"Unterschicht" ist kein wertneutraler Terminus, keine Kategorie, die bloß der nüchternen Beschreibung von Bevölkerungsgruppen dient, die eingeschränkt an der Gesellschaft teilhaben. "Unterschicht" ist vielmehr normativ aufgeladen, oft abwertend in Gebrauch und trägt zu ihrer Formierung bei.
Das Sprechen über Armut und Arbeitslosigkeit – den beiden Faktoren, die soziale Ausgrenzung am stärksten determinieren – folgt oft tradierten Mustern sozialer Debatten. Da wird mangelnder Aufstiegswillen diagnostiziert, von "anstrengungslosem Wohlstand" gesprochen und die Verantwortung für die Lebenslage vor allem individuellen Schwächen zugeschrieben. Seltener ist von struktureller Ungleichheit die Rede, von der Verfestigung der Armut, von abnehmender Aufstiegsmobilität.
Inhalt
Anne Seibring: Editorial
Klaus Dörre: Unterklassen. Plädoyer für die analytische Verwendung eines zwiespältigen Begriffs
Christoph Lorke: "Unten" im geteilten Deutschland: Diskursive Konstruktionen und symbolische Anordnungen in Bundesrepublik und DDR
Petra Böhnke: Wahrnehmung sozialer Ausgrenzung
Olaf Groh-Samberg, Florian R. Hertel: Ende der Aufstiegsgesellschaft?
Irene Dingeldey: Bilanz und Perspektiven des aktivierenden Wohlfahrtsstaates
Julian Bank, Till van Treeck: "Unten" betrifft alle: Ungleichheit als Gefahr für Demokratie, Teilhabe und Stabilität
Nicole Rippin: Verteilungsgerechtigkeit in der Armutsmessung