NEUIGKEITEN ZUM DEUTSCHLAND ARCHIV
Die Bundeszentrale für politische Bildung und der W. Bertelsmann Verlag haben sich zu einer umfassenden Modernisierung des Deutschland Archivs entschlossen: Im Januar 2011 geht das kostenfreie Internetportal www.deutschlandarchiv.info an den Start. Hier finden Sie künftig alle aktuellen Beiträge, das Forum und thematische Schwerpunkte. Die älteren Jahrgänge werden sukzessive online verfügbar gemacht.
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EDITORIAL
20 Jahre nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands sieht die Mehrheit der Deutschen darin einen Grund zur Freude, zumindest die Mehrheit der Ostdeutschen. Zu diesem Befund kommt eine Studie des Forschungsverbunds SED-Staat an der Freien Universität Berlin; und er wird bestätigt durch die Sächsische Längsschnittstudie. Ergebnisse hieraus werden im vorliegenden Deutschland Archiv präsentiert.
Das Heft ist dem 20. Jahrestag der deutschen Einheit gewidmet. Prominente, wie Bundestagspräsident Norbert Lammer und DFB-Chef Theo Zwanziger, schildern, wie aus ihrer Sicht die Einheit gestaltet worden ist, und junge Menschen, die den Mauerfall selbst nicht bewusst erlebt haben, skizzieren ihre Erwartungen an Deutschland.
In all diesen Schilderungen wird deutlich, dass – entgegen manchen Versprechungen – der Vereinigungsprozess keineswegs reibungslos verlief. Die gegenwärtig vielfach diagnostizierte nostalgische Erinnerung an die Zeit der Teilung, die im Westen laut Forschungsverbund stärker ausgeprägt ist als im Osten, geht zu großen Teilen auf Probleme des Transformationsprozesses seit 1989/90 zurück. Dafür steht exemplarisch die Treuhandanstalt, die den Erwartungen einer erfolgreichen und gewinnbringenden Privatisierung ostdeutschen „Volkseigentums“ nicht gerecht werden konnte. Geschäftemacher aus dem Westen, die ihre Versprechungen gegenüber der Treuhand nicht einlösten, beschädigten das Ansehen ihrer Landsleute und das der Anstalt ebenso wie Mitarbeiter, die sich im Zuge der Privatisierungen zu bereichern versuchten.
Ein weiteres Beispiel für die schwierige Annäherung zwischen Ost und West ist der Kampf um die (Stasi-)Akten und die anhaltende Auseinandersetzung um die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die Gauck-/Birthler-Behörde ist auch hier nur ein Symbol für den konflikthaften Umgang mit dem Erbe, der Erforschung und der Vermittlung der deutschen Teilungsgeschichte.
Diese Debatten sind inzwischen in eine neue Phase getreten: Nicht nur die Vergangenheit zwischen 1945/49 und 1989/90 steht im Fokus des Interesses, sondern ebenfalls die Aufarbeitung der letzten beiden Jahrzehnte. Damit geraten auch die Akteure der friedlichen Revolution in den Blick, wird ihre Rolle 1989/90 ebenso genauer betrachtet wie die Gratwanderung zwischen „Konfrontation und Konzession“. Diese Beschreibung für das Agieren und Reagieren während der Revolution in der DDR könnte auch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten charakterisieren, zumindest den kurzen Weg dorthin.
Kurz war der Weg allerdings nur bis zur staatsrechtlichen Einheit, denn nach wie vor ist der Vereinigungsprozess noch nicht abgeschlossen. Obwohl nach den Erkenntnissen des Forschungsverbunds SED-Staat das Wohlstandsgefälle zwischen verschiedenen Regionen der alten Bundesrepublik stärker ausgeprägt ist als das zwischen Ost und West, wird sehr oft das Trennende zwischen Ost und West betont. Dies entspricht laut der Sächsischen Längsschnittstudie jedoch nicht der Sicht junger erwachsener Ostdeutscher. Gleichwohl erwarten diese den Abschluss des Vereinigungsprozesses – 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – erst in 20 Jahren.
Die deutsche Einheit bleibt also ein „work in progress“, und die zweifellos erreichten Erfolge – etwa der Wohlstandszuwachs und die Reparatur zerstörter Städte und Landschaften in Ostdeutschland – sollten dazu ermuntern, dieses Werk voranzutreiben. Doch kann eine solche Aufgabe überhaupt jemals als abgeschlossen gelten? Wenn ja, vielleicht gelingt es in weniger als 20 Jahren. Und möglicherweise würde dazu eine ausgelassene, fröhliche Feier des 3. Oktober beitragen, wie sie sich Erich Loest wünscht.
ZEITGESCHEHEN
Norbert Lammert: Einheit muss wachsen. Von Ossis und Wessis, Hunden und Katzen, Kaffee und Kuchen S. 773-777
„Fußball – ein Projekt gelebter Einheit“. Interview mit DFB-Präsident Theo Zwanziger (Daniel Küchenmeister/Thomas Schneider) S. 778-787
Hendrik Berth/Peter Förster/Elmar Brähler/Markus Zenger/Yve Stöbel-Richter: 20 Jahre Wiedervereinigung aus der Sicht einer Gruppe ostdeutscher Erwachsener. Ergebnisse der Sächsischen Längsschnittstudie 1987 bis 2009 S. 787-794
Thomas Cieslik: Die Post-Mauer-Generation wird erwachsen. Wie die junge Generation Deutschlands Rolle in der Welt sieht S. 794-800
Josef Schmid: Rentenversicherung im vereinten Deutschland. Aktuelle politische Schlaglichter und strukturelle Herausforderungen und Lösungen S. 800-806
Richtigstellung S. 806
Manfred Wilke: Das Gesicht der friedlichen Revolution. Zum Tod von Bärbel Bohley (1945 – 2010) S. 807-808
DOKUMENTATION
Erich Loest: „Der Tag der deutschen Einheit wird mündig“. Auszüge aus dem unveröffentlichten Tagebuch des Jahres 2008 S. 809-815
ZEITGESCHICHTE
Ingo Techmeier: „Verkaufen um jeden Preis“. Korruption in der Treuhandniederlassung Halle S. 816-824
Eckhard Jesse/Thomas Schubert: Sachsen 1989/90 – Konfrontation und Konzession S. 824-830
Klaus Bästlein: Der Kampf um die Akten. Die Vernichtung von Unterlagen der Staatssicherheit 1989/90 S. 830-837
Christian Halbrock: Evangelische Kirchen 1989. Verwirrende Vielstimmigkeit einer in weltlichen Fragen irritierten Bekenntnisgemeinschaft S. 838-846
Michael Lühmann: Jenseits der Mehrheitsgesellschaft? Die Milieus der DDR-Opposition – Rest-Milieus im Arbeiterstaat S. 847-853
Tomas Kittan/Saskia Arnold: Leben im und mit dem „roten Elend“. Erste Zeitzeugen-Befragung zum Zuchthaus Cottbus 1945 – 1989 S. 854-860
Günter Jeschonnek: „Neue demokratische Gelassenheit“. Das „Sommermärchen“ des verhüllten Reichstags 1995 in Berlin S. 861-866
Christoph Kopke: „Fegt ihn weg, den roten Dreck – morgen ist die Mauer weg“. Die Würzburger Großkundgebung der extremen Rechten im Oktober 1970 und die „Aktion Widerstand“ 1970/71 S. 866-873
Anmerkungen
Denunziation als allgemeine Selbstverständlichkeit? Anmerkungen zu: Heidrun Budde, Ein Appell an das Böse und seine Folgen, in: DA 43 (2010) 4, S. 640 – 650 (Renate Hürtgen) S. 873-874
Aufarbeitung ohne Tabu. Replik auf die Anmerkungen von Renate Hürtgen (Heidrun Budde) S. 875-876
FORUM
Michael Braun: An Deutschland denken. 20 Jahre danach: Die deutsche Wiedervereinigung ist ein Geschenk für die Literatur S. 877-884
Peter Busse: Wie steht es um das Erbe des erfolgreichen DDR-Sports? S. 884-888
Thomas Schubert: Von der Epoché des Zeithistorikers. Bemerkungen zur „Aufarbeitung der Aufarbeitung“ S. 889-896
Bernd Schick: „Kassler mit Sauerkraut“. Große Koalition (un)historischer Vergleiche S. 897-899
Lars Normann: BStU – Geschichte, Bestand und Zukunft S. 900-906
TAGUNGEN, VERANSTALTUNGEN
Sebastian Richter: Die Musealisierung der DDR. Was können, was sollen Museen? Tagung in Leipzig S. 907-909
Sarah Bornhorst: Grenze – Konstruktion, Realität, Narrative. Tagung in Hannover S. 910-912
Wolfram von Scheliha: Drei Nationen auf der Couch. „Erinnern an den Zweiten Weltkrieg. Mahnmale und Museen in Mittel- und Osteuropa“. Polnisch-russisch-deutsche Konferenz in Berlin S. 912-915
REZENSIONEN
Patrick Salmon, Keith Hamilton, Stephen Twigge (eds.): German Unification 1989 – 1990 (Hans-Heinrich Jansen) S. 916-917
Volker Kronenberg: Patriotismus 2.0 (Christian Schwießelmann) S. 917-918
Izabela Surynt, Marek Zybura (Hg.): Narrative des Nationalen (Wolfgang Schlott) S. 919-920
Jan Palmowski: Inventing a Socialist Nation (Thomas Schaarschmidt) S. 920-921
Andreas H. Apelt, Martin Gutzeit, Gerd Poppe (Hg.): Die deutsche Frage in der SBZ und DDR (Hans-Heinrich Jansen) S. 921-922
Friedrich Dieckmann: Deutsche Daten oder Der lange Weg zum Frieden (Rüdiger Thomas) S. 923-924
Erich Honecker: Moabiter Notizen (Martin Sabrow) S. 924-925
Simone Barck, Ulla Plener (Hg.): Verrat (Christoph Kleßmann) S. 925-926
Mary Fulbrook (ed.): Power and Society in the GDR, 1961 – 1979 (Arnd Bauerkämper) S. 926-928
Andrew I. Port: Die rätselhafte Stabilität der DDR (Peter Hübner) S. 928-929
Ulrich Becker, Hans Günther Hockerts, Klaus Tenfelde (Hg.): Sozialstaat Deutschland (Josef Schmid) S. 929-930
Stefanie Ehmsen: Der Marsch der Frauenbewegung durch die Institutionen; Ilse Lenz (Hg.): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland (Gisa Bauer) S. 931-932
Pamela Heß: Geschlechterkonstruktionen nach der Wende (Ingeborg Siggelkow) S. 932-933
Sebastian Prinz: Die programmatische Entwicklung der PDS (Gero Neugebauer) S. 934-935
Detlef Nakath (Hg.): DDR-Geschichte: Bilder & Zerrbilder (Peter Joachim Lapp) S. 935-936
Eckhart Gillen: Feindliche Brüder? (Hannelore Offner) S. 936-937
Paul Michael Lützeler: Bürgerkrieg global (Michael Braun) S. 938
Felix Busse: Deutsche Anwälte (Christian Booß/Klaus Bästlein) S. 939-941
Karl-Heinz Lutz, Martin Rink, Martin von Salisch (Hg.): Reform, Reorganisation, Transformation (Peter Popp) S. 942-943
Sven Felix Kellerhoff: Die Stasi und der Westen (Karl Wilhelm Fricke) S. 944-945
Walter Süß: Die Staatssicherheit im letzten Jahrzehnt der DDR (Hans-Joachim Föller) S. 945-946
Ludwig Große: Einspruch! (Christian Halbrock) S. 947-948
Jochen Voit: Er rührte an den Schlaf der Welt (Lutz Kirchenwitz) S. 948-949
Wiebke Janssen: Halbstarke in der DDR (Peter Wurschi) S. 949-950
Peter Ulrich Weiß: Kulturarbeit als diplomatischer Zankapfel (Hermann Wentker) S. 951-952
Michael Sontheimer: „Natürlich kann geschossen werden.“ (Tobias Wunschik) S. 952-953
Annotationen S. 953-958:
Fred Oberhauser, Axel Kahrs: Literarischer Führer Deutschland (Frank Hoffmann) S. 953-954
Andreas H. Apelt: Die Opposition in der DDR und die deutsche Frage 1989/90 (Sebastian Richter) S. 954
Ralf Kukula: Oktoberfilm (Hendrik Bindewald) S. 954-955
Jürgen Haase (Hg.): Zwischen uns die Mauer (Klaus Finke) S. 955
Dieter Gräf: Im Namen der Republik (Dirk Klose) S. 956
Andreas W. Mytze (Hg.): Robert Havemann 100 (Volker Strebel) S. 956-957
Walter Laqueur: Mein 20. Jahrhundert (Georg Wurzer) S. 957
Günter Benser, Michael Schneider (Hg.): „Bewahren – Verbreiten – Aufklären“ (Thomas Keiderling) S. 957-958
Dorle Zilch: Millionen unter der blauen Fahne (Marc-Dietrich Ohse) S. 958
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN DIESES HEFTES S. 959-960 IMPRESSUM S. 960