Wie wird der Kommunismus ein Vierteljahrhundert nach der Überwindung seiner diktatorischen Regime in Europa erinnert? Dieser Frage ist der Schwerpunkt des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2014 gewidmet. Seit den friedlichen Revolutionen gegen die kommunistischen Regime 1989 hat sich insbesondere in den Staaten Ostmitteleuropas eine disparate Erinnerungskultur herausgebildet. Die Auseinandersetzung mit der kommunistischen Vergangenheit ist dabei nicht nur allzu oft Instrument politischer Lagerkämpfe. Zugleich wird die Geschichte der kommunistischen Herrschaft in vielen Ländern Ostmitteleuropas in einen nationalen Geschichtsdiskurs eingepasst, der Verantwortung externalisiert oder auf kleine Gruppen in der Gesellschaft fokussiert.
Weitere Beiträge zur Geschichte der SED-Diktatur, biografische Porträts sowie Miszellen machen die Ausgabe 2014 wiederum zu einem Spiegelbild aktueller Forschungen zur Geschichte des internationalen Kommunismus.
INHALTSVERZEICHNIS
Editorial, S. VII
Der Kommunismus in Erinnerungskultur und Geschichtspolitik
Markus Goldbeck: Die Ambivalenz staatlicher Förderung: Eine Chance für die DDR-Aufarbeitung oder „gefährliche Abhängigkeit“?, S. 1
Elke Sieber: Erinnerung an die DDR. Zwischen (N)Ostalgie und Totalverdammung, S. 17
Knud Andresen: Vier Möglichkeiten, die Geschichte der DKP zu erzählen: Politische Erinnerungen ehemaliger DKP-Funktionäre, S. 29
Joachim Gatterer: Im regionalen Unterbewusstsein: Fragmente kommunistischer Erinnerung im ethnisch gespaltenen Gedächtnis Südtirols, S. 47
Matej Kralj: Europa statt Sozialismus – Strategien der Aneignung der sozialistischen Vergangenheit in Slowenien, S. 63
Tea Sindbæk: Die Vergangenheit nationalisieren: Kroatien, Serbien und Bosnien schreiben die gemeinsame Geschichte des sozialistischen Jugoslawien neu, S. 77
Idrit Idrizi: Zwischen politischer Instrumentalisierung und Verdrängung: Die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus in Öffentlichkeit, Geschichtspublizistik und Historiografie im postkommunistischen Albanien, S. 93
Carola Söller: Im Spannungsfeld von „nationalen“ und „europäischen“ Ansprüchen? Eine Betrachtung des Nationalen Rates für das Studium der Securitate-Archive in Rumänien, S. 107
Sergej Abašin: Entsowjetisierung und Erinnerungspolitik in Zentralasien, S. 125
Biografische Skizzen
Maren Roth: „In einem Vorleben war ich Europäer“ – Melvin J. Lasky als transatlantischer Mittler im kulturellen Kalten Krieg, S. 139
Udo Grashoff: Luise Schröter – Verräterin oder Sündenbock? Zur Gestapo-Mitarbeit der kommunistischen Kurierin im Jahr 1935, S. 157
Miszellen
Gerhard Wettig: Zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs: Welche Rolle spielte Stalin?, S. 171
Patrick Hesse: Mündigkeit und Messianismus: Zur Reichweite kommunistischer Befreiung im südindischen Telengana, 1946–1951, S. 191
Mario Niemann: Das System der Anleitung und Kontrolle der Parteileitungen in der SED, S. 211
Maximilian Graf: Parteifinanzierung oder Devisenerwirtschaftung? Zu den Wirtschaftsbeziehungen von KPÖ und SED, 1946–1989, S. 229
Henrik Nitsche: Deutscher oder sozialistischer Raum? Bildbände in der DDR, S. 249
Newsletter
The International Newsletter of Communist Studies, S. 263
Anhang
Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, S. 317