Wohl keine andere intellektuelle Gruppierung prägte das akademische und gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik derart nachhaltig wie die von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer geführte Frankfurter Schule. Doch während die Geschichte der Institution und ihrer wichtigsten Protagonisten vergleichsweise gut erforscht ist, harren viele der Spuren, die sie im Denken ihrer zahlreichen Schüler und im kulturellen Leben der Bundesrepublik hinterlassen haben, nach wie vor der Entdeckung. Höchste Zeit also, sich auf die Suche zu machen nach den »Metamorphosen der Kritischen Theorie«.
In seiner Einführung erinnert Jörg Später an die Zäsur, die der Tod Adornos für die Frankfurter Schule bedeutete, und stellt die illustre Schar der Schüler vor, die »Nach Adorno« nicht nur das Erbe verwalteten, sondern dem Geist der Kritischen Theorie in Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft neues Leben einhauchten. Um »Rolf Tiedemann und die Arbeit für Walter Benjamins Nachleben« geht es im Beitrag von Robert Pursche, der anhand der von den Beteiligten ebenso hartnäckig wie erbittert geführten Kontroversen um die Edition von Benjamins Gesammelten Schriften zeigt, wie es zugeht, wenn »Philologie als Barrikadenkampf« geführt wird. Was »Oskar Negt, Detlev Claussen, Dan Diner und das Denken nach Auschwitz« miteinander verbindet und welche Rolle dabei der intellektuelle »Knotenpunkt Offenbach« und das dort beheimatete Sozialistische Büro spielten, davon handelt der Aufsatz von Zarin Aschrafi und Jörg Später. »Alexander Kluge, Adorno und der Film« stehen im Mittelpunkt des Beitrags von Steffen Andrae und Jörg Später, die anhand ausgewählter Beispiele vorführen, mit welchen filmästhetischen Mitteln der Regisseur bundesdeutschen Wirklichkeiten und Befindlichkeiten zu Leibe rückte. Anschließend begibt sich Robert Zwarg auf die Fährte der »Fabelwesen«, als die Adorno und die anderen Frankfurter in der Welt der Bücher weiterleben, und schildert, wie »Die Kritische Theorie in der Literatur« von den 1970er-Jahren bis heute präsent ist. Komplettiert wird das Heft durch die Antworten zwölf wacher Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, darunter Jürgen Kaube, Stephan Lessenich und Julian Rebentisch, auf die Frage: »Wie aktuell ist die Kritische Theorie?«