Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am 30. Juni erscheint die Juli-Ausgabe der „Blätter“ unter anderem mit Beiträgen von David Harvey, James K. Galbraith, Wole Soyinka, Heike Moldenhauer, Ulrich K. Preuß, Klaus Lederer, Johanna Klatt, Franz Walter, Malte Krückels, Harald Wolf, William Pfaff zu folgenden Themen: Finanzstaatsstreich und die Lehren des New Deal, ein afrikanischer Traum und das neue EU-Grenzregime, Europa und die Krise der Linken, die Implosion des Politischen und giftgrüne Gentechnik
David HarveyDer Finanzstaatsstreich Ihre Krise, unsere Haftung
Signalisiert die gegenwärtige Krise tatsächlich das Ende des Neoliberalismus? Oder bleibt nicht doch alles beim Alten? David Harvey, weltweit bekannter Humangeograph und Professor an der City University of New York (CUNY), sieht in den staatlichen Rettungsmaßnahmen zur Rettung der Banken einen Finanzstaatsstreich. Der Neoliberalismus als erfolgreiches Projekt der herrschenden Klasse werde aus der Krise gestärkt hervorgehen - sofern es Linken und sozialen Bewegungen nicht gelingt, Einfluss auf die Verwendung des gesellschaftlichen Mehrprodukts zu erlangen und neue Formen urbaner Demokratie zu entwickeln.
James K. GalbraithDie Lehren des New Deal. Was wir von Roosevelt lernen können
Die gegenwärtige Krise wird oft mit der Großen Depression Anfang der 30er Jahre vergleichen. In diesem Kontext erfährt auch die Geschichte des New Deal verstärkte Aufmerksamkeit. James K. Galbraith, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Texas, wendet sich gegen den in den Vereinigten Staaten aufkommenden Abgesang auf Roosevelts Antikrisenpolitik. Die direkte Intervention der Politik ins Wirtschaftsgeschehen habe damals sehr wohl positive Wirkungen gezeitigt - und zwar gerade dort, wo sie sich über die Partikularinteressen der Geschäftswelt hinwegsetzte.
Wole SoyinkaEin afrikanischer Traum Auf der Suche nach der afrikanischen Renaissance
Die antikolonialen Befreiungskämpfer, Künstler und Gelehrten Afrikas hatten einen Traum: Sie erstrebten universalistische Humanität und die Rückgewinnung der eigenen Geschichte. Der Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka, der dieser Tage seinen 75. Geburtstag begeht, diskutiert Erfolge und Scheitern der Emanzipationsbewegungen im Kontext des postkolonialen Projekts. Soyinkas These: Gerade weil die Befreiungsbewegungen an den Grenzziehungen der Kolonialzeit festhielten, blieben sie dem kolonialen Denken verhaftet. Nicht zuletzt deshalb habe sich der der afrikanische Traum allzu oft in einen Albtraum verwandelt.
Markus Euskirchen, Henrik Lebuhn und Gene RayWie Illegale gemacht werden: Das neue EU-Grenzregime
Das Bild der "Festung Europa" beschreibt die auf Abschottung und Ausgrenzung gerichtete Flüchtlings- und Migrationspolitik der Europäischen Union. Aber ist es auch angemessen? Die Sozialwissenschaftler Markus Euskirchen, Henrik Lebuhn und Gene Ray argumentieren dagegen, dass sich die gesamte EU inzwischen in einen Grenzraum verwandelt hat. Weil heute Millionen Migrantinnen und Migranten illegal in der EU leben und hier einen riesigen Pool entrechteter und hoch flexibler Arbeitskräfte bilden, reicht der Blick auf die Abschottung nach außen nicht aus, um die immer repressiveren Verhältnisse zu erklären und wirksamen politischen Widerstand zu entwickeln.
Heike MoldenhauerGiftgrüne Gentechnik. Der Kampf um MON 810
Umfragen zeigen seit Jahren: Gentechnik hat in der Europäischen Union nur dann eine Chance, wenn sie für die Bürgerinnen und Bürger unsichtbar bleibt. Gleichzeitig werden gewaltige Anstrengungen unternommen, den Anbau genmanipulierter Pflanzen hinter dem Rücken der Verbraucher massiv auszuweiten. Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin des BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland, analysiert, warum das Verbot des Genmais MON 810 einen entscheidenden Fortschritt im Kampf gegen die Grüne Gentechnik darstellt - und wieso eine große Koalition aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft das Verbot weiterhin massiv torpediert.
Klaus LedererLinks und libertär? Warum die Linke mit individueller Freiheit hadert
Warum wird immer wieder ein Widerspruch konstruiert zwischen linker Überzeugung und dem Eintreten für individuelle Freiheitsrechte? Klaus Lederer, Berliner Landesvorsitzender der Partei "Die Linke", sieht dieses Phänomen vor allem in Fehlern der Traditionslinken selbst begründet. Allzu oft wurde und wird "Freiheit" gegenüber "Gleichheit" als nachrangig betrachtet bzw. als "bürgerlich" abgetan. Unter Rückgriff auf Marx plädiert Lederer stattdessen dafür, diesen falschen Gegensatz endlich zu überwinden. Denn nur auf diese Weise könne die linke Bewegung ihre Handlungsmächtigkeit zurückgewinnen.
Johanna Klatt und Franz WalterImplosion des Politischen? Deutschland im Krisenwahljahr
Der vermeintliche "Pragmatismus" einer bloßen Exekution von "Sachzwängen" hat die Politik in den letzten 25 Jahren jedweder Substanz beraubt. In der Folge haben Fatalismus, Konformismus und der Rückzug ins Private massiv zugenommen. Die Göttinger Parteienforscher Franz Walter und Johanna Klatt fragen, welche Ideen geeignet sein könnten, Regierungshandeln wie oppositionelle Projekte wieder mit Sinn zu versehen. Dazu bedarf es, so Klatt und Walter, zuvörderst einer Re-Regulierung der demokratischen Institutionen und der Rekonstruktion einer integrativen Sozialmoral. Der notwendige Anstoß für eine derartige Neuerfindung des Politischen kann allerdings nicht von den bürokratisierten Eliten, sondern nur von den enttäuschten Gegeneliten ausgehen.
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NEUERSCHEINUNG: DAS ENDE DES KASINO-KAPITALISMUS? GLOBALISIERUNG UND KRISE
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat die kapitalistische Welt in ihren Grundfesten erschüttert. Zugleich verschärfen sich die Menschheitsprobleme mit Blick auf Welthunger, Klima, Energie und Umwelt.
Was sind Ursachen und Folgen dieser mehrdimensionalen Krise? Und wie kann sie politisch wirksam bekämpft werden?
24 Beiträge von: Elmar Altvater, Samir Amin, Mike Davis, Heiner Flassbeck, Nancy Fraser, Thomas L. Friedman, Saskia Sassen, Harald Schumann, Ernst Ulrich von Weizsäcker u.v.a.
Das Buch kostet 15 Euro und ist ab dem 15. Juli im Buchhandel und über www.blaetter.de zu bestellen.
288 S. (Taschenbuch) | ISBN: 978-3-9804925-5-3 Euro 15,00 (D) | sFr 22,60
INHALTSVERZEICHNIS
KOMMENTARE UND BERICHTE
Europa und die Krise der Linken von Albrecht von Lucke S. 5
Nie wieder Exportweltmeister von Tilman Santarius S. 9
Nordirische Spaltungen von Brigitte Schumann S. 12
Jemenitischer Bürgerkrieg von Marianus Hundhammer S. 15
Neoliberalismus auf Japanisch von Julian Plenefisch S. 18
Sloterdijk macht den Westerwelle von Rudolf Walther S. 22
Feuerkopf der Demokratie: Helmut Ridder (1919-2007) von Ulrich K. Preuß S. 24
DEBATTE
Very Bad Banks vonMalte Krückels und Harald Wolf S. 28
KOLUMNE
Obama: Neuanfang in Kairo von William Pfaff S. 31
MEDIENKRITIK
Ein liberales Fest der Harmonie von Albert Scharenberg S. 33
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN
Der Finanzstaatsstreich: Ihre Krise, unsere Haftung von David Harvey S. 37
Lehren des New Deal. Was wir von Roosevelt lernen können von James K. Galbraith S. 48
Ein afrikanischer Traum. Auf der Suche nach der afrikanischen Renaissance von Wole Soyinka S. 57
Wie Illegale gemacht werden. Das neue EU-Grenzregime von Markus Euskirchen, Henrik Lebuhn und Gene Ray S. 72
Giftgrüne Gentechnik. Der Kampf um MON 810 von Heike Moldenhauer S. 81
Implosion des Politischen? Deutschland im Krisenwahljahr von Johanna Klatt und Franz Walter S. 91
Links und libertär? Warum die Linke mit individueller Freiheit hadert von Klaus Lederer S. 98
AUFGESPIESST
Opfer Springer von Jan Kursko S. 108
BUCH DES MONATS
Kulturkampf in der Türkei? Von Christoph Jünke S. 110
DOKUMENTE ZUM ZEITGESCHEHEN
„Der Kreislauf der Verdächtigungen und Zwietracht muss enden“ Rede des US-Präsidenten Barack Obama in Kairo vom 4. Juni 2009 S. 113
„Für eine andere Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik“ Appell für eine Vermögensabgabe, vorgestellt von 20 vermögenden Bundesbürgern am 19. Mai 2009 S. 124
CHRONIK
Chronik des Monats Mai 2009 S. 125
Mit freundlichen Grüßen Ihre "Blätter"-Redaktion