Als Profiteure der Globalisierung sind Eliten in Verruf geraten. Die Machthabenden in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und die »Superreichen« werden als abgehobene Akteure wahrgenommen, die den Kontakt zur Bevölkerung verloren hätten. In der Geschichte hatten Eliten aber lange auch ein positives Image. Ihnen wurden unverzichtbare Qualifikationen, Fähigkeiten zur Führung und ein hohes Leistungsvermögen zugeschrieben. Mit dem Begriff »Elite« verbinden sich zentrale Fragen der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung, wenn sie etwas über Herrschaft und soziale Ungleichheiten in Erfahrung bringen will. Die Beiträge im 61. Band des Archivs für Sozialgeschichte liefern Erkenntnisse über die Zusammensetzung, die Wandlungsprozesse, die Legitimationsstrategien, die Vernetzungen und die Inszenierungen von ganz unterschiedlichen sozialen Gruppierungen vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Beiträge zum Rahmenthema: Eliten und Elitenkritik vom 19. bis zum 21. Jahrhundert
Thomas KrollEliten und Elitenkritik als Forschungsfeld der Sozialgeschichte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert Volltext online unter: https://www.fes.de/lnk/elitenforschung
Eliteverständnisse. Eine historisch-soziologische Kritik des Eliten-Begriffs Peter Imbusch
Morten Reitmayer»It Is Possible to Get Away with an Awful Lot If You Can Convince the People That You Don’t Actually Exist«. Zum gegenwärtigen Stand der Elitenforschung
Valentina Dal CinItalian Elites under Napoleonic Rule. A Turning Point
Marko KreutzmannDie Gesandten der Deutschen Bundesversammlung (1815–1866) Soziales Profil und politisches Handeln einer zwischenstaatlichen Funktionselite
Marc BuggelnWie wichtig sind progressive Steuern für die Demokratie? Besteuerung und Enteignung der ökonomischen Eliten in Demokratie und Diktatur im 20. Jahrhundert
Michael A. Strebel/Baptiste Antoniazza/André MachGetting Rid of Their Ties. The Long-Term Evolution of Elite Networks and Profiles in the Three Largest Swiss Cities, 1890–2020
Alexander MayerSozialer Aufstieg in der »Leistungsgesellschaft«. Eine praxistheoretische Perspektive auf die Geschichte meritokratischer Deutungsmuster sozialer Ungleichheit
Habbo Knoch/Enno Schwanke/Kerstin Thieler»Gesamtpersönlichkeit« statt »Elite«. Die Studienstiftung des deutschen Volkes und die Begabtenförderung im 20. Jahrhundert
Jakob FesenbeckhEine neue Ordnung der Führungskräfte? Über Legitimationsstrategien technischer Eliten im Umfeld des faschistischen »Parti populaire français« und unter dem Vichy-Regime, 1936–1942
Lukas RathjenRhetorik und kommunikative Herrschaft. Gesprächseliten in der frühen Bundesrepublik Deutschland
Arnd BauerkämperElitenwechsel auf dem Land. Strukturelle Brüche und subkutane Kontinuitäten in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR, 1945–1990
Björn HofmeisterZwischen sozialer Elitenkonstruktion und fachlicher Professionalisierung Diplomaten der DDR 1949–1990
Nikolai WehrsElitenherrschaft im Zeitalter der ›Massendemokratie‹. Der Civil Service und die politische Kultur Großbritanniens im 20. Jahrhundert
Michael Homberg»Eliten-Bildung«. Die Rolle westdeutscher Experten am »Indian Institute of Technology Madras«
Alina MarktannerVon Leistungs- zu Geldelite? Unternehmensberater:innen in der Bundesrepublik, 1950er- bis 2000er-Jahre
Marco SwiniartzkiSzene-Eliten. Selbststilisierung, soziale Praxis und postmoderne Ästhetisierung am Beispiel des norwegischen Black Metals
Forschungsberichte und Sammelrezensionen
Rainer BehringItalien im Spiegel der deutschsprachigen Zeitgeschichtsforschung. Ein Literaturbericht (2013 – 2018). Zweiter Teil: Spezialstudien zur faschistischen Herrschaft und zur Italienischen Republik seit 1946
Jan KellershohnClearingstellen der Differenz. Perspektiven der jüngeren und jüngsten Gewerkschaftsgeschichte
Dominik Rigoll/Laura HaßlerForschungen und Quellen zur deutschen Rechten. Teil 1: Ansätze und Akteur:innen