Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW) 51 (2023), 5

Titel der Ausgabe 
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW) 51 (2023), 5
Weiterer Titel 
Schwierige Nachbarschaften. Russland, Südkaukasus und Zentralasien

Erschienen
Zürich 2023: Selbstverlag
Preis
Jahresabonnement CHF 95,00 / EUR 81,00; Abo für Studierende CHF 50,00 / EUR 42,00; Einzelheft CHF 15,00 / EUR 13,00

 

Kontakt

Institution
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW)
Land
Switzerland
c/o
Institut G2W Bederstr. 76 CH-8002 Zürich
Von
Regula Zwahlen, RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West (RGOW)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine strahlt auch in den postsowjetischen Raum aus, denn der Südkaukasus und Zentralasien sind durch vielfältige wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Verflechtungen mit Russland verbunden. Zudem sind die Länder der Region seit dem 24. Februar und insbesondere seit der Teilmobilmachung in Russland im September 2022 das Ziel vieler russischer Emigrant:innen geworden, wobei Georgien und Kasachstan die Spitzenplätze belegen.
Im Windschatten des Kriegs gegen die Ukraine schwelt zudem ein anderer Konflikt weiter: Berg-Karabach kommt seit der letzten großen Eskalation im September 2020 zwischen Armenien und Aserbaidschan nicht zur Ruhe. Trotz Gesprächen zwischen Armenien und Aserbaidschan kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit Toten, außerdem blockiert Aserbaidschan seit Dezember 2022 den Latschin-Korridor, was die schon zuvor besorgniserregende humanitäre Lage in Berg-Karabach noch verschlimmert hat.

Inhaltsverzeichnis

SÜDKAUKASUS

Ansgar Jödicke: Widersprüchliche Signale. Russlands Krieg gegen die Ukraine und der Südkaukasus
Armenien, Georgien und Aserbaidschan sind in unterschiedlicher Weise von Russland abhängig, so dass sie sehr zurückhaltend bei einer Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und bei der Umsetzung von Sanktionen agieren. Gleichzeitig sind die südkaukasischen Staaten zu neuen Zielländern der russischen Emigration geworden. Auch die Armenische Apostolische und die Georgische Orthodoxe Kirche vermeiden eine klare Stellungnahme zur russischen Invasion.

Erik Davtyan: Am Wendepunkt. Armeniens Beziehungen zu Russland und der Türkei
Der Karabach-Krieg von 2020 hat Armeniens Sicherheitslage in der Region tiefgreifend verändert. Von seinem langjährigen militärischen und wirtschaftlichen Partner Russland ist das Land enttäuscht, die Beziehungen haben sich abgekühlt. Kleine Annäherungsschritte gab es dafür im historisch extrem belasteten Verhältnis zur Türkei. Allerdings besteht kein Zweifel daran, dass die Türkei Aserbaidschan weiterhin auf allen Ebenen unterstützt.

Harutyun G. Harutyunyan: Abgeschnitten. Die Blockade und humanitäre Krise von Berg-Karabach
Seit Dezember 2022 blockiert Aserbaidschan den sog. Latschin-Korridor, die einzige Straße, die Berg-Karabach mit der Republik Armenien verbindet. Die Blockade hat eine humanitäre Krise ausgelöst, da dringend benötigte lebensnotwendige Waren nicht mehr nach Karabach gelangen. Während die russischen Friedenstruppen sich machtlos geben, verhallen internationale Proteste bisher ungehört.

Shota Kincha: Umstrittenes Agenten-Gesetz. Protest und Polarisierung in Georgien
Durch massive Proteste hat die georgische Bevölkerung die Einführung eines Gesetzes über „ausländische Agenten“ verhindert. Dessen Unterstützer aus Kreisen der Regierungspartei wurden daran erinnert, dass eine Mehrheit den Kurs des Landes in Richtung EU beibehalten möchte. Die von ihnen geschürte gesellschaftliche Polarisierung ist damit noch nicht überwunden, während die Kirche dazu schweigt.

Levan Kakhishvili: Russen in Georgien: Ferien, politische Zuflucht oder Ausweichen vor Sanktionen?
Dank unkomplizierter Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen erlebt Georgien einen massiven Zuwachs russischer Migranten. Allerdings fehlen genaue Zahlen, und sind die Motive der emigrierten Russen vielschichtig. Angesichts ihrer regen Geschäftstätigkeit drängt sich die Vermutung auf, dass viele Russen in Georgien Zuflucht vor den Sanktionen gesucht haben. In der Gesellschaft sind die Reaktionen auf die Zuwanderung gemischt, während die Regierung keinen Handlungsbedarf sieht.

ZENTRALASIEN

Anna Jordanová: Alte Abhängigkeiten und neue Chancen: Zentralasien und der Ukraine-Krieg
Russlands Krieg gegen die Ukraine zeigt den zentralasiatischen Staaten einerseits ihre Abhängigkeit von Moskau auf. Andererseits eröffnen sich ihnen neue Möglichkeiten, da sich das internationale Interesse an Kooperationen verstärkt hat. Die Abhängigkeit von Transportrouten, der Bedarf an Investitionen und geopolitische Spannungen verlangen von den zentralasiatischen Ländern eine multivektorale Außenpolitik, um sich so keine Chancen zu verbauen.

Andrej Grischin: Stresstest: Kasachstan, Russland und der Krieg gegen die Ukraine
Kasachstan ist durch die Eurasische Wirtschaftsunion und andere Projekte mit Russland verbunden. Zudem steht der Verdacht im Raum, dass über Kasachstan die westlichen Sanktionen gegen Russland umgangen werden. Die kasachische Regierung versucht jedoch, Handlungsspielräume zu nutzen, um nicht gänzlich von Moskau abhängig zu werden. Zudem muss sie Rücksicht auf pro-ukrainische Stimmungen in der kasachischen Bevölkerung nehmen.

Shairbek Dzhuraev: Zone der Unsicherheit. Die Militarisierung der kirgisisch-tadschikischen Grenze
Seit der Unabhängigkeit von Kirgistan und Tadschikistan 1991 gibt es Unstimmigkeiten bezüglich des Grenzverlaufs, die aber lange zu keinen ernsten Problemen führten. Erst 2021 und 2022 eskalierte der Konflikt und es kam zu vielen Todesopfern. Grund dafür ist ein komplexes Geflecht von Interessen der beiden Staaten, ihrer Eliten sowie der lokalen Bevölkerung.

BUCHANZEIGEN

Sabine von Löwis, Beate Eschment (eds.): Post-Soviet Borders. A Kaleidoscope of Shifting Lives and Lands London/New York: Routledge 2023

Alexander Filippov, Nicolas Hayoz, Jens Herlth (eds.): Centres and Peripheries in the Post-Soviet Space Relevance and Meanings of a Classical Distinction. Bern: Peter Lang 2020

Martin Kragh (ed.): Security and Human Rights in Eastern Europe New Empirical and Conceptual Perspectives on Conflict Resolution and Accountability Stuttgart: ibidem 2022,

Mikhail Suslov: Geopolitical Imagination. Ideology and Utopia in Post-Soviet Russia. Stuttgart: ibidem-Verlag 2020

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