Liebe Leserinnen und Leser,
die August-Ausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ erscheint am 28. Juli 2017.
In der druckfrischen August-Ausgabe liefert die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown in ihrer »Democracy Lecture« eine brillante Analyse des apokalyptischen Populismus, der hinter dem Zuspruch für Donald Trump steht. Die Philosophin Ágnes Heller spürt den Wurzeln des illiberalen Denkens von Viktor Orbán und anderen bis in die 1930er Jahre nach. Der Bloch-Experte Werner Wild beleuchtet Ernst Blochs Haltung zur Oktoberrevolution. Und Albrecht von Lucke, Simon Teune sowie Susanne Götze kommentieren den Gipfel der Gewalt beim Hamburger G20-Treffen.
Weitere Themen im August: Merkel als Geburtshelferin der AfD, Luther und die Bekennende Kirche, Das Scheitern des globalen Drogenkriegs, Lindners FDP als Light-Variante der AfD, Uganda als Beispiel für Flüchtlingsschutz u.v.m.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre „Blätter“-Redaktion
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Kurzgefasst
Wendy Brown: Demokratie unter Beschuss: Donald Trump und der apokalyptische Populismus, S. 46-60
Donald Trumps Regierung macht Politik für die Reichen. Doch ihre Wähler – überwiegend weiße Männer aus der unteren Mittelschicht –, haben wenig von ihr zu erwarten. Dass sie ihn dennoch unterstützten, hat einen entscheidenden Grund: Durch den Macher und Rüpel fühlen sie sich ermächtigt gegenüber jener neoliberalen Politik, die sie vom Thron ihrer weißen Privilegien gestoßen hat, analysiert die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Wendy Brown. In ihrem fulminanten Vortrag bei der diesjährigen Democracy Lecture im Haus der Kulturen der Welt interpretiert sie Trumps Wahl als Ausdruck eines apokalyptischen Populismus, mit fatalen Folgen für die Demokratie. Ihm zu begegnen, sei die zentrale Herausforderung unserer Zeit.
»Was nach dem Imperium kommt, ist die große Frage«: Wendy Brown in der Debatte – mit Micha Brumlik und Ulrike Guérot, moderiert von Mathias Greffrath, S. 61-71
Im Anschluss an den Vortrag von Wendy Brown diskutierten mit ihr die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und der „Blätter“-Mitherausgeber Micha Brumlik. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Publizisten Mathias Greffrath. Die Runde erörterte Parallelen und Unterschiede zwischen den USA und Europa sowie linke Strategien gegen den neuen Nationalismus.
Ágnes Heller: Von Mussolini bis Orbán: Der illiberale Geist, S. 73-79
Viktor Orbán verkündet offen, er wolle Ungarn in eine „illiberale Demokratie“ umwandeln. Auch in der Türkei sowie in den populistischen Bewegungen in Europa und den USA zeigt sich eine Abwendung vom liberalen Modell. Diese Entwicklungen haben jedoch historische Vorläufer, so die Philosophin Ágnes Heller. Sie erkennt in ihnen eine Form des Antiliberalismus, die völkisch-nationalistische Motive der totalitären Parteien des 20. Jahrhunderts aufgreift. Der Nationalismus ersetzt dabei zunehmend andere Identitäten wie die Klassenzugehörigkeit.
Stephan Hebel: Angela Merkel: Die Geburtshelferin der AfD, S. 81-88
Einer gängigen Lesart zufolge resultiert der Erfolg der AfD aus Angela Merkels Flüchtlingspolitik und dem vermeintlichen Linksruck ihrer Partei. Dieser Deutung widerspricht der Journalist Stephan Hebel. Gerade in der Sozial- und Wirtschaftspolitik sei die Kanzlerin alles andere als progressiv. Vielmehr befördert sie durch eine neoliberale Politik die soziale Spaltung und nährt dadurch den Frust über die politische Elite.
Christopher Gottschalk: »Legalize it!« oder: Das Scheitern des globalen Drogenkriegs, S. 89-96
Seit fast schon 50 Jahren tobt vor allem in Lateinamerika ein regelrechter Krieg gegen die Drogen. Doch anstatt den Anbau, Verkauf und Konsum von Kokain und Cannabis einzudämmen, hat dieser vor allem Gewalt hervorgebracht, während das globale Geschäft mit den Suchtmitteln boomt, analysiert der Politikwissenschaftler Christopher Gottschalk. Anstatt den Drogenkonsum weiter zu kriminalisieren, plädiert er für eine schrittweise Liberalisierung der Drogenpolitik. Nur so ließen sich Konsumenten schützen und die skrupellosen Kartelle langfristig zurückdrängen.
Eberhard Lempp: Der Kampf um Luther und die Bekennende Kirche. Hans Joachim Iwand und das Darmstädter Wort, S. 97-103
Zum 500. Jahrestag der Reformation stellen sich große Teile von Kirche und Gesellschaft in die Tradition Martin Luthers. Zahlreiche Vertreter der Bekennenden Kirche, dem christlichen Widerstand gegen das Dritte Reich, hatten dagegen ein gebrochenes Verhältnis zum großen Reformator. Unter ihnen hebt der Theologe Eberhard Lempp den heute in Deutschland weitgehend in Vergessenheit geratenen Hans Joachim Iwand hervor, der eine herrschaftskritische Lektüre Luthers unternahm. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus stritt Iwand zeitlebens für eine Aufarbeitung der historischen Schuld von Staat und Kirche sowie für die Verständigung mit Osteuropa.
Werner Wild: Menschenrecht vor Staatsgewalt. Ernst Bloch als Kritiker der Oktoberrevolution, S. 105-119
Die Russische Revolution von 1917 und ihre Wirkungsgeschichte sind eng mit dem Werk Ernst Blochs verknüpft. Zuweilen gilt der Philosoph gar als Verteidiger des Bolschewismus. Diese Lesart aber übersieht die überaus staatskritische Grundierung von dessen Philosophie, argumentiert der Bloch-Kenner Werner Wild. So ist Blochs Denken ganz wesentlich geprägt vom anarchistischen Revolutionsverständnis eines Gustav Landauer. Dieser libertäre Geist stand Pate bei Blochs Kritik an der Oktoberrevolution und seiner Reformulierung der Marxschen Philosophie.
Inhaltsverzeichnis
KOMMENTARE UND BERICHTE
Die neue Linke und die alte Gewaltfrage, von Albrecht von Lucke S. 5
Das Scheitern der »Hamburger Linie«, von Simon Teune, S. 9
G20 und die neue fossilistische Rechte, von Susanne Götze, S. 13
Scheitern oder Gelingen: Zwei Jahre Flüchtlingsintegration, von Ursula Engelen-Kefer, S. 17
Große Koalition: Sozialpolitik in Trippelschritten, von Christoph Butterwegge, S. 21
AfD light: Lindners neue FDP, von Wolfgang Michal, S. 25
Irland im Brexit-Strudel, von Stefan Wallaschek, S. 29
Vorbild Uganda: Flüchtlingsschutz statt Flüchtlingsabwehr, von Patrick Hönig, S. 33
DEBATTE
Mittlerer Osten: Stabilität durch Despoten?, von Jan-Niklas Kniewel, S. 37
KOLUMNE
Der Tod Liu Xiaobos und die Schwäche des chinesischen Regimes, von Minxin Pei, S. 41
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN
Demokratie unter Beschuss: Donald Trump und der apokalyptische Populismus, von Wendy Brown, S. 46
»Was nach dem Imperium kommt, ist die große Frage«. Wendy Brown in der Debatte – mit Micha Brumlik und Ulrike Guérot, moderiert von Mathias Greffrath, S. 61
Von Mussolini bis Orbán: Der illiberale Geist, von Ágnes Heller, S.73
Angela Merkel: Die Geburtshelferin der AfD, von Stephan Hebel, S. 81
»Legalize it!« oder: Das Scheitern des globalen Drogenkriegs, von Christopher Gottschalk, S. 89
Der Kampf um Luther und die Bekennende Kirche. Hans Joachim Iwand und das Darmstädter Wort, von Eberhard Lempp, S. 97
Menschenrecht vor Staatsgewalt. Ernst Bloch als Kritiker der Oktoberrevolution, von Werner Wild, S. 105
AUFGESPIEßT
Mehr Grips wagen!, von Jan Kursko, S. 80
BUCH DES MONATS
Deutsche Waffen, deutsches Geld, von Rudolf Walther, S. 121
EXTRAS
Kurzgefasst, S. 43
Dokumente, S. 124
Chronik des Monats Juni 2017, S. 125
Zurückgeblättert, S. 128
Impressum und Autoren, S. 128