Die dritte Ausgabe von Tierstudien widmet sich dem Thema „Tierliebe“. Es wird gezeigt, wie sich verschiedene Formen von Tierliebe äußern und welche Rituale, Texte, Bilder oder Kunstwerke Fragen zur Liebe zu Tieren, zur Liebe von Tieren oder zur Liebe zwischen Tieren stellen oder beantworten. Die Autor/innen beobachten dabei die historischen, kulturellen, psychologischen, biologischen, juristischen, politischen oder philosophischen Folgen unterschiedlicher Konzepte von Tierliebe.
Sie beschäftigen sich u.a. mit Tierliebe als sozialem Dispositiv bzw. mit Emotionalisierungsprozessen seit dem 19. Jahrhundert im Bezug auf Moralisierung und Pädagogisierung von Mensch-Tier-Verhältnissen. Weiterhin werden literarische Dokumente von Tierliebe im Mittelalter vorgestellt, das Konzept der Mutterliebe als instinkthafter, quasi animalischer Trieb diskutiert, Repräsentationen von Artengrenzen überschreitender Sexualität im Film und in der Bildenden Kunst analysiert sowie frühneuzeitliche Gerichtsverfahren wegen Sodomie reflektiert. Ein Text erkundet Möglichkeiten und Grenzen speziesüberschreitender Emotionalität zwischen Pferden und Menschen, ein anderer widmet sich fotografischen Aufnahmen, in denen sich Tierliebe auf überraschende Weise manifestiert, ein weiterer beleuchtet die Soziologie von Tierliebe als Verarbeitungsstrategie von Gewalt im Schlachthof.
In einem künstlerischen Beitrag wird die Möglichkeit tierlicher Homosexualität befragt, in einem anderen die schon sprichwörtliche Schwärmerei junger Mädchen für Pferde ausgestellt.
INHALT
Jessica Ullrich / Friedrich Weltzien: Editorial
Große Emotionen
Gabriela Kompatscher-Gufler: „… nicht, um es zu töten, sondern um es zu streicheln.“ (Herbert von Clairvaux, 12. Jh.): Literarische Dokumente der Tierliebe im Mittelalter
Marion Thomas: Sind Frauen von Natur aus aufopfernd? Über den animalischen Mutterinstinkt im Frankreich der Dritten Republik
Pascal Eitler: Tierliebe und Menschenführung. Eine genealogische Perspektive auf das 19. und 20. Jahrhundert
Gegen die Natur
Jose Cáceres Mardones: Böse Gedanken, teuflischer Mutwillen und Liebe. Ehepaare und Tiere in Gerichtsverfahren gegen Bestialität
Massimo Perinelli: Die Lust auf das Tier. Zoophilie, Film und der zoophobe Reflex
Anna Vrublevska: Tierliebe bei Oleg Kulik. Zwischen Sexualität und Humanität
Unerwartete Formen der Tierliebe
Katrin Joost: Übersehene Spuren. Der philosophisch paradoxe Begriff der Tierliebe als photographisch verstanden
Marcel Sebastian: Tierliebe im Schlachthof? Das Interesse am Wohl der Tiere als Verarbeitungsstrategie von Gewalt im Schlachthof
Marion Mangelsdorf: ,Liebesgeflüster‘ zwischen Menschen und Pferden? Möglichkeiten und Grenzen speziesüberschreitender Emotionalität
Künstlerische Positionen
Ines Lechleitner: Fotografien aus dem Projekt H like Horses (2012)
Marion Porten: Wunderwelt Verhaltensforschung, 2001–2003, multimediale Skulptur
Alexandra Vogt: Fotografien 2006–2009
Rezensionen
André Krebber: Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies (Hg.): Human-Animal Studies. Über die gesellschaftliche Natur von Mensch-Tier-Verhältnissen, 2012
Sulgi Lie: Sabine Nessel / Winfried Pauleit / Christine Rüffert / Alfred Tews / Karl-Heinz Schmidt (Hrsg): Der Film und das Tier. Klassifizierungen, Cinephilien und Philosophien des Filmtiers, 2012
Susanne Karr: Anat Pick: Creaturely Poetics. Animality and Vulnerability in Literature and Film, 2011
Alexandra Böhm: Kari Weil: Thinking Animals. Why Animal Studies Now?, 2012
Abbildungsnachweise
Call for Papers: Tiere und Tod