Comparativ 25 (2015), 4

Titel der Ausgabe 
Comparativ 25 (2015), 4
Weiterer Titel 

Erschienen
Erscheint 
Erscheint fünfmal jährlich (mit einem Doppelheft) im Umfang von je ~140 Seiten.
Anzahl Seiten
137 S.
Preis
Einzelheft EUR 12,00, Jahresabonnement EUR 50,-

 

Kontakt

Institution
Comparativ. Zeitschrift für Globalgeschichte und Vergleichende Gesellschaftsforschung
Land
Deutschland
Ort
Leipzig
c/o
Comparativ Universität Leipzig Leipzig Research Centre Global Dynamics IPF 348001 Ritterstrasse 24 04109 Leipzig GERMANY e-mail: comparativ@uni-leipzig.de
Von
Matthias Middell

From Railway Juncture to Portal of Globalization. Making Globalization Work in African and South Asian Railway Towns
Herausgegeben von Geert Castryck

Inhaltsverzeichnis

Die Beiträge in diesem Heft erörtern die Herstellung und Gestaltung globaler Verbundenheit in fünf Eisenbahnstädten in Afrika und Südasien. Sie zeigen, wie lokale Akteure die jeweiligen historischen Umstände vor Ort mit dem von der Eisenbahn bereitgestellten Potential zusammenbringen, und wie sie damit die lokale Organisation von Raum und die globale Einbindung des jeweiligen Ortes neu bestimmen. Damit können die Autorinnen und Autoren zum einen herausarbeiten, dass die globale Bedeutung der Eisenbahn nicht nur die Folge einer Verbreitungsgeschichte ist, sondern dass die verfügbare Technologie oder anwesende Infrastruktur der Eisenbahn für lokale Zwecke verwendet wurde, wodurch die ortsspezifische Ausprägung von Globalisierungsprozessen verdeutlicht wird. Zum anderen stellen sie heraus, dass das Konzept ‚Portale der Globalisierung‘ (Middell und Naumann) für die empirische Erforschung lokaler Steuerung globaler Integration produktiv gemacht werden kann, und dies auch über die üblicherweise behandelten globalen Zentren und Eliten hinaus.

Aufsätze
Geert Castryck
Introduction – From Railway Juncture to Portal of Globalization: Making Globalization Work in African and South Asian Railway Towns, S. 7

Nitin Sinha
Railway Imperialism. A Small Town Perspective on Global History, Jamalpur, 1860s–1900s, S. 17
Jamalpur ist eine der ältesten Eisenbahnstädte in Indien. Dieser Artikel befasst sich anhand von Gründungsgeschichten der Stadt mit den ersten vier Jahrzehnten ihres Bestehens (1860er-1900er Jahre), um so das Zusammenspiel der stadtspezifischen, regionalen und imperialen Faktoren, die das Entstehen der Stadt geprägt haben, zu verstehen. Er konzentriert sich insbesondere auf die Spannungen zwischen einer imperialen Politik der Abschottung und der moralischen Überlegenheit einer ‚weißen Arbeiterklasse‘ einerseits , und der Angewiesenheit auf andere Bevölkerungsgruppen in der Stadt, der Region und dem Empire andererseits. Es wird argumentiert, dass es notwendig ist, über einen Lokal-Global-Gegensatz hinwegzukommen, um sowohl Einzelheiten als auch Zusammenhänge verstehen zu können. Der Artikel fordert dazu auf, Prozessen und Mechanismen zu lokalisieren und zu analysieren, die nicht nur Verbindungen und scheinbare Einheitlichkeit, sondern auch Abgrenzungen und Brüche erklären. Das Zusammenführen von scheinbaren Gegensätzen ermöglicht es, die Stadtgeschichte unter Berücksichtigung der Vielschichtigkeit von räumlichen Bezügen neu zu schreiben.

Jonathan Hyslop
Durban as a Portal of Globalization: Mines, Railways, Docks and Steamships in the Empire of Otto Siedle’s Natal Direct Line, c. 1879–1929, S. 35
Zwischen den 1880er und frühen 1920er Jahren hat Durban sich vom unbedeutenden Hafen der britischen Kolonie Natal zum Haupthafen des neuen südafrikanischen Staates gewandelt. Dieser Artikel untersucht die Schlüsselrolle, die Otto Siedle, der in Deutschland geborene, aber in London aufgewachsene Agent des Schifffahrtsunternehmens Natal Direct Line, in diesem Prozess gespielt hat. Durch die Entwicklung von Hafenanlagen, Kohlebergwerken und Eisenbahnen hat der Konzern bei der Umwandlung von Durban in die maritime Verbindung zwischen den wirtschaftlich wichtigen Goldminen in Witwatersrand und der Weltwirtschaft eine führende Rolle gespielt. Der Beitrag untersucht diese Veränderungen mithilfe des Konzeptes der ‚Portale der Globalisierung‘ (Middell und Naumann). Er findet den Begriff für die Analyse der Einbindung von Natal in globale Netzwerke hilfreich, aber plädiert gleichzeitig dafür, Portale hierarchisch zu verstehen und die Bedeutung von Imperien im Gegensatz zu Nationalstaaten im Auge zu behalten. Die Fallstudie stützt die Ansicht, dass die Rolle lokaler Siedlerkapitalisten für die Gestaltung globaler Verbindungen innerhalb des britischen Empire von großer Bedeutung war, und dass es deshalb ein Fehler wäre, sich bei der Analyse des Aufbaus der imperialen Wirtschaft übermäßig auf the City of London zu konzentrieren.

Sofie Boonen / Johan Lagae
A City Constructed by ‘des gens d’ailleurs’. Urban Development and Migration Policies in Colonial Lubumbashi, 1910–1930, S. 51
Die Gründung der Stadt Lubumbashi (damals Elisabethville) kann als geopolitischer Akt der belgischen Regierung verstanden werden, um ihren Anspruch auf ein mineralreiches Gebiet zu sichern und den britischen Einfluss aus dem Süden zurückzudrängen. Doch die erste und bis zum Ende der 1920er Jahre einzige Eisenbahn, die Lubumbashi mit der Außenwelt verbunden hat, blieb weiterhin ein wichtiger Vektor für den Zustrom von Waren, Menschen, Ideen und Praktiken aus dem Süden. Dieser Artikel kartiert die Siedlungsmuster der ‚second rate whites‘ (Griechen, Juden ...) im europäischen Stadtzentrum auf Grundlage der Grundbucharchive und zeigt so, wie die ‚gens d'ailleurs‘ (Menschen von anderswo) auf Rassenkonzepten beruhende Trennungen von Bevölkerungsgruppen in Lubumbashi verwischt haben. Obwohl die Kolonialbehörden räumliche Strategien entwickelt hatten, um den Zustrom von Zuwanderern zu kontrollieren, um ihre Siedlungsgewohnheiten zu kanalisieren und die Interaktion zwischen segregierten Gruppen einzudämmen, trugen diese Mittelgruppen dazu bei, Lubumbashi als ‚weltoffene‘ Stadt auszuprägen.

Geert Castryck
The Belgian Base at Kigoma’s Railhead (1920s–1930s). Territorial Ambivalence in an Inland Indian Ocean Port, S. 70
Das Stadtgebiet um Kigoma dient seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als Drehscheibe zwischen der Region um den Tanganjikasee und dem Indischen Ozean. Obwohl es seither insgesamt an globaler Bedeutung verloren hat, haben die von den Deutschen gebaute Eisenbahn zwischen Dar es Salaam und Kigoma und der belgische Konzessionshafen am Kopfbahnhof Kigomas in den Jahren bis 1930 einen kurzzeitigen Aufschwung bewirkt. Kigoma als mit dem Indischen Ozean verbundener Inlandshafen stellte die kürzeste Verbindung zwischen der mineralreichen Region Katanga und dem Weltmarkt dar. Im Rahmen eines belgisch-britischen Abkommens nach dem Ersten Weltkrieg wurde diese Verbindung unter belgische Führung gestellt. Dieser Artikel argumentiert, dass der kurzlebige Erfolg von Kigoma um 1930 durch Pragmatismus ermöglicht wurde. Statt auf formalen Rechten zu beharren, haben alle Beteiligten vor Ort einen reibungslosen Betrieb des Hafens bevorzugt. Sobald das Ausmaß der belgischen extraterritorialen Rechte und die Eingrenzungen der britischen Souveränität aber klar wurden, verlor der Hafen wieder an globaler Bedeutung.

Jamie Monson
Moving Goods in Kapiri Mposhi, Zambia: The Scaffolding of Stability in TAZARA’s Dry Port, S. 87
In den 1970er Jahren wurde die TAZARA mit chinesischer Unterstützung gebaut, um den sambischen Kupfergürtel mit dem Indischen Ozean zu verbinden. Die Linie verbindet Dar es Salaam mit Kapiri Mposhi, zu dieser Zeit eine wenig bekannte Endstation der Eisenbahnlinie. Für Sambier jedoch ist Kapiri Mposhi kein Endpunkt, sondern ein Zentrum. Dieser Artikel untersucht die Geschichte von Kapiri Mposhi als Eisenbahnstadt aus der Perspektive des Lastentransports. Im TAZARA-Trockenhafen ist der Umschlag abhängig von Teams von Lastenträgern. Für die Träger im Eisenbahnbetrieb von Kapiri Mposhi wurde der Lebensunterhalt allerdings im Laufe der Zeit unzuverlässig. Als Reaktion auf die Unsicherheit haben die Träger Vereine gegründet, die versuchen sowohl die soziale Sicherheit ihrer Mitglieder zu gewährleisten, als auch die Auswirkungen der schwankenden Warenströme und des ungleichmäßigen Eisenbahnbetriebs auf ihre Arbeit zu lindern. Somit ermöglichen sie das Funktionieren dieses für Mittelafrika entscheidenden Zugangs zu transnationalen Handelsnetzwerken.

Forum
Mathieu Dubois: „68“ als politische Herausforderung. Der Einfluss der 68er-Bewegung auf den Wandel der politischen Parteien in Frankreich und in der Bundesrepublik, S. 102

Buchbesprechungen
Douglas Northrop (Hrsg.): A Companion to World History, London 2012 (William Bowman, S. 116)

Dierk Walter: Organisierte Gewalt in der europäischen Expansion. Gestalt und Logik des Imperialkrieges, Hamburg 2014 (Herfried Münkler, S. 118)

Stephan Wendehorst (Hrsg.): Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien, Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation. Institutionen, Personal und Techniken (Bibliothek Altes Reich, Bd. 5), Berlin 2015 (Oliver Krause, S. 121)

Heinz Thoma (Hrsg.): Handbuch Europäische Aufklärung. Begriffe, Konzepte, Wirkung, Stuttgart 2015 (Bernard Wiaderny, S. 125)

Frédéric Régent / Jean-François Niort / Pierre Serna (Hrsg.): Les colonies, la Révolution française, la loi, Rennes 2014 (Matthias Middell, S. 127)

Carsten Gräbel: Die Erforschung der Kolonien. Expeditionen und koloniale Wissenskultur deutscher Geographen, 1884–1919, Bielefeld 2015 (Hans-Dietrich Schultz, S. 129)

Boris Belge / Martin Deuerlein (Hrsg.): Goldenes Zeitalter der Stagnation? Perspektiven auf die sowjetische Ordnung der Brežnev-Ära (Bedrohte Ordnungen, Bd. 2), Tübingen 2014 (Katharina Schwinde, S. 133)

Autorinnen und Autoren, S. 137

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