Liebe Leserinnen und Leser,
die April-Ausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ erscheint am 31. März 2017.
In ihr diskutieren der Philosoph und »Blätter«-Mitherausgeber Jürgen Habermas, der französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel über die Zukunft der europäischen Demokratie – und plädieren für mehr Investitionen in Europa. Der Dramaturg Bernd Stegemann entlarvt die Politik der Alternativlosigkeit als Ausdruck eines liberalen Populismus. Die Sozialphilosophin Nancy Fraser diagnostiziert eine Krise der sozialen Reproduktion – ausgelöst durch die Ausbeutung der „Care-Arbeit“ im Kapitalismus. Und der Journalist Marc Engelhardt erkennt in den weltweiten Flüchtlingsbewegungen eine Revolution – gegen die ökonomisierte Flüchtlingsabwehr des reichen Nordens und Westens.
Weitere Themen im April: Emmanuel Macron und der Niedergang der Fünften Republik, Der Angriff auf die repräsentative Demokratie, Mit Freihandel gegen Trump?, Erdogan oder: Der große Osmane kehrt zurück, Die Entschröderung der SPD?, Die Grünen ohne Gewicht, Equal Pay: Was Frauen nicht verdienen, Dutertes Drogenkrieg, Syrien: Wider die Straflosigkeit u.v.m.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre „Blätter“-Redaktion
www.blaetter.de/aktuelle-ausgabe
Kurzgefasst
Jürgen Habermas, Sigmar Gabriel und Emmanuel MacronEuropa neu denken S. 41–54 Starke Fliehkräfte zerren heute an der EU und bedrohen ihren Fortbestand. Zugleich wächst seit dem Brexit der Zuspruch zum vereinten Europa wieder. Welche Zukunft hat vor diesem Hintergrund die europäische Demokratie? Darüber diskutiert der Philosoph und »Blätter«-Mitherausgeber Jürgen Habermas mit dem französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.
Claus LeggewieEmmanuel Macron und der Niedergang der Fünften Republik S. 55–60 Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich könnten erstmals die Kandidaten beider großer Volksparteien den Einzug ins Stechen verpassen. Zwei Kandidaten ohne Hausmacht im Parlament – die rechte Marine Le Pen und der sozialliberale Emmanuel Macron – dürften das Rennen unter sich ausmachen. Damit steuert das Präsidialsystem der Fünften Republik auf seinen Niedergang zu, bilanziert „Blätter“-Mitherausgeber Claus Leggewie.
August PradettoDer Krieg finanziert den Krieg. Transatlantische Beziehungen und Nato vor und unter Trump S. 61–70 Seit Ende des Kalten Krieges sind die Rüstungsausgaben drastisch gestiegen, ein Großteil davon entfällt auf den Westen. Zugleich sucht das heutige Krisenszenario seinesgleichen. Der Politikwissenschaftler August Pradetto sieht den Grund dafür im westlichen Interventionismus, der die Konfliktursachen nur noch verschärft. Damit aber kämpft die Nato gegen die Folgen ihres eigenen Handelns. Das 2-Prozent-Rüstungsziel für die Nato-Staaten bedeutet daher vor allem eines – die Perpetuierung des Krieges.
Jens HackeDonald Trump oder: Der Angriff auf die repräsentative Demokratie S. 71–79 Der demokratische Konsens erodiert: Bis in die Mitte der Gesellschaft dominiert das diffuse Gefühl, nicht vertreten zu werden, gepaart mit Fremdenfeindlichkeit und der Sehnsucht nach starker Führung. Diese Gemengelage ist jedoch keineswegs neu, so der Politikwissenschaftler Jens Hacke: Schon in der Weimarer Republik propagierte Carl Schmitt eine identitäre Führerdemokratie gegen den mäßigenden Einfluss von Parlamenten. Doch zur repräsentativen Demokratie gibt es keine freiheitlichen Alternativen.
Bernd StegemannDer liberale Populismus und seine Feinde S. 81–94 Der dominierende Populismus in Deutschland ist nicht rechts, sondern liberal. Dieser liberale Populismus beruft sich auf Sachzwänge und die Vernunft des Marktes. Damit aber verschleiert er die Machtverhältnisse der offenen Gesellschaft, so der Dramaturg Bernd Stegemann. Dagegen gelte es, einen linken Populismus zu stärken, der den dialektischen Antagonismus von Kapital und Arbeit zur treibenden Kraft gesellschaftlicher Veränderungen macht.
Richard Detje, Klaus Dörre, Martin Kronauer und Michael SchumannZeitenwende oder: Zeit für eine Wender der Linken S. 97–103 Ob populistische Bewegungen, der Wahlsieg Donald Trumps oder das Erstarken der Nationalisten in Europa – all das sind untrügliche Zeichen für eine tiefgreifende Zeitenwende. Dahinter verbirgt sich eine gleich dreifache Verlusterfahrung – von Kontrolle, Perspektiven und Traditionen, analysieren die Sozialwissenschaftler Richard Detje, Klaus Dörre, Martin Kronauer und Michael Schumann. Will die Linke wieder in die Offensive kommen, muss sie die Grundsatzkritik am Kapitalismus wiederbeleben.
Nancy FraserWho cares? Die Ausbeutung der Sorgearbeit und ihre Krise S. 105–114 Die Care-Arbeit offenbart ein fundamentales Dilemma: Obwohl jede Gesellschaft darauf angewiesen ist, dass Kinder erzogen, Alte gepflegt und sich um Verwandte und Freunde gekümmert wird, geraten diese zentralen Aufgaben sozialer Reproduktion derzeit enorm unter Druck, argumentiert die Sozialwissenschaftlerin Nancy Fraser. Denn die kapitalistische Ökonomie nimmt diese elementar wichtige Arbeit in Anspruch, ohne sie zu vergüten oder für ihren Fortbestand Sorge zu tragen – und droht damit ihre eigenen Grundlagen zu zerstören.
Marc EngelhardtDie Flüchtlingsrevolution oder: Die Wiederkehr des Politischen S. 115–120 Angeblich befindet sich Europa seit bald zwei Jahren in der „Flüchtlingskrise“. Doch der Begriff wird dem Phänomen, das er beschreiben soll, nicht annähernd gerecht, so der Journalist Marc Engelhardt. Stattdessen erleben wir gegenwärtig eine Flüchtlingsrevolution: Die Flüchtlinge sind längst dabei, die gesellschaftlichen Verhältnisse von Grund auf zu verändern. Mit ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben stehen sie für die Wiederkehr des Politischen – gegen die ökonomisierte Flüchtlingsabwehr Europas.
Inhaltsverzeichnis
KOMMENTARE UND BERICHTE
Vom Winde verweht: Die Grünen ohne Gewicht von Albrecht von LuckeS. 5
Martin Schulz: Die Entschröderung der SPD? von Ursula Engelen-KeferS. 9
Equal Pay: Was Frauen nicht verdienen von Barbara StreidlS. 13
Mit Freihandel gegen Trump? von Dierk HirschelS. 17
Syrien: Wider die Straflosigkeit von Wolfgang KaleckS. 21
Katar, Saudi-Arabien und Israel: Geeint gegen Assad? von Lars HauchS. 25
Dutertes Drogenkrieg: Staatsterror gegen die Ärmsten von Johannes IckingS. 29
DEBATTE
Raus aus den Echokammern: Ein Funk für Europa? von Roman Léandre Schmidt und Carl Henrik FredrikssonS. 33
KOLUMNE
Erdogan oder: Der große Osmane kehrt zurück von Hayko BagdatS. 37
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN
Europa neu denken. Eine Diskussion zwischen Jürgen Habermas, Sigmar Gabriel und Emmanuel Macron S. 41
Emmanual Macron und der Niedergang der Fünften Republik von Claus LeggewieS. 55
Der Krieg finanziert den Krieg. Transatlantische Beziehungen und Nato vor und unter Trump von August PradettoS. 61
Donald Trump oder: Der Angriff auf die repräsentative Demokratie von Jens HackeS. 71
Der liberale Populismus und seine Feinde von Bernd StegemannS. 81
Zeitenwende oder: Zeit für eine Wende der Linken von Richard Detje, Klaus Dörre, Martin Kronauer und Michael SchumannS. 97
Who cares? Die Ausbeutung der Sorgearbeit und ihre Krise von Nancy FraserS. 105
Die Flüchtlingsrevolution oder: Die Wiederkehr des Politischen von Marc EngelhardtS. 115
AUFGESPIEßT
Nach dem Krieg ist vor dem Kriegsspiel von Jan KurskoS. 95
BUCH DES MONATS
Von der Eiszeit in die Moderne? von Winfried DoldererS. 121
EXTRAS
KurzgefasstS. 39
DokumenteS. 124
Chronik des Monats Februar 2017S. 125
ZurückgeblättertS. 128
Impressum und AutorenS. 128