Die neue Ausgabe der gesellschaftspolitischen Vierteljahresschrift „vorgänge“ ist der Frage gewidmet, worin heute Fortschritt besteht. Die Katastrophe von Fukushima markiert den Umkehrpunkt einer technologischen Entwicklung, deren Folgen nicht beherrschbar sind. Der Klimawandel verweist schon seit mehr als einem Jahrzehnt auf die Grenzen einer wachstumsorientierten Wirtschaftsweise. Deutschland war über Jahrzehnte ein role-modell dieses Fortschrittstypus – mit dem Atomausstieg hat es national eine Entwicklung eingeleitet und international ein Zeichen gesetzt, deren Aus- und Nachwirkungen noch nicht absehbar sind. Denn was daraus folgt, ist nicht nur der Wechsel einer Technologie, sondern der Wandel einer Lebensweise. Das über zwei Jahrhunderte hegemoniale Fortschrittsmodell der westlichen Gesellschaft, welches in der Entfaltung der Produktivkräfte, der Wissenschaft und Forschung die Grundlage individueller Emanzipation, gesellschaftlicher Entwicklung und demokratischer Selbstverwirklichung des Volkes sah, steht auf dem Prüfstand. Denn von keinem der Bestandteile dieses Modelle ist gewiss, dass es ohne die anderen fortexistieren kann und bislang war ihre gelingende Symbiose ein Fortschrittsmodell, das global ausstrahlte, ohne global akzeptiert zu sein. Doch erweist sich noch kein anderer nationaler oder kultureller Pfad als begehenswerter. Allein die Vernunft ist derzeit der Kompass des Fortschritts.
INHALTSVERZEICHNIS
Was ist heute Fortschritt?
Editorial (1)
Markus HolzingerDer Zwang zur Entscheidung Die fragile Zukunft in der Kontingenzgesellschaft (4)
Michael Th. GrevenFortschritt der Demokratie? (17)
Matthias ZimmerFortschritt nach der Moderne (30)
Michael MüllerAn der Schwelle zur Postwachstumsgesellschaft (42)
Konrad OttVier Pfade in das Postwachstumszeitalter (54)
Daniel HausknostFortschritt in Zeiten des Klimawandels Drei Szenarien (70)
Rolf ReißigDie neue „Große Transformation“ Der Übergang zu einem sozialökologischen und solidarischen Entwicklungspfad (79)
Mathias BinswangerWelcher Fortschritt macht glücklich? Über Unsinn und Zweck wirtschaftlichen Wachstums (89)
Michael DaxnerDie Interventionsgesellschaft Afghanistans Die Fährnisse militärisch erzwungenen Fortschritts (98)
Ilse LenzFeminismus und Fortschrittsdenken Reflexive Brechungen und vielfältige Horizonte (111)
Veith SelkUtopische Ordnung als Strategie der Entpolitisierung (120)
Essay
Knut Bergmann, Leonard NovyWenn Zeitungen stiften gehen (131)
Autorinnen und Autoren (135)