Facetten imperialer Herrschaft.
Mittelweg 36, 4/2012
Nicht nur Bilder, auch bewegte Bilder sind zu Quellen der Zeitgeschichte geworden. Was die Bildwissenschaft zu deren Verständnis beisteuern kann, zeigt Gerrit Walczak in seiner Analyse „WikiLeaks und Videokrieg“ im aktuellen „Mittelweg 36“ (4/2012). Sein Beitrag zum sogenannten Collateral-Murder-Video, das WikiLeaks ins Netz stellte, um den Tod unbeteiligter Zivilisten zu dokumentieren, den US-amerikanische Streitkräfte billigend in Kauf genommen haben, eröffnet die Ausgabe. Ihm schließt sich Bernd Greiners historische Perspektivierung der Strategien und Taktiken an, mit denen das Militär der Vereinigten Staaten von Vietnam bis Afghanistan meinte, Aufstände erfolgreich bekämpfen zu können. Die unter dem Titel „Es geht um die Wahrnehmung, Dummkopf!“ präsentierte Bilanz, die herausstellt, wie zentral das „impression management“ für die Militärpolitik ist, fällt mehr als ernüchternd aus.
Auch der Schweizer Historiker Flavio Eichmann sondiert in seinem Aufsatz „Expansion und imperiale Herrschaft“ Strukturen und Dynamiken von Okkupationsregimes. Seine Befunde beleuchten, dass der Imperialismus kein Phänomen ist, das sich auf das Zeitalter des europäischen Kolonialismus eingrenzen ließe.
Angesichts der jüngsten Erscheinungen zivilen Widerstands thematisiert die Beilage der „Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte“ mit Einzelstudien von Mischa Gabowitsch, Ramin Jahanbegloo und Véronique Dudouet zur Situation in Russland, im Iran und dem Nahen Osten die Chancen und etwaigen Grenzen gewaltfreien Protests.
Wolfgang Kraushaar ergänzt diesen Themenkreis in der „Protest-Chronik“ mit einer Erinnerung an das gewalttätige Ende des Frankfurter Häuserkampfes 1974.
Abstracts und Leseproben: www.mittelweg36.de