EDITORIAL
Mit der vorliegenden Ausgabe erscheint das „Deutschland Archiv“ zum letzten Mal als Zweimonatsschrift. Im kommenden Jahr werden die Beiträge des „DA“ erstmals im Internetportal www.deutschlandarchiv.info und auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung unter www.bpb.de/deutschlandarchiv veröffentlicht. Daneben wird der W. Bertelsmann Verlag das „Deutschland Archiv“ weiterhin als Zeitschrift, als fortan quartalsweise erscheinendes Kompendium, herausgeben.
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Das wichtigste publizistische Forum zur gemeinsamen deutschen Nachkriegsgeschichte und zum deutschen Einigungsprozess im europäischen Umfeld wird also künftig sowohl online als auch als Printmedium zur Verfügung stehen. Ohne den Schwerpunkt DDR-Forschung aufzugeben, soll im „DA“ die Betrachtung der Zeit zwischen 1945/49 und 1989/90 als deutsch-deutsche Beziehungsgeschichte ebenso verstärkt werden, wie der Blick auf die europäischen Nachbarn und auf deren Rezeption der deutschen Teilungsgeschichte wie auch des Transformationsprozesses seit 1990 geschärft werden soll.
Dies erscheint notwendig, um insbesondere die relativ „verinselte“ DDR-Forschung (Thomas Lindenberger/Martin Sabrow) neuen, vergleichenden Perspektiven zu öffnen. Diese Forderung ist nicht neu; bereits 2003 hat Jürgen Kocka sie im „Deutschland Archiv“ vorgetragen. Gleichwohl sind anlässlich des 20. Jahrestages der Deutschen Einheit nur bedingt Fortschritte auf diesem Weg festgestellt worden.
Dies spiegeln auch die Bilanzen über die DDR-Forschung im vorliegenden Heft. In deren Rahmen werden Überlegungen zur Zukunft nicht nur der historischen Auseinandersetzung mit dem SED-Staat, sondern zu den Perspektiven der deutschen Zeitgeschichtsschreibung insgesamt angestellt.
Darüber hinaus finden sich zahlreiche Beiträge, die versuchen, der genannten Forderung einer stärker beziehungsgeschichtlichen Betrachtung der deutschen Teilungsgeschichte gerecht zu werden. So werden Entwicklungen der Biowissenschaften im innerdeutschen Vergleich nachgezeichnet, werden außenpolitische Aktivitäten des SED-Staates in den innerdeutschen Bezügen dargestellt. Dass der hohe Stellenwert der Systemkonkurrenz beider deutscher Staaten seinen Niederschlag in den Unterlagen zur „Westarbeit“ des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit gefunden hat, kann kaum verwundern. Doch schlägt der innerdeutsche Bezug auch in der Agitationspolitik und schließlich auch bei der Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen durch.
Der Blick über den „Gartenzaun“ reichte bei beiden deutschen Staaten weit über den deutschen Nachbarn hinaus. Doch auch hier werden innerdeutsche Bezüge nicht nur im Kontext von Hallstein-Doktrin und Neuer Ostpolitik erkennbar, reicht der Einfluss der deutschen Teilung zum Teil schmerzhaft über die innerdeutsche Grenze hinaus. Auch dies wird im vorliegenden Heft des „DA“ thematisiert.
Die Schwerpunkte dieser Ausgabe sollen verdeutlichen, dass mit der Umstellung des Erscheinungsturnus (wie schon 1995/96 mit dem Wechsel von einer Monats- zur Zweimonatsschrift) und nun auch mit dem zusätzlichen Angebot im Internet das „Deutschland Archiv“ nicht am Ende seines Weges angekommen ist, sondern nur einen neuen Schritt wagt.
ZEITGESCHEHEN
Erich Röper: Europas Einheit als politische Aufgabe S. 965-971
Ilse Spittmann-Rühle: Kenntnisreiche, kritische Begleiterin. Gisela Helwig zum 70. Geburtstag S. 972-973
DOKUMENTATION
Bundesverfassungsgericht: 1 BvR 2585/06 S. 974-979
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: 3 A 809/06 S. 979-983
Verwaltungsgericht Köln: 27 K 8944/04 S. 983-991
ZEITGESCHICHTE
Stefan Appelius: Fluchtweg Rumänien S. 992-1002
Thomas von Lindheim: Juristische Probleme beim Freikauf von politischen Häftlingen, 1963 – 1989 S. 1002-1007
Stephen J. Scala: Der kuriose Fall des Genossen Otto Becker. Oder: Warum die SED begann, ihren außenpolitischen Apparat zu professionalisieren S. 1007-1016
Manfred Steinkühler: Die SED und der PCI. Rückblick eines Angehörigen des Auswärtigen Dienstes S. 1016-1023
Andreas Malycha: Biowissenschaften im Zeichen von Forschungsplanung und Fortschrittsdenken in Ost und West in den 1960er-Jahren S. 1024-1033
Anke Fiedler/Michael Meyen: „Nichts tun, was unseren Interessen schadet!“. Eine Inhaltsanalyse der Argumentationsanweisungen der Abteilung Agitation (1960 – 1989) S. 1034-1042
Helmut Kohl und die KSZE. Anmerkungen zu: Miriam Müller, Papiertiger auf Beutezug. Über die Schlussakte von Helsinki und ihre Bedeutung für das geteilte Deutschland, in: DA 43 (2010) 4, S. 604 – 613 (Dirk Hansen) S. 1042-1043
Udo Grashoff: Schwarzwohnen in der DDR S. 1044-1051
FORUM
Ralph Jessen: Alles schon erforscht? Beobachtungen zur zeithistorischen DDR-Forschung der letzten 20 Jahre S. 1052-1064
Peter Steinbach: Zur Zeitgeschichte in Deutschland S. 1064-1067
Henry Leide: Ganz anders und doch nicht so anders. Zur Dominanz politischer und geheimpolizeilicher Opportunitätsüberlegungen bei der Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in der DDR S. 1068-1076
Christian Booß: „Arbeit in und nach dem Operationsgebiet“. Die Unterlagen zur Westarbeit des MfS in den Beständen der BStU S. 1076-1087
TAGUNGEN, VERANSTALTUNGEN
Heinrich Bortfeldt: Die DDR – keine Fußnote der Geschichte. Jahrestagung der German Studies Association in Oakland S. 1088-1091
Marc-Dietrich Ohse: DDR-Geschichte in Forschung und Lehre. Bilanz und Perspektiven. Tagung in Berlin S. 1091-1094
Hendrik Bindewald: Arbeit am europäischen Gedächtnis. 9. Ettersberg-Symposium in Weimar S. 1094-1097
Uwe Ullrich: Systemtransformationen: Vom Ostblock zur EU. Tagung in Dresden S. 1097-1100
REZENSIONEN
Ruud van Dijk, William Glenn Gray, Svetlana Savranskaya, Jeremi Suri, Qiang Zhai (eds.): Encyclopedia of the Cold War (Ilko-Sascha Kowalczuk) S. 1101-1102
Stéphane Courtois (Hg.): Das Handbuch des Kommunismus (Werner Rossade) S. 1102-1104
Carole Fink, Bernd Schaefer (eds.): Ostpolitik 1969 – 1974 (Georg Wurzer) S. 1104-1105
Erwin Bischof: Honeckers Handschlag (Friedrich-Wilhelm Schlomann) S. 1105-1106
Siegfried Bock, Ingrid Muth, Hermann Schwiesau (Hg.): DDR-Außenpolitik, Bd. III (Peter Jochen Winters) S. 1107-1108
Horst Joachimi: Resident der HV A in New York (Helmut Müller-Enbergs) S. 1108-1109
Werner Stiller: Der Agent; Thomas Raufeisen: Der Tag, an dem uns Vater erzählte, dass er ein DDR-Spion sei (Karl Wilhelm Fricke) S. 1110-1111
Dagmar Unverhau (Hg.): Geheimhaltung und Staatssicherheit (Detlef Kühn) S. 1112
Siegfried Suckut (Hg.): Die DDR im Blick der Stasi 1976 (Elke Kimmel) S. 1113-1114
Mario Niemann, Andreas Herbst (Hg.): SED-Kader (Heinz Mestrup) S. 1114-1116
Christiane Baumann: Manfred „Ibrahim“ Böhme (Heiko Tammena) S. 1116-1117
Thomas Flierl, Elfriede Müller (Hg.): Osteuropa – Schlachtfeld der Erinnerungen; Thomas Großbölting, Raj Kollmorgen, Sascha Möbius, Rüdiger Schmidt (Hg.): Das Ende des Kommunismus; Stefan Troebst (Hg.): Postdiktatorische Geschichtskulturen im Süden und Osten Europas (Bettina Greiner) S. 1118-1120
Birgit Hofmann, Katja Wezel, Katrin Hammerstein, Regina Fritz, Julie Trappe (Hg.): Diktaturüberwindung in Europa (Frank Hoffmann) S. 1120-1121
Bogdan Musial: Stalins Beutezug (Jochen Laufer) S. 1121-1122
Jan Foitzik, Nikita W. Petrow [Hg.]: Die sowjetischen Geheimdienste in der SBZ/DDR von 1945 bis 1953 (Armin Wagner) S. 1123-1124
Bettina Greiner: Verdrängter Terror (Wolfram von Scheliha) S. 1124-1126
Margarete Myers Feinstein: Holocaust Survivors in Postwar Germany, 1945 – 1957 (Ansbert Baumann) S. 1126-1127
Witold Sienkiewicz, Grzegorz Hryciuk (Red.): Atlas Zwangsumsiedlung, Flucht und Vertreibung. Ostmitteleuropa 1939 – 1959/dies. (Red.): Illustrierte Geschichte der Flucht und Vertreibung (Karlheinz Lau) S. 1127-1128
Detlef Brandes, Holm Sundhausen, Stefan Troebst (Hg.): Lexikon der Vertreibungen (Bärbel Gafert) S. 1129-1130
Heike Amos: Die Vertriebenenpolitik der SED 1949 bis 1990 (Winfrid Halder) S. 1130-1131
Birgit Schwelling: Heimkehr – Erinnerung – Integration (Winfrid Halder) S. 1131-1132
Günther Glaser: Armee gegen das Volk? (Torsten Diedrich) S. 1133-1134
Juliane Schütterle: Kumpel, Kader und Genossen (Wolfgang Buschfort) S. 1134-1135
Lothar Lang: Ein Leben für die Kunst (Rüdiger Thomas) S. 1136-1137
ANNOTATIONEN
Richard Löwenthal: Faschismus – Bolschewismus – Totalitarismus (Uli Schöler) S. 1137-1138
Helmut Trotnow, Bernd von Kostka (Hg.): Die Berliner Luftbrücke (Gerhard Wettig) S. 1138
Klaus Auerswald: … sonst kommst du nach Schwedt! (Arno Polzin) S. 1138-1139
Adelheid Wedel, Heike Schneider (Hg.): Vom Privileg des Vergleichs (Dirk Klose) S. 1139
Rainer Karlsch, Paul Werner Wagner: Die AGFA-ORWO-Story (Claus Christ) S. 1140
Christoph Weckenbrock: Die streitbare Demokratie auf dem Prüfstand (Christoph Kopke) S. 1140
AKTUELLES AUS DER DDR-FORSCHUNG
Newsletter 3/2010 S. 1141-1150
Die Autorinnen und Autoren dieses Heftes S. 1151-1152 Impressum S. 1152