Das Themenheft "Das Lager schreiben. Varlam Shalamov und die Aufarbeitung des Gulag" beschäftigt sich mit dem sowjetischen Lager als Instrument der Disziplinierung, sozialen Exklusion und Repression, als einer der wichtigsten Orte kollektiver Gewalt und totalitärer Herrschaft. Millionen Menschen mußten jahrelang in Lagern leben, Millionen wurden dort umgebracht. Überlebende haben mit der erklärten Absicht geschrieben, über Leben und Sterben im Lager Zeugnis abzulegen. Eine der bedeutendsten und eindringlichsten Stimmen ist die von Varlam Shalamov, der fast 20 Jahre in sowjetischen Zwangsarbeitslagern zubrachte.
Das Heft geht dem literarischen Stellenwert des Schaffens von Varlam Shalamov nach, dessen Erzählungen aus Kolyma der Poetik Primo Levis, Jorge Sempruns und Imre Kertesz' in nichts nachsteht, präsentiert die historischen, wirtschaftsgeschichtlichen und soziologischen Erkenntnisse der Gulag-Forschung und fragt nach der Bedeutung der sowjetischen Lager für das heutige Rußland.
Abstracts der Beiträge auf: http://osteuropa.dgo-online.org/
Das Heft hat 440 Seiten, 46 Abbildungen, 6 größtenteils farbige Karten und enthält eine Audio-CD mit einem Feature.
Editorial Bollwerk der Hölle 5
Varlam Shalamov Durch den Schnee 7
Nicolas Werth Der Gulag im Prisma der Archive Zugänge, Erkenntnisse, Ergebnisse 9
Varlam Shalamov Die schwarze Mama 31
Franziska Thun-Hohenstein Poetik der Unerbittlichkeit Varlam Šalamov: Leben und Werk 35
Varlam Shalamov Das Gedächtnis 53
Anne Hartmann „Ein Fenster in die Vergangenheit Das Lager neu lesen 55
Andrej Sinjavskij Materialschnitt 81
Ulrich Schmid Nicht-Literatur ohne Moral Warum Varlam Šalamov nicht gelesen wurde 87
/Varlam Shalamov An die Redaktion der /Literaturnaja Gazeta 106
Michail Ryklin Der „verfluchte Orden“ Shalamov, Solzhenicyn und die Kriminellen 107
Varlam Shalamov Brief an Solzhenicyn 125
Klaus Städtke Sturz der Idole – Ende des Humanismus? Literaturmodelle der Tauwetterzeit:
Solzhenicyn und Shalamov 137
Aleksandr Solzhenicyn Varlam Shalamov 157
Luba Jurgenson Spur, Dokument, Prothese Varlam Shalamovs /Erzählungen aus Kolyma 169
Varlam Shalamov Über Prosa 183
Gabriele Leupold Anatomie einer Zurückhaltung Varlam Shalamov übersetzen 195
Varlam Shalamov Die Sprache 203
Tatjana Petzer Der Olymp der Diebe Spurensicherung bei Shalamov und Danilo Kis 205
Varlam Shalamov Brief an N.I. Stoljarova 221
Pavel Nerler Kraft für das Leben und den Tod Varlam Shalamov und die Mandel’shtams 229
Dimensionen des Gulag
Klaus Gestwa Auf Wasser und Blut gebaut Der hydrotechnische Archipel Gulag 239
Ivan Panikarov Kolyma Daten und Fakten 267
Varlam Shalamov Graphit 285
Simon Ertz Zwangsarbeit in Noril’sk Ein atypischer, idealtypischer Lagerkomplex 289
Inna Klause Musik per Verordnung Offizielles Kulturleben im Lager 301
Jascha Nemtsov „Ich bin schon längst tot“ Komponisten im Gulag: Vsevolod Zaderackij und Aleksandr Veprik 315
Manuela Putz Die Herren des Lagers Berufsverbrecher im Gulag 341
Wladislaw Hedeler Widerstand im Gulag Meuterei, Aufstand, Flucht 353
Marc Elie Unmögliche Rehabilitation Die Revisionskommissionen 1956 und die Unsicherheiten des Tauwetters 369
Der Schatten des Gulag
Memorial Das Jahr 1937 und die Gegenwart Thesen von Memorial 387
Stephen Fortescue, Vesa Rautio Vom Arbeitslager zum Weltmarktführer Ein Firmenporträt der Buntmetallhütte Noril’sk Nikel’ 395
Irina Shcherbakova Erinnerung in der Defensive Schüler in Rußland über Gulag und Repression 409
Natal’ja Konradova Suche nach der Form Gulag-Denkmäler in Rußland 421
Elfie Siegl Überleben in der Taiga Die Menschen in Magadan Ein Feature auf CD
Abstracts 431
Karten Karte 1: Das sowjetische Lagersystem 1939–1953 Karte 2: Klimabedingungen in den sowjetischen Lagern (Sommer) Karte 3: Klimabedingungen in den sowjetischen Lagern (Winter) Karte 4: Die Lager an der Kolyma. 1930er bis 1950er Jahre Karte 5: Das Volga-Kama-System Karte 6: Der Weißmeer-Ostsee-Kanal