Seinen 15. Jahrgang beschließt der "Mittelweg 36" mit einem Themenheft, das sich ausschließlich der jüngeren und jüngsten Forschung zum Thema »Völkermord« zuwendet. Die Beiträge dokumentieren die Resultate eines internationalen Workshops, der am Hamburger Institut für Sozialforschung stattgefunden hat. Dessen Fragestellung präsentiert die Historikerin Birthe Kundrus in ihrem Editorial: Entscheidung für den Völkermord?
Ihm schließt sich ein ausführlicher Essay des französischen Politikwissenschaftlers Jacques Sémelin an, der unter der Überschrift "Elemente einer Grammatik des Massakers" die Summe seiner langjährigen Studien zum Phänomen exzessiver Massengewalt zieht.
Von wie großer Bedeutung lokale Kontexte und Konstellationen für den Ausbruch genozidaler Gewalt ist, zeigt der englische Historiker Donald Bloxham in seiner Fallstudie "In der Unordnung der Wirklichkeit" zum Völkermord an den Armeniern.
Welchen Beitrag über eine rein historische Betrachtung hinaus anthropologisch-soziologische Gesichtspunkte für eine Auseinandersetzung mit exzessiver Gewalt leisten können, schildert der amerikanische Anthropologe Alexander L. Hinton. "Zündstoffe", so ist seine Analyse der Verhaltensdispositionen in den Gewaltpraktiken der Roten Khmer überschrieben.
Abschließend sondiert der Historiker Michael Wildt den geschichtstheoretischen Ort genozidaler Gewalt im 20. Jahrhundert. Unter dem Titel "Biopolitik, ethnische Säuberungen und Volkssouveränität" beleuchtet Wildt die dunkle Seite moderner Demokratisierungsgeschichte.
Aktuelle französische Forschungsliteratur zur Gesamtthematik stellt Gerd Hankel in der Literaturbeilage vor.