Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 68 (2020), 3-4

Titel der Ausgabe 
Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 68 (2020), 3-4
Weiterer Titel 
Vernichtungskrieg, Besatzung und juristische Aufarbeitung: Opferperspektiven

Erschienen
Stuttgart 2020: Franz Steiner Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
340 S.

 

Kontakt

Katharina Kucher
Institution
Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung
Land
Deutschland
PLZ
93047
Ort
Regensburg
Straße
Landshuterstr. 4
c/o
Jahrbücher für Geschichte Osteuropas
Von
Reinhard Frötschner

Das Doppelheft 3/4 des 68. Jahrgangs der JGO ist als Themenheft unter dem Titel „Vernichtungskrieg, Besatzung und juristische Aufarbeitung: Opferperspektiven“ erschienen. Die darin enthaltenen Beiträge russischer, ukrainischer und deutscher Historikerinnen und Historiker richten den Blick auf zivile Opfergruppen des Zweiten Weltkriegs und nehmen neben den Opfern der nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft in den besetzten sowjetischen Gebieten auch Opfer des Stalinismus in den von der Roten Armee befreiten Regionen in den Blick. Gastherausgeberin ist Tanja Penter (Heidelberg), die in die Thematik einführt. Der Aufsatz von Artem Latyshev (Moskau) „Almost Soviet. Integration of the Liberated Territories of the USSR, 1942–1944” zeigt, dass Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Kontext der Befreiung durch die Rote Armee keine Seltenheit darstellte. Dabei geht er erstmals auch auf die Haltungen und Wahrnehmungen der Befreier gegenüber den Befreiten ein. Yuliya von Saal (München) plädiert in ihrem Beitrag „Mehr als Opfer. Kriegskinder und ihr Überleben in den Kinderheimen im besetzten Belarus“ dafür, dem etablierten Narrativ von Kindern als passiven Opfern eine Perspektive entgegenzusetzen, die die Handlungsspielräume der Minderjährigen hervorhebt und die zahlreichen Grauzonen zwischen Opfer- und Täterrollen auslotet. Jasmin Söhner (Heidelberg) beschäftigt sich in ihrer Abhandlung „After Nuremberg“ mit der Nachkriegsgeschichte ziviler sowjetischer Opferzeugen und deren Rolle bei westdeutschen Gerichtsprozessen gegen NS- und Kriegsverbrecher. Am Beispiel der „Ermordung von psychisch kranken Menschen in Poltava (1941–1943)“ nehmen Dmytro Tytarenko (Krywyj Rih) und Tanja Penter die Aufarbeitung des Verbrechens in der Nachkriegszeit durch deutsche und sowjetische Justizorgane in den Blick und untersuchen die Justizkooperation über die Grenzen der Blockkonfrontation des Kalten Kriegs hinweg. Corinna Kuhr-Korolev (Potsdam) erläutert und kontextualisiert abschließend eine Auswahl erstmals publizierter Fotografien von Insassen eines Novgoroder Invalidenheims, die der Fotograf und Wehrmachtsangehörige Ernst Baumann vermutlich kurz vor deren Ermordung aufgenommen hat. Die Bilder sind außergewöhnlich, weil sie die kranken und behinderten Menschen in ihrer Individualität und Zerbrechlichkeit, aber auch Würde zeigen.

Beigefügt ist diesem Themenheft ein Diskussionsbeitrag von Dmytro Tytarenko, der eindrücklich veranschaulicht, wie in den Jahren 2014–2016 das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg in der Geschichtspolitik der „Donecker Volksrepublik“ instrumentalisiert wurde.

58 Rezensionen neuer Forschungsliteratur zur Geschichte Osteuropas ergänzen die Aufsätze. 30 weitere Besprechungen sind parallel zum Heft online in der „jgo.e-reviews“-Ausgabe 10 (2020), 2 auf recensio.net unter https://www.recensio.net/rezensionen/zeitschriften/jahrbucher-fur-geschichte-osteuropas/index_html erschienen.

Weitere Informationen zur Zeitschrift als solcher, zum hier vorgestellten Heft und zu allen darin publizierten Texten sind verfügbar unter https://elibrary.steiner-verlag.de/journal/jgo/68/3-4.

Inhaltsverzeichnis

Abhandlungen

Tanja Penter: Vernichtungskrieg, Besatzung und juristische Aufarbeitung: Opferperspektiven / War of Annihilation, Occupation and Legal Reappraisal: Victims’ Perspectives – 368

Artem Latyshev: Almost Soviet. Integration of the Liberated Territories of the USSR, 1942–1944 – 378

Yuliya von Saal: Mehr als Opfer. Kriegskinder und ihr Überleben in den Kinderheimen im besetzten Belarus / More than Victims. War Children and their Survival in the Children's Homes of Occupied Belarus – 403

Jasmin Söhner: After Nuremberg. The Appearance of Soviet Victims of Nazi Atrocities as Witnesses in Postwar Trials in West Germany, 1964–1969 – 432

Dmytro Tytarenko / Tanja Penter: Die Ermordung von psychisch kranken Menschen in Poltava (1941–1943). Einblicke aus deutschen und sowjetischen Ermittlungsakten und Justizkooperation im Kalten Krieg / The Murder of Psychiatric Patients in Poltava (1941–1943). Insights from German and Soviet Investigative Files and Judicial Cooperation During the Cold War – 455

Corinna Kuhr-Korolev: Ohne Chancen auf Überleben. Ein Novgoroder Invalidenheim in Fotografien von Ernst Baumann / No Chance of Survival. A Home for the Disabled and Invalids in Novgorod in Photographs by Ernst Baumann – 482

Diskussion

Dmytro Tytarenko: „Der Feind ist wieder in unser Land einmarschiert [...]“. Der Große Vaterländische Krieg in der Geschichtspolitik auf dem Gebiet der „Donecker Volksrepublik“ (2014–2016) / “The Enemy has Invaded our Country Again [...]”. World War II in the Politics of History on the Territory of the “Donetsk People's Republic” (2014–2016) – 508

Rezensionen

Valerie Kivelson: Russia's Empires (rezensiert von Ricarda Vulpius) – 557

Sören Urbansky: Beyond the Steppe Frontier. A History of the Sino-Russian Border (rezensiert von Eva-Maria Stolberg) – 560

Pavel Ščerbinin: “Pustite detej ko mne …”. “Deti bedy” i popečitel'stvo do i posle 1917 goda (rezensiert von Boris B. Gorshkov) – 562

Andrei Cusco: A Contested Borderland. Competing Russian and Romanian Visions of Bessarabia in the Second Half of the 19th and Early 20th Century (rezensiert von Galina Corman) – 564

Rudolf Mark: Händler, Forscher, Invasoren. Russland und Zentralsien 1000–1900 (rezensiert von Gerhard Simon) – 567

Julia Obertreis: Imperial Desert Dreams. Cotton Growing and Irrigation in Central Asia, 1860–1991 (rezensiert von Sarah Cameron) – 569

Bianca Hoenig: Geteilte Berge. Eine Konfliktgeschichte der Naturnutzung in der Tatra (rezensiert von Jana Bürgers) – 571

Gerhard Seewann: Donauschwaben. Deutsche Siedler in Südosteuropa (rezensiert von Florian Kührer-Wielach) – 573

Florin Curta: Eastern Europe in the Middle Ages (500–1300) (rezensiert von Martin Faber) – 576

Martin Homza: Mulieres suadentes – Persuasive Women. Female Royal Saints in Medieval East Central and Eastern Europe (rezensiert von Nadieszda Kizenko) – 578

Tsvetelin Stepanov: Waiting for the “End of the World”. European Dimensions, 950–1200 (rezensiert von David Khunchukashvili) – 580

Aleksej Martynjuk: Do Gerberštejna. Avstrija i Vostočnaja Evropa v sisteme personal'nych svjazej i kul'turnych kontaktov (XIII – načalo XVI veka) (rezensiert von Norbert Angermann) – 582

Priit Raudkivi: Der livländische Landtag. Zur Entstehung einer mittelalterlichen Institution (rezensiert von Anti Selart) – 585

Ekaterina Emeliantseva Koller: Religiöse Grenzgänger im östlichen Europa. Glaubensenthusiasten um die Prophetin Ekaterina Tatarinova und den Pseudomessias Jakob Frank im Vergleich (1750‒1850) (rezensiert von Verena Dohrn) – 587

Tricia Starks: Smoking under the Tsars. A History of Tobacco in Imperial Russia (rezensiert von Daria Sambuk) – 589

Nikolaj Promyslov: Francuzskoe obščestvennoe mnenie o Rossii nakanune i vo vremja voiny 1812 goda (rezensiert von Andreas R. Hofmann) – 591

Hans-Christian Petersen: An den Rändern der Stadt? Soziale Räume der Armen in St. Petersburg (1850–1914) (rezensiert von Hubertus F. Jahn) – 594

Lenka Fehrenbach: Bildfabriken. Industrie und Fotografie im Zarenreich (1860–1917) (rezensiert von Emily Evans) – 596

Konstantin Erusalimskij: Na službe korolja i Reči Pospolitoj (rezensiert von Inge Auerbach) – 598

Denis Volkov: Russia's Turn to Persia. Orientalism in Diplomacy and Intelligence (rezensiert von Zaur Gasimov) – 601

Ricarda Vulpius: Die Geburt des Russländischen Imperiums. Herrschaftskonzepte und -praktiken im 18. Jahrhundert (rezensiert von Jan Kusber) – 602

Tat’jana Saburova, Ben Eklof: Družba, sem'ja, revoljucija. Nikolaj Čarušin i pokolenie narodnikov 1870-ch godov (rezensiert von Vitalij Fastovskij) – 604

Andrej Kurbskij: Novyj Margarit. Historisch-kritische Ausgabe auf der Grundlage der Wolfenbütteler Handschrift (Bd. 1–5) (rezensiert von Konstantin Erusalimskij) – 606

Danuta Gwizdalanka: Der Verführer. Karol Szymanowski und seine Musik (rezensiert von Boris Belge) – 611

Zygmunt Mycielski: Ein Aristokrat im kommunistischen Polen. Tagebücher eines Komponisten (1950–1970) (rezensiert von Boris Belge) – 611

Melanie Arndt: Tschernobylkinder. Die transnationale Geschichte einer nuklearen Katastrophe (rezensiert von Susanne Schattenberg) – 614

Silvio Pons, Stephen Smith: The Cambridge History of Communism (Bd. 1) (rezensiert von Wolfgang Mueller) – 616

Norman Naimark, Silvio Pons, Sophie Quinn-Judge: The Cambridge History of Communism (Bd. 2) (rezensiert von Wolfgang Mueller) – 616

Juliane Fürst, Silvio Pons, Mark Selden: The Cambridge History of Communism (Bd. 3) (rezensiert von Wolfgang Mueller) – 616

Sarah Panter: Jüdische Erfahrungen und Loyalitätskonflikte im Ersten Weltkrieg (rezensiert von Anastasia Surkov) – 623

Michael Hagemeister: Die „Protokolle der Weisen von Zion“ vor Gericht. Der Berner Prozess 1933–1937 und die „antisemitische Internationale“ (rezensiert von Marc Volovici) – 625

Claudia Weber: Der Pakt. Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz (rezensiert von Hiroaki Kuromiya) – 627

Klaus Kellmann: Dimensionen der Mittäterschaft. Die europäische Kollaboration mit dem Dritten Reich (rezensiert von Andreas Hilger) – 629

Irina Scherbakowa: Die Hände meines Vaters. Eine russische Familiengeschichte (rezensiert von Carmen Scheide) – 631

Denis Babichenko: The Debit and Credit of War or How Stalin Made a Trillion. The Unknown Economic History of the USSR before, during and after World War II (1940–1953) (rezensiert von Stephan Merl) – 633

Dan Healey: Russian Homophobia from Stalin to Sochi (rezensiert von Elizabeth A. Wood) – 637

Simon Ings: Triumph und Tragödie. Stalin und die Wissenschaftler (rezensiert von Björn Felder) – 638

Victoria Donovan: Chronicles in Stone. Preservation, Patriotism, and Identity in Northwest Russia (rezensiert von Corinna Kuhr-Korolev) – 640

Julia Hildt: Der russische Adel im Exil. Selbstverständnis und Erinnerungsbilder nach der Revolution von 1917 (rezensiert von Laura Ritter) – 643

Svetlana Malyševa: „Na miru krasna”. Instrumentalizacija smerti v Sovetskoj Rossii (rezensiert von Robert Kindler) – 645

Tat’jana Voronina: Pomnit' po-našemu. Socrealističeskij istorizm i blokada Leningrada (rezensiert von Ekaterina Makhotina) – 647

Francine Hirsch: Soviet Judgement at Nuremberg. A New History of Military Tribunal after World War II (rezensiert von Dietrich Beyrau) – 650

Aaron Hale-Dorell: Corn Crusade. Khrushchev’s Farming Revolution in the Post-Stalin Soviet Union (rezensiert von Katja Bruisch) – 653

Andrej Sorokin: Rossija v 1917 godu. Ėnciklopedija (rezensiert von Lutz Häfner) – 656

Kirill Abramjan: 1937 god. N. S. Chruščev i moskovskaja partorganizacija (rezensiert von Martin Wagner) – 658

Boris Men’šagin: Vospominanija, Pis’ma, Dokumenty (rezensiert von Dietrich Beyrau) – 660

Boris Belge: Klingende Sowjetmoderne. Eine Musik- und Gesellschaftsgeschichte des Spätsozialismus (rezensiert von Rüdiger Ritter) – 664

Baruch Milch: Ist der Himmel leer? In Galizien durch die Hölle des NS-Terrors und ein neues Leben in Israel 1907–1989 (rezensiert von Frank Golczewski) – 666

Rachela Zelmanowicz Olewski: Weinen hier verboten. Ein jüdisches Mädchen im polnischen Bendzin, im Ghetto von Bendzin und im Versteck, im Frauenorchester von Auschwitz, in Bergen-Belsen und Israel. 1921–1987. Ein Zeugnis in Yad Vashem (rezensiert von Frank Golczewski) – 666

Klaus-Peter Friedrich: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Bd. 4 und 9) (rezensiert von Frank Golczewski) – 666

Elisabeth Haid: Im Blickfeld zweier Imperien. Galizien in der österreichischen und russischen Presseberichterstattung während des Ersten Weltkriegs (1914–1917) (rezensiert von Kurt Scharr) – 670

Anne Applebaum: Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine (rezensiert von Rudolf Mark) – 673

Tatsiana Astrouskaya: Cultural Dissent in Soviet Belarus (1968–1988). Intelligentsia, Samizdat and Nonconformist Discourses (rezensiert von Felix Ackermann) – 675

Katja Doose: Tektonik der Perestrojka. Das Erdbeben und die Neuordnung Armeniens, 1985–1998 (rezensiert von Maike Lehmann) – 679

Gero Fedtke: Roter Orient. Muslimkommunisten und Bolschewiki in Turkestan (1917–1924) (rezensiert von Jörn Happel) – 681

Jacek Nowak, Sławomir Kapralski, Dariusz Niedźwiedzki: On the Banality of Forgetting. Tracing the Memory of Jewish Culture in Poland (rezensiert von Frank Golczewski) – 683

Audrey Kichelewski: Les survivants. Les juifs de Pologne depuis la Shoah (rezensiert von Klaus-Peter Friedrich) – 685

Sarah Lemmen: Tschechen auf Reisen. Repräsentationen der außereuropäischen Welt und nationale Identität in Ostmitteleuropa 1890-1938 (rezensiert von Felix Jeschke) – 687

Marie-Janine Calic: Tito – Der ewige Partisan. Eine Biographie (rezensiert von Klaus Buchenau) – 689

Ingrid Schiel: Frei – Politisch – Sozial. Der Deutsch-Sächsische Frauenbund für Siebenbürgen 1921–1939 (rezensiert von Mariana Hausleitner) – 692

Rena Molho: Der Holocaust der griechischen Juden. Studien zur Geschichte und Erinnerung (rezensiert von Paolo Fonzi) – 694

Katharina Aubele: Vertriebene Frauen in der Bundesrepublik Deutschland. Engagement in Kirchen, Verbänden und Parteien 1945-1970 (rezensiert von Ekaterina Ljubomirova) – 696

Jiří Němec: Eduard Winter 1896–1982. Zpráva o originalitě a přizpůsobení se sudetoněmeckého historika (rezensiert von Martin Nodl) – 698

Die Rezensionen der „Jahrbücher für Geschichte Osteuropas“ und die vollständigen Ausgaben der jgo.e-reviews sind unter https://www.recensio.net/rezensionen/zeitschriften/jahrbucher-fur-geschichte-osteuropas/index_html abrufbar.

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