Mit traditionell nomadisch lebenden und wirtschaftenden Gruppen haben jene, die im Globalen Norden als postmoderne "Arbeitsnomaden" gelten, fast nichts gemeinsam. Verkürzt dargestellt, zählen letztere zu den Gewinnern, erstere zu den Verlierern einer globalisierten Welt und Wirtschaft. Die Privatisierung von Land entzieht vielen Nomaden althergebrachte Gewohnheitsrechte bei der Nutzung von Weideland; Klimawandel und Umweltzerstörungen engen den Lebens- und Wirtschaftsraum zusätzlich ein.
Öffentliche Verwaltungen und andere staatliche Autoritäten betrachten zudem die Nicht-Sesshaftigkeit permanent oder zyklisch umherziehender Gruppen seit der Frühen Neuzeit oft als rückständig und als Problem für deren bürokratische Erfassung. (Unkontrollierte) Mobilität stand und steht Vorstellungen effektiven Regierens häufig entgegen.
Inhalt
Anne Seibring: Editorial
Jörg Gertel: Nomaden – Aufbrüche und Umbrüche in Zeiten neoliberaler Globalisierung
Ulrike Jureit: Herrschaft im kolonialen Raum: Territorialität als Ordnungsprinzip
Robert Kindler: Sesshaftmachung als Unterwerfung – Die kasachischen Nomaden im Stalinismus
Ines Stolpe: Truly Nomadic? Die Mongolei im Wandel
Anna Lipphardt: Der Nomade als Theoriefigur, empirische Anrufung und Lifestyle-Emblem. Auf Spurensuche im Globalen Norden