Liebe Leserinnen und Leser,
am 22. Dezember erschien die Januarausgabe der "Blätter für deutsche und internationale Politik" mit folgenden Themen:
Janna GreveDie Ware MenschSklaverei im 21. Jahrhundert
Obwohl seit Jahrzehnten offiziell abgeschafft, sind Sklaverei und Sklavenhandel bedrückend aktuell. Weit über 25 Millionen Menschen arbeiten unter Zwangsbedingungen; ihre Produkte landen in den Regalen überall auf der Welt. Wie Sklaverei entsteht, wie sie sich entwickelt und verbreitet, kurz: wo und warum sie boomt, analysiert die Politikwissenschaftlerin Janna Greve. Ihr Fazit: Sklaverei als eklatantes Verbrechen gegen die Menschlichkeit kann nur durch eine konzertierte, multilaterale Aktion bekämpft werden. Andernfalls bleibt die Abschaffung auch weiterhin ein uneingelöstes Versprechen.
Ein Marshallplan für die USAGespräch mit Parag Khanna
Mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Barack Obama am 20. Januar endet die Ära Bush. Doch begründet dies auch eine neue, demokratische Zeitrechnung? Zur Diskussion dieser Frage trafen sich die "Blätter" mit Parag Khanna, Autor des Aufsehen erregenden Buches "Der Kampf um die Zweite Welt" und außenpolitischer Berater im Obama-Team. Seiner Ansicht nach wird die Welt von morgen durch den Aufstieg der mittleren Mächte gekennzeichnet sein - von Brasilien über Malaysia bis Venezuela. Dominieren werden jedoch die neuen Machtblöcke China und Europa sowie die Vereinigten Staaten - wobei letztere nur durch eine große Kraftanstrengung ihren zunehmenden Machtverlust werden verhindern können.
Thomas L. FriedmanCode GreenWarum wir eine grüne Revolution brauchen
Amerika hat ein Problem, und die Welt hat ein Problem - nämlich dass Amerika in den letzten Jahren die Orientierung verloren hat. So jedenfalls lautet die Ansicht von Thomas L. Friedman. Der bisher vornehmlich als Globalisierungsenthusiast in Erscheinung getretene Kolumnist der "New York Times" und dreimalige Pulitzer-Preisträger plädiert speziell anhand des Versagens der US-Automobilindustrie für einen entschlossenen Wandel in der Umwelt- und Klimapolitik. Mehr noch: Friedman fordert nichts weniger als eine "grüne Revolution", um den Herausforderungen der Zukunft entgegenzutreten - weil wir nicht länger so dumm sein dürfen, wie wir wollen.
Albert StatzStrategie in der Krise – Nachhaltigkeit als Chance
Wirtschaftskrise, Klimawandel, Ressourcenverknappung - Albert Statz, Regierungsdirektor a.D. und Experte für Nachhaltigkeitsstrategien, sieht in der Kumulation der Krisen die zentrale Herausforderung der Zukunft. Der Gedanke der Nachhaltigkeit müsse zum Kern einer progressiven Strategie und gleichzeitig zum generellen Bezugsrahmen für die Politik gemacht werden. Statz begreift die Krise somit auch als Chance, um das Primat der Ökonomie zu durchbrechen und an dessen Stelle ein Primat der Politik und der Ökologie zu etablieren.
Andreas Fisahn und Lars NiggemeyerBremsklotz EU-Recht: Zum absehbaren Scheitern der Finanzmarktregulierung
Die bisherigen Ergebnisse der internationalen Bemühungen zur Eindämmung der globalen Finanzkrise sind ausgesprochen dürftig. Was jedoch in der Analyse, etwa des ersten G20-Gipfels, meist zu kurz kommt, ist die Bedeutung des geltenden EU-Rechts. Andreas Fisahn, Rechtsprofessor an der Universität Bielefeld, und der Sozialwissenschaftler Lars Niggemeyer sehen in den europäischen Staaten Gefangene der eigenen Verträge. Das europäische Recht verhindere ein Abrücken vom neoliberalen Kurs und bleibe weiterhin der Logik der Ökonomisierung verhaftet.
Stefan SelkeDie neue ArmenspeisungDer Boom der Tafel-Bewegung
Seit über 15 Jahren breitet sich in Deutschland die Tafel-Bewegung aus. Unterstützt durch Spenden, versorgt sie immer mehr Menschen in prekären Lebenslagen mit Nahrung. Stefan Selke, Professor für Soziologie an der Hochschule Furtwangen, analysiert die inzwischen angeblich größte Bewegung der Republik - und ihre ambivalente Nützlichkeit. Denn nicht die Menschen "ganz unten" - Obdachlose und Drogensüchtige - sind ihre "Kunden", sondern die stetig steigende Zahl derer "fast ganz unten" - insbesondere Hartz-IV-Empfänger. Auf diese Weise beschwichtigt die Tafel-Bewegung, so verdienstvoll sie ist, die neuen Armen und verhindert damit auch eine weiter reichende gesellschaftliche Debatte.
Joachim PerelsTäter als MarionettenDie strafrechtliche Umdeutung der NS-Verbrechen
Vor 50 Jahren wurde die Zentrale Stelle für die Aufklärung der nationalsozialistischen Verbrechen in Ludwigsburg gegründet. Aus diesem Anlass resümiert der Jurist Joachim Perels, Professor em. für Politische Wissenschaft an der Universität Hannover, den skandalösen Umgang bundesrepublikanischer Strafgerichte mit der NS-Zeit. Strafrechtliche Umdeutung und die Auflösung des Täterbegriffs machten aus Massenmördern bloße Gehilfen - die binnen kürzester Zeit wieder auf freien Fuß gelangten, als unbescholtene Bürger der Bundesrepublik.
Inhaltsverzeichnis
Wer hat, dem wird gegeben - Rudolf Hickel S. 9
Kinderarmut kleingerechnet - Martin Staiger S. 13
Rürup macht Kasse - Antonio Brettschneider S. 16
Die Kultur des Misstrauens - Richard Münch S. 20
Der globale Süden im Sog der Krise - Jörg Goldberg S. 23
Karsai und seine "teuren Brüder" - Behrooz Abdolvand und Heinrich Schulz S. 26
Atomwaffenfreies Afrika? - Thomas Mättig S. 30
Der ewige Kardinal - Christoph Fleischmann S. 33
DEBATTE: Hessen - Die Furcht vor dem Politikwechsel - Jutta Roitsch S. 37
AUFGESPIESSTDie Bambi-Republik - Uli Gellermann S. 40
ANALYSEN UND ALTERNATIVENDie Ware Mensch Sklaverei im 21. Jahrhundert - Janna Greve S. 45
„Ein Marshall-Plan für die USA“ Gespräch mit Parag Khanna S. 52
Code Green Warum wir eine grüne Revolution brauchen - Thomas L. Friedman S. 65
Strategie in der Krise: Nachhaltigkeit als Chance - Albert Statz S. 79
Bremsklotz EU-Recht Zum absehbaren Scheitern der Finanzmarkt-Regulierung - Andreas Fisahn und Lars Niggemeyer S. 88
Die neue Armenspeisung Der Boom der Tafel-Bewegung - Stefan Selke S. 95
Täter als Marionetten Die strafrechtliche Umdeutung der NS-Verbrechen - Joachim Perels S. 101
MEDIENKRITIKTV-Erziehung à la carte - Kathrin Ottovay
BUCH DES MONATS Barack Obama: Der Außergewöhnliche - Ekkehart Krippendorff
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