Wie betrachten wir Filme, die selbst schon Teil der Geschichte geworden sind, etwa die Film- und Fernseh-Produktionen der DDR bis 1990? Was erwarten wir uns von verfilmter Geschichte und wie beeinflusst sie unsere Sichtweise auf historische Ereignisse? Das sind nur einige der Fragen, die das letzte Heft der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ in diesem Jahr thematisiert. In den Titelbeiträgen der Ausgabe 85 wird die Geschichte im Film auf verschiedene Weise hinterfragt: Als Generationenporträt zwischen dem brandenburgischen Dorf Golzow und dem Berliner Kanzleramt („Die Kinder von Golzow“), anhand der DDR-Kriminalserie „Polizeiruf 110“, am Beispiel eines „Heimatfilms“ zwischen Thüringen und Japan („Sushi in Suhl“) sowie als verstörende Realität durch Archivfilme der bulgarischen Geheimpolizei DS. Auch das übrige Heft ist gefüllt mit vielen spannenden Texten zur Zeitgeschichte. Unter anderem mit einer biografischen Spurensuche zur „Villa Hase“ in Jena, der gewaltsamen Umformung der sorbischen Gesellschaft zwischen 1948 und 1964 oder der vergessenen Geschichte der „Buchenwaldbahn“ zwischen Weimar und dem Ettersberg. Verlauf, Ausmaß und Folgen eines kaum bekannten Medizinskandals Ende der 1970er Jahre untersucht ein Beitrag von Medizinhistorikern der Universität Ulm. Wie auch in der Bundesrepublik Lebensläufe durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) negativ beeinflusst wurden, wird an einem Beispiel aus Gütersloh dargestellt. In den Rezensionen werden aktuelle Publikationen über die Rechtsanwälte in der DDR, die hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter sowie Publikationen der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt besprochen.
TITELTHEMA: Geschichte(n) im Film
Christoph Wunnicke – „Anmut sparet nicht noch Mühe“ – S. 3 Wie die „Kinder von Golzow“ helfen, Angela Merkel zu verstehen Philipp Wille – Polizeiruf 110 – S. 8 Die DDR-Kriminalfilmreihe im ideologischen und historischen Kontext Sylka Scholz – Heimatgeschichte(n) – S. 14 Die DDR-Gesellschaft im Spielfilm „Sushi in Suhl“ Diana Ivanova – Die verstörende Realität – S. 20 Bulgarische Geheimdienstfilme von gestern und ihre Rolle in der Gesellschaft heute
ZEITGESCHICHTE
Michael Heymel – Zur bewegten Geschichte eines Hauses – S. 25 Die „Villa Hase“ in Jena und ihre Bewohner im 20. Jahrhundert Timo Meškank – Gegensätzliche Wertvorstellungen und andersartige Lebenswelten – S. 29 Zur gewaltsamen Umformung der
ZEITGESCHEHEN / DISKUSSION
Christian Müller – Aktives Erinnern auf dem Ettersberg – S. 35 Zur Geschichte der Bahnlinie Weimar-Buchenwald und das Projekt Gedenkweg-Buchenwaldbahn Florian Steger/Carolin Wiethoff/Maximilian Schochow – Ein Arzneimittelskandal und seine Folgen – S. 41 Die kontaminierte Anti-D-Immunprophylaxe in der DDR Jens Ostrowski – Das perfide Spiel der Stasi – S. 45 Ein Beispiel der West-Arbeit des MfS in Gütersloh
REZENSIONEN
Dieter Gräf – Verkümmerung der Prozesskultur – S. 48 Studie zur DDR-Anwaltschaft schließt eine Forschungslücke Christian Ebel – Wer waren die Hauptamtlichen? – S. 50 Eine soziologische Studie hinterfragt das Selbstbild der Tschekisten Martin Skurt – Ausstellungskatalog, Hausgeschichte und Mitmachbuch – S. 53 Drei Publikationen informieren und animieren zum Besuch der „Andreasstraße“ in Erfurt