls

Wie das neue russische NGO-Gesetz „bunte“ Revolutionen verhindern soll

Seite 58
Stefan Scholl
Demokratie mit Feindbild

Das Konzept der „souveränen Demokratie“ geht mit antiwestlichen Affekten einher
Internationale Politik

Seite 74
ZUKUNFTSSZENARIO
Die Neuorientierung deutscher Europa-Politik im Jahr 2014
von Alexander Graf Lambsdorff

Ein europäischer Blick in die Glaskugel – natürlich rein fiktiv
Der Autor, liberaler Europa-Politiker, präsentiert in diesem Essay eine fiktive Vorlage des Bundesministers für Angelegenheiten der Europäischen Union an den Bundeskanzler des Jahres 2014. Alle genannten Staaten sind frei erfunden, vermutete Ähnlichkeiten unbeabsichtigt. Eventuelle Übereinstimmungen mit zukünftigen Entwicklungen wären rein zufällig.

Seite 82
SICHERHEITSPOLITIK
Israel in die NATO? Was dagegen spricht
von Helga Haftendorn

Eine Replik auf Ralf Fücks’ Vorschlag in der IP 6/2006

Seite 86
SÜDKAUKASUS
Gereifte Erkenntnis
von Dieter Boden

Eine Lösung der südkaukasischen Konflikte liegt auch im Interesse der EU

Mit der Einbeziehung des Südkaukasus in ihre Europäische Nachbar-schaftspolitik hat sich die EU zu einer Strategie der Anbindung dieser Region an Europa bekannt. Nach anfänglichem Zögern ist sie dabei, dort zusätzliche politische Veranwortung zu übernehmen. Zentrale Bedeutung hat die Frage, inwieweit die EU bereit ist, sich bei laufenden Bemühungen um eine Lösung der drei südkaukasischen Konflikte zu engagieren.

Seite 92
EU-OSTERWEITERUNG
Rumänien auf dem Weg nach Europa
von Klaus W. Grewlich

Welche wirtschafts- und finanzpolitischen Perspektiven hat der EU-Beitritt?

Mit der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU entsteht ein Raum mit 470 Millionen europäischen Markt-Bürgern. Doch Umfragen zufolge begrüßen heute nur noch 55 Prozent der Europäer eine EU-Erweiterung. Die Skepsis richtet sich nicht spezifisch gegen Rumänien und Bulgarien. Zu den Ursachen der Erweiterungsmüdigkeit gehört auch die mangelhafte Vermittlung von Wissen über die kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen der Beitrittskandidaten. Daher konzentriert sich dieser Beitrag auf die wirtschafts- und finanzpolitischen Perspektiven des EU-Beitrittslands Rumänien.

Seite 100
SRI LANKA
No peace, but war
von Kristina Eichhorst

Mit der Terrororganisation der „Tamilischen Tiger“ ist kein Friedensschluss möglich

Am 30. Mai 2006 entschied die EU, die „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) auf die Liste der verbotenen Terrororganisationen zu setzen. Sie reagierte damit auf eskalierende Gewalt zwischen den srilankischen Konfliktparteien, die im Februar 2002 offiziell Waffen-stillstand geschlossen haben. Diese Maßnahme markiert einen Tiefpunkt im Friedensprozess. Doch was genau ging schief? Eine Analyse.

Seite 108
INTERVENTIONISMUS
Unruhe in Australiens „Hinterhof“
von Andreas Holtz

Die Intervention auf den Salomonen ist aktive Machtpolitik, vergleichbar dem Antiterrorkampf der USA

Die australische Intervention auf den Salomonen wird von Canberragern als mustergültiges Nation-Building-Projekt dargestellt. Dabei betreibt das Land bereits seit Beginn der neunziger Jahre eine durchaus macht-politisch motivierte Politik im Südpazifik. Ökonomische und Sicherheits-interessen der regionalen Hegemonialmacht spielen dabei eine Rolle.

Seite 115
OSTTIMOR
Implosion eines Traumes
von Till Skrobek

Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen der Gewalt. Wird Osttimor zu einem humanitären Dauerpflegefall?

Im Mai 2006 landete erneut eine internationale Eingreiftruppe in Ost-timor, um eine Welle der Gewalt zu beenden. Im Unterschied zu 1999 sind die Ursachen des Konflikts heute hausgemacht. Australien fürchtet in Osttimor einen humanitären Dauerpflegefall. Zudem kühlt das Verhält-nis Canberras zu Indonesien durch die Ereignisse in Westpapua weiter ab.

Seite 124
RUSSLANDBILDER
Keine Kunst ohne KGB
von Stefan Scholl

In der aktuellen russischen Kulturdiskussion taucht die Gegenüberstellung von Kultur und Zivilisation wieder auf

Seite 128
BUCHKRITIK
Transformation und Neuordnung
von Henning Schröder, Martin Kahl und Erich Weede

Russische Innen- und Außenpolitik, die Nachbarschaftspolitik der EU und die USA als einzige Ordnungsmacht
Kolumnen

Seite 72
WERKSTATT DEUTSCHLAND
von Manfred Güllner
Entfremdungsprozesse

Über die wachsende Politikverdrossenheit können auch teure PR-Kampagnen nicht hinwegtäuschen

Seite 84
ÖKONOMIE
von Helmut Reisen
Der Fluch der schwarzen Schmiere

Der Ölreichtum korrumpiert auch die russischen Eliten

Seite 98
KULTUR
von Gustav Seibt
Professoren, Publizisten, Patrioten

In der jüngsten Nationaldebatte scheint so etwas wie ein globalisierter Patriotismus auf

Seite 122
TECHNOLOGIE
von Tom Schimmeck
Menschliches Update

Auch die Evolution des Homo Sapiens schreitet voran; nur wohin, ist nicht recht klar
Service

Seite 136
Veranstaltungskalender
Seite 138
Nachwuchsforum
Seite 140
Dokumentation
Seite 4
Rückschau / IP-Frage
Seite 142
Impressum
Seite 144
Vorschau

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