vorgänge 170: "Rückkehr der Bürgerlichkeit"
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie bürgerlich ist die deutsche Gesellschaft der Gegenwart? Diese Frage diskutieren Ralf Lord Dahrendorf und Paul Nolte in der aktuellen Ausgabe der "vorgänge": Was unterscheidet Deutschland hierin von anderen Ländern des Westens? Welche Rolle spielt die Religion? Wie sollen/können sich Intellektuelle in die öffentlichen Angelegenheiten einmischen? Was ist das Erbe der sogenannten "Flakhelfer-Generation", die die Bundesrepublik nach 1945 so entscheidend geprägt hat? Dies sind weitere Themen des umfangreichen Gesprächs.
Die "vorgänge" begeben sich auf die Suche nach der Bürgerlichkeit - in Vergangenheit und Gegenwart. Kann man man überhaupt von einer Renaissance sprechen? Denn verschwunden war Bürgerlichkeit nie. Doch un- oder antibürgerlich, wie sich vor einem Vierteljahrhundert viele gaben, will heute kaum jemand mehr sein. Ein neuer Zeitgeist prägt seit Jahren die Semantik: „Eigenverantwortung“ und „Leistungsbereitschaft“ sind die konsensfähigen Kernbegriffe der öffentlichen Debatten – und Schlüsselterminologien für die bürgerliche Gesellschaft.
Michael Th. Greven schaut in diesem Heft mit einem von Dolf Sternberger inspirierten Blick auf die Wandlungen des Bürgers nach 1945. Die Spuren, die Joachim Ritter, Odo Marquard und deren Philosophie der Bürgerlichkeit im politischen Denken der Bundesrepublik hinterlassen haben, verfolgt Jens Hacke. So gegensätzliche Köpfe wie Pierre Bourdieu und Niklas Luhmann werden von Joachim Fischer als Theoretiker der bürgerlichen Gesellschaft zusammengedacht. Die Grünen wandelten sich hinsichtlich Mitgliedschaft und Wählern zu einer Partei des Bürgertums: so die – die Bundestagswahl noch nicht miteinbeziehende – Analyse von Melanie Haas.
Anbei das Inhaltsverzeichnis; weitere Informationen zum Heft unter http://vorgaenge.humanistische-union.de/.
Das Heft kann beim Verlag (mailto:Ursula.Mueller@Bertelsmann.de, Tel. 05241-80 19 65, Fax: 05241-80 96 20) zum Preis von 12 Euro bestellt werden. Eine Vorschau auf die kommenden Hefte finden Sie am Ende dieser mail: "Die Zukunft der Linken" (Doppelheft 3-4/2005), "Rückkehr der Religion?" (1/2006).
Ideell gewinnbringende Lektüre wünscht aus Berlin Alexander Cammann
vorgänge 170 Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik 44. Jahrgang, Juni 2005, Heft 2, 148 Seiten, 12 Euro
Rückkehr der Bürgerlichkeit
Editorial (S. 1-2)
Ralf Lord Dahrendorf und Paul Nolte Bürgerlichkeit in Deutschland Ein Gespräch über die bürgerliche Gesellschaft, Religion, engagierte Intellektuelle und Generationserfahrungen nach 1945 (S. 3-20)
Michael Th. Greven Betrachtungen über das Bürgerliche Dolf Sternberger und die Metamorphosen des Bürgers nach 1945 (S. 21-32)
Jens Hacke Bekenntnis zur Bürgerlichkeit Selbstbehauptungsmotive in der politischen Philosophie der Bundesrepublik (S. 33-44)
Stefan Meissner Zivilgesellschaftsdiskurs und Bürgertumsdebatte (Re-)Konstruktion eines Beziehungsgeflechts (S. 45-52)
Joachim Fischer Bourdieu und Luhmann als Theoretiker der „bürgerlichen Gesellschaft“ (S. 53-60)
Melanie Haas Die Grünen als neue Partei des Bürgertums Geschichte – Milieus – Wähler - Mitgliedschaft (S. 61-70)
Daniel Schläppi Orientierung und Distinktion Zur Bedeutung von Geschichte für bürgerliche Eliten: das Beispiel Bern (S. 71-79)
Elisabeth Conradi Der Haushalt als Raum der Zivilgesellschaft Zur politischen Ökonomik der Wohngemeinschaft (S. 80-86)
Jens Nordalm Jenseits von Verfallsklage und Renaissancejubel: Bürgerliches Leben in der Gegenwart (S. 87-93)
Alexander Cammann Auf der Suche nach dem Bürger Ein aktueller Literaturbericht (S. 94-104) [Helmut Koopmann: Thomas Mann – Heinrich Mann. Die ungleichen Brüder; Manfred Görtemaker: Thomas Mann und die Politik; Dirk Heißerer: Im Zaubergarten. Thomas Mann in Bayern; Andreas Schulz: Lebenswelt und Kultur des Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert; Wolfgang Hardtwig: Hochkultur des bürgerlichen Zeitalters; Clemens Albrecht (Hg.): Die bürgerliche Kultur und ihre Avantgarden; Helga Grebing: Die Worringers. Bildungsbürgerlichkeit als Lebenssinn – Wilhelm und Marta Worringer (1881-1965); Jürgen Manthey: Königsberg. Geschichte einer Weltbürgerrepublik; Manfred Hettling/Bernd Ulrich (Hg.): Bürgertum nach 1945; Joachim Ritter: Metaphysik und Politik; Ulrich Dierse (Hg.): Joachim Ritter zum Gedenken; Odo Marquard: Individuum und Gewaltenteilung. Philosophische Studien; Ralf Dahrendorf: Auf der Suche nach einer neuen Ordnung. Vorlesungen zur Politik der Freiheit im 21. Jahrhundert; Ralf Dahrendorf: Die Krisen der Demokratie. Ein Gespräch mit Antonio Polito; Ralf Dahrendorf: Der Wiederbeginn der Geschichte. Vom Fall der Mauer zum Krieg im Irak; Claudia Kinkela: Die Rehabilitierung des Bürgerlichen im Werk Dolf Sternbergers; Joachim Fest: Die unbeantwortbaren Fragen. Notizen über Gespräche mit Albert Speer zwischen Ende 1966 und 1981; Wolf Jobst Siedler: Wir waren noch einmal davongekommen. Erinnerungen; Volker Reinhardt (Hg.): Deutsche Familien. Historische Portraits von Bismarck bis Weizsäcker; Gunilla-Friederike Budde: Frauen der Intelligenz. Akademikerinnen in der DDR 1945 bis 1975; Asfa-Wossen Asserate: Manieren; Udo di Fabio: Die Kultur der Freiheit; Uwe Tellkamp: Der Eisvogel]
Essays
Herfried Münkler Herrscher der Räume Handlungslogiken von Imperien am Beispiel der USA (S. 105-116)
Jutta Roitsch Partikulardifferenz statt Bundesstaat? Das Bundesverfassungsgericht marschiert im Eiltempo in eine andere Republik (S. 117-127)
Kommentare und Kolumnen
Alexander Cammann Über die Zäune und Sperren hinweg Zum Tod von Jürgen Seifert (S. 128-129)
Claudia Landwehr Der erschöpfte Bürger Depression und Demokratie (S. 130-136)
Tomás Kafka Sechs gegenwärtige Verse (S. 137)
Kritik
Jörn Ahrens Das durchherrschte Individuum Michel Foucaults Geschichte der Gouvernementalität (S. 138-140) [Michel Foucault: Geschichte der Gouvernementalität, Bd. I u. II]
Claudia Fröhlich Umkämpfte Vergangenheit Joachim Perels’ Aufsätze zum westdeutschen Umgang mit dem NS-Unrechtsstaat (S. 141-143) [Joachim Perels: Entsorgung der NS-Herrschaft? Konfliktlinien im Umgang mit dem Hitler-Regime]
Sebastian Müller Im Kampf um die gefährdete Verfassung Der Grundrechtereport 2005 belegt die Aushöhlung unserer Rechtsordnung (S. 144-145) [Till Müller-Heidelberg u.a. (Hg.): Grundrechte-Report 2005]
Autorinnen und Autoren (S. 146-147)
Vorschau auf die kommenden "vorgänge"-Ausgaben:
Doppelheft 171/172 (3-4/2005): „Die Zukunft der Linken“
Nach dem Ende von Rot-Grün ist die Zeit für eine umfassende, (selbst)kritische Bestandsaufnahme gekommen: Welche – neuen und alten – Inhalte soll sich die Linke künftig zu eigen machen? Können neue, alte Theorien helfen? Was kann man aus den sieben rot-grünen Jahren lernen, was generell aus dem linken Sektor der bundesrepublikanischen Geschichte? Muss eine Neuausrichtung her, um künftig wieder Mehrheiten unter den Wählern zu erringen? Können reformierte Gewerkschaften erneut ein gesellschaftspolitischer Motor sein? Ist die neualte Linkspartei Bestandteil oder ein Strukturproblem? Und schließlich: Welche Rezepte haben linke und linksliberale Parteien und Bewegungen im Ausland zu politischen Erfolgen geführt? Mit Beiträgen von Klaus Harpprecht, Gesine Schwan, Wolfgang Kraushaar, Franz Walter, Oskar Negt, Heinz Dieter Kittsteiner, Michael Th. Greven, Michael Vester, Gert G. Wagner, Stephan Lessenich, Alex Demirovic und vielen anderen.
Heft 173 (1/2006 – März): „Rückkehr der Religion?“:
"Rückkehr der Religion?": Erleben wir gegenwärtig eine Renaissance der Religion und religiöser Fragen in der Gesellschaftspolitik? Artikel 1 GG-Diskussion, die Präambel der europäischen Verfassung, Kopftuchdebatten, Auseinandersetzungen mit Islamismus und religiös grundierte US-Präsidentschaft: Sind die westlichen Gesellschaften weniger säkularisiert als man lange Zeit annahm? Welche Rolle spielt Glauben für die westlichen Demokratien - ist er eine Herausforderung für den Verfassungsstaat, der aus sich selbst heraus an Begründungscharme verliert?
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Erscheinen und Bezugsbedingungen:
Die Zeitschrift "vorgänge" erscheint vierteljährlich mit einem jeweiligen Umfang von ca. 130 Seiten. Das Einzelheft kostet 12 EUR. Im Abonnement kostet die Zeitschrift jährlich 40 EUR zuzüglich Versand- und Vertriebskosten; für Studierende, Referendare, Wehr- und Zivildienstleistende und Arbeitslose 28 EUR zuzüglich Versand- und Vertriebskosten.