Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe „Geschichtskultur an Ruhr und Emscher“ verdankt sich dem fünfundzwanzigjährigen Bestehen des „Forums Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e.V.“. Die Gründung des Forums gibt einem Geschichtsaufbruch Ausdruck, der in den 1980er Jahren – wesentlich mitangestoßen durch die neugegründeten Universitäten in Bochum, Duisburg und Essen – zu einer facettenreichen Thematisierung des Reviers im Industriezeitalter führte. Der industrielle Strukturwandel wurde mit dem einschneidenden Bedeutungsverlust der bis dahin entwicklungsbestimmenden Montanindustrie (Bergbau sowie Eisen und Stahl) Anlass, nicht nur über deren wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch über ihre bis in die Alltage und Lebensweisen der Menschen reichende soziokulturelle Prägekraft nachzudenken und sich dieser Industriekultur historisch zu vergewissern. Bürgerinitiativen zum Erhalt von Arbeitersiedlungen, Auseinandersetzungen gegen den Abbruch von Industriebauten und -ensembles, die Thematisierung der Geschichte der Arbeiterbewegung, aber auch das politisch motivierte lokale Aufzeigen von „Widerstand und Verfolgung“ im Nationalsozialismus erweiterten die Partizipation in der Erarbeitung und Auseinandersetzung mit Geschichte. Geschichtswerkstätten, Volkshochschulkurse, projektbezogene Geschichtsaktivitäten (Stadtrundgänge, Straßenumbenennungen etc.) vergrößerten den Kreis der Geschichtsinteressierten und ließen neue Erarbeitungs- und Veröffentlichungsformen (Hochlarmarker Lesebuch) entstehen. Angebote zur Kooperation der traditionellen Geschichtsakteure (Museen, Archive, Heimatvereine …) mit der „neuen Geschichtsbewegung“ waren zu initiieren und zu moderieren, worin das Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher seit 1992 eine wesentliche Aufgabe sah.
Unmittelbare Anstöße zur Gründung des Forums Geschichtskultur gingen von der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (1989-1999) und hier von ihrem Leiter Karl Ganser aus, der für die Stadt- und Regionalentwicklung im nördlichen Ruhrgebiet die industrielle Vergangenheit als Kern erneuerter Identität im Geschichtsbewusstsein zu verankern suchte. Von dieser Idee, ihrer Umsetzung in den zeitlichen Kontexten der 1990er Jahre und den daraus erwachsenden Folgen für die regionale Geschichtskultur schreiben U. Borsdorf, S. Abeck und U.C. Schmidt, während H. T. Grütter einen historisch-systematischen Überblick zur Thematisierung von Geschichte im Ruhrgebiet seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert gibt. Neben der Alltags- und Sozialgeschichte verdanken sich wesentliche Impulse einer „Rückkehr der Geschichte“ in den 1980er Jahren der intensiven Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus vor Ort, die Stefan Goch am Beispiel der Durchsetzung der Gedenkstätten in der Region aufnimmt. Doch was wäre die Ruhrgebietsgeschichte ohne den ebenfalls in den 1980er Jahren gegründeten Klartext Verlag. Das Verlagsprogramm repräsentiert Geschichtskultur an Ruhr und Emscher in der thematischen Vielfalt, den differenten methodischen Arbeitsformen, dem bunten Kreis an Autoren und einer neugierigen Leserschaft, was der ehemalige Verlagsleiter Ludger Claßen anspricht.
Geschichtskultur an Ruhr und Emscher
05 – Industrie-Geschichts-Kultur. Eine Reminiszenz zur Gründung des Forums Geschichtskultur an Ruhr und Emscher – Ulrich Borsdorf
09 – 25 Jahre „Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher“. Eine Initiative für die Geschichtskultur – Susanne Abeck & Uta C. Schmidt
15 – Klio an Ruhr und Emscher – Geschichtskultur im Ruhrgebiet – Heinrich Theodor Grütter
25 – Gedenkstättenarbeit im Ruhrgebiet: Erinnern, Forschen, Gedenken, Lernen – Stefan Goch
32 – Der Klartext Verlag – Ein Ort der Geschichtskultur des Ruhrgebiets. Ein Gespräch mit Ludger Claßen – Franz-Josef Jelich
Beiträge
35 – Willkommen in der Herzkammer! Das Heimatmuseum Unser Fritz in Herne überrascht mit einer neuen Dauerausstellung – Ralf Piorr
37 – Rote Genossen bei der Kaiserin. Gedanken zum Auguste-Victoria-Denkmal in Marl – Thomas Parent
40 – Wenn nur noch Steine bleiben. Erinnerungskultur in Essen – Thomas Hammacher
42 – Ein festlich‘ Zelt ist unser Gott. Sanierung als Weiterbau: In Bochum steht die einzige Kirche des Architekten Hans Scharoun – Andreas Rossmann
44 – Europa ist überall zu entdecken! 2018 wird Europäisches Kulturerbejahr – Björn Bernat und Uwe Koch
46 – Eine sogenannte Splitterschutzzelle im Essener Segeroth – Detlef Hopp
Mitteilungen der Herausgeber47 – Deutsches Bergbau-Museum Bochum 51 – Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher 53 – Regionalverband Ruhr / Referat Industriekultur 59 – Ruhr Museum 63 – Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur
69 – Aufgelesenes
Museen und Ausstellungen
71 – Energiewenden – Wendezeiten 71 – WortReich: Reformation in Mülheim an der Ruhr. Wege – Wirken – Wandel 71 – Ansichten zum Alter. Fotografien von Andreas Vincke 71 – Freya Najade. JAZORINA 72 – Troppau im Jahre Null. Kriegsende 1945 und Neubeginn in Opava 72 – Ende der Schonzeit. Horst Dieter Zinn fotografiert 73 – Vielfalt Glückauf. Wir sind das Licht bei der Nacht Hattingen 73 – Unter Strom. Vom Bakelitschalter zum Blackberry 73 – 30 Hüttenjahre. Berthold Socha fotografiert die Henrichshütte 74 – Zum Wohl! Getränke zwischen Kultur und Konsum 74 – Vom Streben nach Glück 200 Jahre Auswanderung aus Westfalen nach Amerika 74 – RevierGestalten. Von Orten und Menschen 74 – Von Kohle gezeichnet. Frauen im Bergbau. Fotografien von Dariusz Kantor 75 – Ruhrgebietsfolklore 75 – Schlesische Bahnwelten
Veranstaltungen
76 – Initiative Nordbahnhof Bochum e.V. 76 – Heimatbund Gelsenkirchen 76 – Jüdisches Museum Westfalen 77 – Verein für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark (VOHM) 77 – LVR-Industriemuseum Zinkfabrik Altenberg 77 – Bildungswerk der Humanistischen Union 78 – Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V. 78 – Historischer Verein für Stadt und Stift Essen e.V. 78 – Stadtarchiv Mülheim 79 – Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ 79 – Regionalverband Ruhr
Rezensionen
80 – Ralf Stremmel: Industrie und Fotografie. Der „Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation“
81 – Ralf Piorr und Thomas Schmidt (Hg.): HERNE 50 / 80 FOTOGRAFIE
82 – Stephen Pielhoff, Waltraud Murauer-Ziebach: Im Hause Krupp. Die Bediensteten der Villa Hügel
83 – Das Ruhrgebiet nach der Kohle – Eine Region im Strukturwandel
84 – Westfälischer Heimatbund (Hg.): Die Bauten von Hans Scharoun in Westfalen
84 – Peter Rauwerda: Mein Ruhrgebiet, Fotografien aus den 1960er und 1970er Jahren
85 – Lena Krull (Hg.): Westfälische Erinnerungsorte. Beiträge zum kollektiven Gedächtnis einer Region
86 – Heinrich Theodor Grütter (Hg.): Grün in der Stadt Essen. Mehr als Parks und Gärten
Annotationen
88 – Brigitte Spieker und Rolf Jürgen Spieker: Grenzgänger in Zeiten der Umbrüche. Der Gelsenkirchener Maler Günther Reul und seine Familie
88 – Anja Meyerrose: Herren im Anzug. Eine transatlantische Geschichte von Klassengesellschaften im langen 19. Jahrhundert
89 – LWL-Medienzentrum für Westfalen (Hg.): Auf ins Ruhrgebiet! Jugendliche Arbeitsmigranten in den 1950er Jahren.
89 – Bernhard Frings: Die Essener Elisabeth-Schwestern 1843 bis 2017. Gelebte Barmherzigkeit – vor Ort
90 – Arnd Hepprich, Iris Klaver: Der Steeler Stadtgarten
90 – Johann Rainer Busch: Die Pfarrkirche St. Josef Kupferdreh 1802 bis 2013
91 – Stiftung Zollverein, ARGE Zollverein Park – Planergruppe, F1rstdesign, Oberservatorium: Zollverein Park. Staub, Stille und Spektakel
91 – Matthias Kordes, Georg Möllers, Jürgen Pohl: 1000 Jahre Stadtgeschichte(n): Ricoldinchuson – Recklinghausen
92 – Ferdinand Ullrich und Hans-Jürgen Schwalm (Hg.): junger westen – Auf dem Weg zur Avantgarde
92 – Ralf Stremmel (Hg.): Humboldt dankt, Adenauer dementiert. Briefe aus dem Historischen Archiv Krupp
93 – Initiative Nordbahnhof Bochum e.V. (Hg.): Gedenkort Nordbahnhof – Erinnern an Deportationen aus Bochum – Konzeptionelle Überlegungen und historische Hintergründe
94 – Ruhrgebietsbibliografie
102 – Zeitschriftenrundschau
103 – Autorinnen und Autoren