Das übergreifende Thema der neuen Ausgabe des Mittelweg 36 (2/2010) ist der politische Liberalismus. Wolfgang Kersting, Direktor des Kieler Instituts für Wirtschaftsethik, legt eine "Kritik des Wirtschaftsliberalismus" vor (S. 3-21). Herfried Münkler, Politologe an der Humboldt-Universität, nutzt seine Würdigung des späten Ralf Dahrendorf, um unter dem Titel "Sozio-moralische Grundlagen liberaler Gemeinwesen" (S. 22-37) für eine tugendrepublikanische Erweiterung des klassischen Liberalismus zu plädieren. Lutz Wingert, Philosoph an der ETH Zürich, bezweifelt mit Blick auf die jüngste Finanzkrise, dass ein nur moralischer Appell an den staatsbürgerlichen Gemeinsinn ausreicht. Sollen die Auswüchse des Neoliberalismus zurückgeschnitten werden, bedarf es, wie sein Essay "Bürgerschaft und Marktwirtschaft" (S. 38-50) darlegt, einer politisch-juristischen Reglementierung des Marktgeschehens. Großbanken dürfen ganze Staaten nicht in fiskalische Geiselhaft nehmen.
Der französische Soziologe Dany Trom rekapituliert in der Literaturbeilage die seit gut zwei Jahrzehnten stattfindende Debatte zwischen der deutschen und der französischen Soziologie. Unter der Überschrift "Zwei Tropismen" (S. 51-70) thematisiert er die Krise der Gesellschaftskritik aus Frankfurter und Pariser Sicht.
Schließlich vermitteln die Soziologen Jens Becker und Jürgen Faik anhand allerjüngsten Datenmaterials in ihrer Studie "Konflikt und Ungleichheit" (S. 71-89) eine Vorstellung davon, wie die zunehmende Ungleichheit in der Einkommensverteilung und damit zusammenhängende soziale Konflikte in der Bundesrepublik wahrgenommen werden.