Schwerpunkt in Heft 1/2016: Wandern. Zur Globalgeschichte der Migration
Von den Küstenregionen des Indischen Ozeans in die Karibik und die Mandschurei, nach Hongkong, New York und Genf und in die Amtsstuben französischer Asylentscheider führt unser Themenheft, mit dem wir der aktuellen Debatte um die sogenannte Flüchtlingskrise historische Tiefenschärfe geben und den Blick über die Grenzen Europas hinaus richten wollen.
Mit seinem globalhistorischen Beitrag "Arbeitsmigration und Flucht vom 19. bis ins 21. Jahrhundert" ordnet Dirk Hoerder Wanderungen, die unser Bild von Migration prägen, in zeitlich wie räumlich umfassendere Kontexte ein. Dabei wird deutlich, warum die Migrationsforschung starre Gegenüberstellungen wie die von freier und unfreier Migration oder Ein- und Auswanderung hinter sich gelassen hat. Peter Gatrell zeigt in seiner Geschichte des internationalen Asylregimes, durch das Nationalstaaten "Flüchtlingen ihren Platz zuweisen", dass unsere Vorstellung davon, wer ein "echter" Flüchtling ist, nicht nur historisch, sondern in ihren rechtlichen Grundlagen wie der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 auch stark eurozentrisch geprägt ist. Dass die Gewährung von Asyl im Falle politischer Verfolgung in Europa in jüngerer Zeit zudem immer mehr "Vom Rechtsanspruch zum Gunsterweis" wurde, kritisiert Didier Fassin, der diesen Wandel als Produkt einer fragwürdigen moralischen Ökonomie der Asylvergabepraxis deutet.