Historische Sozialkunde 43 (2013), 1

Titel der Ausgabe 
Historische Sozialkunde 43 (2013), 1
Weiterer Titel 
On Air – Leitmedium Fernsehen

Erschienen
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
44 S.
Preis
€ 5,00

 

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Institution
Historische Sozialkunde: Geschichte, Fachdidaktik, politische Bildung
Land
Austria
c/o
Die Zeitschrift wurde Ende des Jahres 2018 eingestellt. Der "Verein für Geschichte und Sozialkunde" ist seit Juni 2019 aufgelöst. Ein Kontakt zu den ehemaligen Herausgebern ist nicht mehr möglich.
Von
Fuchs, Eduard

Einleitung (Heinrich Ammerer/Ewald Hiebl)

169 Minuten sahen Herr und Frau Österreicher im Jahr 2012 täglich fern, so viel wie noch nie zuvor. Zieht man jenen Teil der Bevölkerung ab, der sich dem Fernsehen verweigert, kommt man sogar auf stolze 4 Stunden und 21 Minuten, welche der bzw. die durchschnittliche Über-Zwölfjährige hierzulande mit dem Konsum der mehr als 100 Fernsehprogramme verbringt, die Satellit und Kabel in die Haushalte schleusen. Doch so erfolgreich das Leitmedium auch ist, seine Zukunft ist – demographisch bedingt – ungewiss: Während die TV-Nutzungszeit bei den Über-Sechzigjährigen bei 254 Minuten liegt, kommen die Drei- bis Elfjährigen täglich „nur“ auf 68 Minuten (alle Menschen der jeweiligen Altersgruppe mit eingeschlossen, selbst wenn sie über gar kein Fernsehgerät verfügen). Natürlich ist der Fernsehkonsum von Kindern unter elf Jahren nicht mit jenen von Erwachsenen zu vergleichen, doch dieser Trend setzt sich auch in der Altersgruppe der 12-29-Jährigen fort, die mit 95 Minuten täglich nur 40% der Zeit der Über-60-Jährigen vor den Fernsehgeräten verbringen. Allgemein lässt sich sagen: Mit zunehmendem Alter steigt der Fernsehkonsum. Die Frage, wie der Fernsehkonsum der Kinder und Jugendlichen aussehen wird, wenn sie älter werden, ist freilich ungeklärt.

Dennoch ist das Fernsehen selbst in Zeiten des Internets auch für Kinder und Jugendliche ein wichtiger Kanal zur Unterhaltung und zur Informationsgewinnung – vor allem im politischen Bereich. Grund genug, sich mit dem unser Leben so stark dominierenden Medium näher auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt des vorliegenden Heftes stehen fachdidaktische Aspekte rund um den Einsatz von Fernsehmedien im Unterricht, aber auch Fragen rund um das Themenfeld „Fernsehen und Politik“ sowie zum Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen.

Im ersten Beitrag muss Armin Wolf, der vielleicht bekannteste Interviewer des Landes, einmal die Rollen tauschen und sich vom Salzburger Historiker Ewald Hiebl interviewen lassen. Der Anchorman der ZIB 2 und promovierte Politikwissenschafter Wolf fordert, dass Fernsehen, auch qualitätsvolles Fernsehen, nicht langweilig sein darf. Er spricht über die Kunst, gute Interviews zu führen, und warum er Frank Stronach im mittlerweile legendären ZIB 2-Interview zwanzig Sekunden länger vorlesen lassen hätte sollen. Wolf bestätigt die These der engen Vernetzung von Medien und Politik im kleinen Österreich und erklärt, warum das Fernsehen für die Politik eine so besondere Rolle spielt und wie man die Jugend – vielleicht – für politische Berichterstattung interessieren könnte. Schließlich antwortet der prominente Moderator, der sich in seiner Dissertation mit prominenten Quereinsteigern in die Politik beschäftigt hat, auf die Frage, ob er selbst gerne Politiker wäre.

Der zweite Beitrag stammt von den beiden Salzburger Kommunikationswissenschaftlerinnen Jasmin Kulterer und Ingrid Paus-Hasebrink. Sie stellen schon im Titel ihres Beitrags klar, dass Fernsehen noch immer „das Leitmedium mit vielfältigen Funktionen im Kinderalltag“ ist. Anhand zahlreicher Studien wird die noch immer ungebrochene Begeisterung der Kinder für das Fernsehen gezeigt. Bei Langeweile, Trauer, Ärger oder Einsamkeit, aber auch wenn die Kinder „was Spannendes“ erleben wollen, ist Fernsehen die erste Wahl. Mit Medienfiguren, vor allem solchen aus dem Fernsehen, werden zudem para-soziale Beziehungen aufgebaut, die häufig auch soziale Probleme im Alltag kompensieren sollten. Die Autorinnen widmen sich schließlich noch der Funktion des Fernsehkonsums speziell für sozial benachteiligte Kinder und fordern eine möglichst früh einsetzende Medienbeildung, um die Kompetenz zu erreichen, Mediennutzung als genussvoll und bereichernd zu erfahren.

Den größten Teil dieses Heftes nehmen aber die Beiträge zur Fachdidaktik ein. Heinrich Ammerer beginnt dabei mit einem kompetenzorientierten Blick auf das Medium Fernsehnachrichten und stellt verschiedene methodische Zugänge vor, die sich mit den Gestaltungsmechanismen und Strategien dieses Mediums im Unterricht beschäftigen. Über Mediatheken und Online-Portale so komfortabel im Unterricht einsetzbar wie nie zuvor, zeigen Nachrichtensendungen exemplarisch und anschaulich die Gesetzmäßigkeiten, nach denen Medien im Allgemeinen politische Inhalte auswählen, anordnen und präsentieren. Von analytischen Zugängen, die durch exemplarische Beobachtungsaufgaben illustriert werden, über vergleiche Aufgabenformate bis hin zu gestalterischen Methoden, bei denen die SchülerInnen schöpferisch und spielerisch mit Nachrichtensendungen umgehen, zeigt der Beitrag unterschiedlich anspruchsvolle Möglichkeiten für den Unterrichtseinsatz dieses einflussreichen Mediums. Der Salzburger Geschichtsdidaktiker Reinhard Krammer unternimmt in seinem Beitrag didaktische Überlegungen zur Arbeit mit Dokumentarfilmen im Unterricht. Ausgehend von der Popularität der Geschichtsdokumentationen im Fernsehen fordert er, den Schülern und Schülerinnen Werkzeuge zu vermitteln, diese historischen Docutainments zu „de-konstruieren“. Aufbauend auf einer ausreichenden Wissensbasis werden die als so geschlossen wirkenden Geschichtserzählungen in ihre Einzelteile oder „Mosaiksteine“ (Bilder, Moderation, nachgestellte Szenen etc.) „zerlegt“, die genau analysiert werden. Zielführend scheint Krammer auch der Vergleich mehrerer Dokumentationen zu einem Thema zu sein.

Wolfgang Buchberger exemplifiziert Krammers Gedanken und widmet sich in seinem Beitrag der Darstellung des „Anschlusses“ 1938 im Geschichtsdokumentarfilm. Er erstellt eine Unterrichtssequenz, in der sich die Schülern und Schülerinnen zunächst das nötige Arbeitswissen aneignen, anschließend werden Arbeitsblätter und Fragestellungen für die Schüler und Schülerinnen präsentiert, auf deren Basis zwei Ausschnitte des auf Youtube verfügbaren ZDF-Dokumentarfilms „Hitlers Österreich“ (2008, Jörg Müllner) detailliert analysieren werden können. Ein Vergleich mit einem Schulbuchtext zum Thema „Anschluss“ 1938 schließt die Unterrichtssequenz ab.

Der letzte Beitrag von Alex Naringbauer widmet sich der Medienproduktion von Jugendlichen. Naringbauer zeigt am Beispiel des in Salzburg beheimateten Community-TV-Senders „FS1“, wie Schüler und Schülerinnen selbst Erfahrungen in der Produktion eine Film- bzw. Fernsehbeitrag machen können. Einer Phase der Einführung folgt eine Redaktionssitzung. Nach Drehtag und Schnitt steht ein fertiger Beitrag zur Verfügung, der im Community-TV gesendet bzw. bei Jugendfilmfestivals präsentiert werden kann. Als Praktisches Beispiel führt Naringbauer einen Film von Schülern und Schülerinnen zum so genannten „Russenfriedhof“ in St. Johann im Pongau an. Ergänzt wird der Beitrag um eine Übersicht zu Community-TVs in Österreich und deren gemeinsame Charta.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Heinrich Ammerer/Ewald Hiebl
Einleitung, S 2–3

„Fernsehen darf nicht langweilig sein“
Dr. Armin Wolf zum Thema Politik, Medien und Fernsehen
Interview geführt von Ewald Hiebl, S 4–12

Jasmin Kulterer/Ingrid Paus-Hasebrink
Fernsehen – auch heute noch das Leitmedium mit vielfältigen Funktionen im Kinderalltag, S 13–19

Fachdidaktik

Heinrich Ammerer
Nachrichtensendungen im Unterricht, S 20–25

Reinhard Krammer
Geschichtsdokumentationen
Didaktische Überlegungen zur Arbeit mit Dokumentarfilmen im Geschichtsunterricht, S 26–30

Wolfgang Buchberger
Der ‚Anschluss‘ 1938 – Analyse eines Geschichtsdokumentarfilms, S 31–38

Alex Naringbauer
Das andere Schulfernsehen – aktive Medienarbeit für den Projektunterricht, S 39–44

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