Gerbergasse 18, 27 (2022), 1

Titel der Ausgabe 
Gerbergasse 18, 27 (2022), 1
Weiterer Titel 
Christen in der DDR

Erschienen
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
76 S.
Preis
Jahresabonnement: € 14,00; Einzelheft: € 3,50

 

Kontakt

Institution
Gerbergasse 18. Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik
Land
Deutschland
c/o
Geschichtswerkstatt Jena e.V. Heinrich-Heine-Straße 1 07749 Jena Telefon: +49 (0) 36 41 - 82 12 35
Von
Daniel Börner, Redaktion "Gerbergasse 18", Geschichtswerkstatt Jena

In Europa herrscht – wieder – Krieg, Millionen Menschen sind zur Flucht gezwungen, Tod und Leid zerreißen Familien. Der schändliche Überfall des russischen Regimes auf die Ukraine hat – über 30 Jahre nach Ende des „Kalten Krieges“ – sogar die Schreckensvision eines Atomkrieges zurückgebracht. Der pazifistische Wunsch „Nie wieder Krieg“ wirkt gegenwärtig wie eine naive Hoffnung, während über Militärmilliarden und Waffenlieferungen diskutiert wird. „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein!“ Das war und ist der Leitsatz, der Christen in ihrem Nein gegenüber Kriegsrhetorik und Aufrüstungslogik immer bestärkte. Angesichts der Kriegsgräuel ist die christliche Friedensbotschaft dringender denn je. Umgekehrt lässt sich fragen: Welchen Platz haben aktuell die Erfahrungen des gewaltlosen Widerstands in der DDR, während Bomben ukrainische Städte dem Erdboden gleich machen?

Mit der neuen Ausgabe der „Gerbergasse 18“ werden Lebenswege, Glauben und Handlungsspielräume von Christinnen und Christen in der DDR in den Mittelpunkt gerückt. Die kirchenfeindliche Politik der SED zeigte sich nicht nur in symbolischen Akten wie dem Abriss oder der Sprengung von Kirchen, sondern vor allem in der Diskrepanz zwischen verordneter Friedenspropaganda und wachsender Militarisierung. gleichwohl die Gründe für die Konfessionslosigkeit in Ostdeutschland vielschichtiger sind. Heute finden sich beide großen Kirchen in einer Minderheitenposition wieder, jüngste Zahlen gehen von weniger als 50 Prozent Kirchenbindung in Deutschland aus. Ende der 1980er Jahre haben kirchliche Frei- und Denkräume die Friedliche Revolution vorbereitet und ermöglicht. Kirche war jung, plural, streitbar, so wie davor und danach nicht mehr. Spät, 2017 und 2020, reagierte die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland mit einem Bußwort und einem Fonds, um gegenüber verfolgten kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bislang vermisste Anerkennung und Würdigung auszudrücken, um begangenes Unrecht, auch seitens der Institution Kirche, festzustellen und sichtbar zu machen.

Weitere Beiträge im Heft beschäftigen sich unter anderem mit dem Eisenbahnunfall von Langenweddingen 1967, der schwersten Zugkatastrophe in der DDR, mit dem Alltag von Kindern und Jugendlichen in DDR-Behinderteneinrichtungen sowie mit der Debatte um die NATO-Osterweiterung, in der Kriegsnarrative und Mythenbildung aufeinander treffen.

Inhaltsverzeichnis

S. 03
Marcus Herrberger – „Mein Gehorsam gehört ausschließlich Gott und keinem militärischen Vorgesetzten“. Wehrdienst-„Totalverweigerer“ in der DDR

S. 09
Jochen Birkenmeier / Michael Weise – Erfolglose Entnazifizierung? Arbeit und Nachwirkung des kirchlichen „Entjudungsinstituts“

S. 15
Marianne Subklew-Jeutner – Pfarrer Eckart Giebeler alias IM „Roland“. Das Schattenspiel eines Gefängnisseelsorgers

S. 20
„Ich bin nie Soldat gewesen und auch stolz darauf.“ Ein Gespräch mit dem Sozialpädagogen Wolfgang Musigmann über die Offene Arbeit damals und heute

S. 25
Harro Lucht – Die „jungen Wilden“ und die Stasi. Erlebnisse als Studentenpfarrer in Greifswald

S. 34
Gisa Bauer – Vom „Fürstenknecht“ zu einer der „Persönlichkeiten der deutschen Geschichte von Weltgeltung“. Martin Luther in der DDR

S. 39
Gregor Buß – Staatssicherheit und katholische Kirche. Eine Auswertung der Jahresarbeitspläne der Hauptabteilung XX/4/II

S. 44
Roland Lehmann – Christliche Milieus im Visier. Ein Forschungsprojekt zur Diskriminierung von Christen in der DDR

ZEITGESCHICHTE

S. 48
Thomas Bienert – Verschwundene Schlösser und Herrenhäuser. Der Befehl Nr. 209 der Sowjetischen Militäradministration in Thüringen

S. 54
Rainer Erices – Der Eisenbahnunfall von Langenweddingen. Die Stasi-Ermittlungen zur schwersten Zugkatastrophe in der DDR

ZEITGESCHEHEN / DISKUSSION

S. 61
Sandra Pingel-Schliemann – Am Leben vorbei. Das Leben von Kindern und Jugendlichen in Behinderteneinrichtungen im Norden der DDR

S. 66
Daniel Börner – „Keinen Zoll ostwärts“!? Kriegsnarrative und Mythenbildung zur NATO-Osterweiterung

REZENSIONEN

S. 68
Wolfgang Kraushaar – Die Schleyer-Entführung noch einmal unter die Lupe genommen. Diesmal aus der Perspektive eines Behördenversagens

S. 70
Daniel Börner – Fliegend in die Freiheit. Fluchten aus der DDR über den Luftweg

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