Tiere haben hierzulande in der politischen Theorie bisher keine nennenswerte Rolle gespielt, obwohl sie faktisch Teil unserer Gesellschaft sind. Auch die zunehmende Aufmerksamkeit für tierliches Leiden, die ihren Ausdruck nicht nur in moralphilosophischen Debatten, sondern auch in der wachsenden Beliebtheit des Vegetarismus findet, hat in den Gesellschaftswissenschaften bisher kein allzu großes Echo hervorgerufen.
Das aufsehenerregende Buch „Zoopolis. Eine politische Theorie der Tierrechte“, mit dem Sue Donaldson und Will Kymlicka 2011 die Staatsbürgerschaft für die Tiere in unserer Mitte gefordert haben, hat jedoch auch die deutschsprachige Forschung in Bewegung gesetzt. In der Oktober/November-Ausgabe führt Mittelweg 36 die Diskussion nun fort und präsentiert Beiträge, die aus der Hamburger Konferenz Animal Politics im März 2014 hervorgegangen sind.
In „Bill und Lou in der Zoopolis“ illustrieren zunächst Donaldson und Kymlicka ihre Thesen am Beispiel des Schicksals zweier Ochsen, bevor Bernd Ladwig in seinem Aufsatz „Tierrechte ohne Staatsbürgerschaft“ und Peter Niesen in „Naturrecht oder Mitgliedschaft“ die Begründung der Forderung, Tiere in die politische Gemeinschaft zu integrieren, einer moral- und politiktheoretischen Prüfung unterziehen. „Tiere im Parlament?“ fragt Svenja Ahlhaus und verweist damit auf die Notwendigkeit eines neuen Verständnisses politischer Repräsentation. Jan Philipp Reemtsma schließlich untersucht in „Fleisch im Fleisch begraben“, was „Gewalt gegen Tiere“ moralisch anstößig macht.
In der Literaturbeilage befasst sich Andreas Pettenkofer mit zwei Neuerscheinungen zum Collège de Sociologie sowie zu Marcel Mauss, wobei er die Durkheim’schen Konzepte der Sakralisierung und Abweichung zueinander ins Verhältnis stellt.
Wolfgang Kraushaar erinnert in der Protest-Chronik schließlich an den Aufstand der Studenten des Athener Polytechneion gegen die griechische Militärjunta im November 1973.