Heft 2/2020 von Berliner Debatte Initial widmet sich in seinem Themenschwerpunkt „Skandal und Empörung“ Formen der Empörung in Populärkultur, Politik und Medien. „Empörung“ – ohne einen Eintrag hierzu wäre ein Glossar der Gegenwart wohl unvollständig. Über etwas entrüstet zu sein, ist als moralisches Gefühl eine Alltäglichkeit. Sich empören meint aber auch: aufbegehren, aufstehen, den Gehorsam verweigern. Sieht man Empörung nur als eine negative Emotion, so handelt es sich um eine individuelle Angelegenheit. Versteht man unter Empörung jedoch Aufruhr und Widerstand, so handelt es sich um ein soziales Phänomen, das über das Individuum hinausweist. In diesem Sinne ist es auch ein Geschichte machendes Phänomen. Nicht nur, wer sich empört, auch, was Empörung hervorruft, ist von Bedeutung. Üblicherweise wird Anstoß genommen an individuellem Verhalten. Doch für Empörung sorgen können auch ‚die Verhältnisse‘ im Sinne einer bestimmten sozialen Formation, Lage oder Situation. Die Beiträge gehen der Frage nach, wie „Empörung“ sozial hervorgebracht, gemacht, konstruiert wird. Sie analysieren aktuelle, zum Teil skandalöse Beispiele, stellen aber auch grundsätzliche Fragen. Diese betreffen nicht zuletzt die Auswirkungen digitaler Medien auf das, was man gemeinhin Öffentlichkeit nennt.
Themenschwerpunkt: Skandal und Empörung – Analysen zu Popkultur, Politik und Journalismus
Marc Dietrich, Günter Mey, Martin SeeligerZur Einleitung (S. 3–9)
Gerrit FröhlichInauthentizität als digitaler Sündenfall. Öffentliche Konflikte um richtige Spiele, falsche Gamer und wahre Geschichte in der digitalen Spielekultur (S. 10–21)
Jennifer Eickelmann„Rape Day“ zwischen Realität und Fiktion. Affektive Öffentlichkeiten und digitale Spiele (S. 22–34)
Gregor BalkeComedy der Empörung. Über komische Inszenierungen sozialer Erregung (S. 35–49)
Martin Seeliger„Wer mir Befehle gibt? Nur meine Eier!“ Clankriminalität in der Serie „4 Blocks“ (S. 50–60)
Christine Campen, Oliver DimbathGesichter der Empörung (S. 61–73)
Manuel DieterichÜberengagement durch Moralisierung. Selbst- und Fremdidentifikationen in einem kommunalen Streit um eine Flüchtlingsunterbringung (S. 74–85)
Il-Tschung LimKultur der Empörung. Mikroaggressionen als kommunikative Episode und Signatur politischer Konflikte (S. 86–95)
Simone JungKritische Öffentlichkeiten? Formen der Skandalisierung in der Kulturpublizistik am Beispiel der Band Feine Sahne Fischfilet (S. 96–107)
Anja Peltzer, Elena PilipetsDie Ironie der Empörung. Affektive Politik im digitalen Afterlife des Ibiza-Videos (S. 108–122)
Allgemeiner Teil
Gerd IrrlitzEs tut uns leid, nicht immer loben zu können (S. 123–133)
Peer PasternackGefangensein im Bestehenden. Der Rechtspopulismus und die merkwürdige Didaktik der Aufklärung (S. 134–145)
Ulrich BuschLudwig van Beethoven – Favorit der Musikkultur der DDR (S. 146–160)
Besprechungen und Rezensionen
Colin Campbell: The Romantic Ethic and the Spirit of Modern Consumerism rezensiert von Kai-Uwe Hellmann (S. 161–163)
Wolfgang Harich: Friedrich Nietzsche. Der Wegbereiter des Faschismus / Arnold Gehlen. Eine marxistische Anthropologie? rezensiert von Ulrich Busch (S. 164–167)
Merab Mamardaschwili: Die Metaphysik Antonin Artauds / Das Wien der Jahrhundertwende. Essays rezensiert von Michail Maiatsky (S. 168–170)
Renate Lachmann: Lager und Literatur. Zeugnisse des GULAG rezensiert von Wladislaw Hedeler (S. 170–172)